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nancy gemeinschaft 1

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zur Frage der Gemeinschaft entworfen wurden, haben die wesentlichen<br />

Gegebenheiten nicht verändert, vielleicht sogar noch verschlimmert.<br />

Die Entstehung entkolonialisierter Gemeinwesen wie<br />

auch deren neu gewonnenes Bewußtsein haben diesen Zustand<br />

nicht tiefgreifend verändert; auch die vielen neuen Formen des Gemeinsam-Seins,<br />

die heute mittels der Medien wie auch durch die sogenannte<br />

«melting-pot-Gesellschaft» zunehmend auftauchen, haben<br />

ebensowenig dazu geführt, daß die Frage der Gemeinschaft wirklich<br />

neu aufgeworfen wurde.<br />

Wenn uns aber diese Welt, die sich trotz allem verändert hat, (und<br />

Bataille wie auch andere waren an dieser Veränderung nicht unbeteiligt)<br />

keine neue Figur der Gemeinschaft anbietet, so mag uns dies<br />

selbst etwas bedeuten. Wir begreifen vielleicht, daß es nicht mehr<br />

darum gehen kann, einem <strong>gemeinschaft</strong>lichen Wesen Gestalt oder<br />

Form zu geben, um es uns darzubieten und um es zu feiern; vielmehr<br />

geht es darum, die Gemeinschaft zu denken, das heißt jenseits von<br />

irgendwelchen kommunitären Entwürfen oder Modellen die drängende<br />

und vielleicht noch immer unerhörte Forderung nach Gemeinschaft<br />

zu denken.<br />

Daneben, ja darüberhinaus verweist uns diese Welt nicht einmal<br />

mehr auf die Begrenztheit des kommunistischen Humanismus, wie<br />

Bataille sie analysierte. Sie verweist uns auf einen «Totalitarismus»,<br />

dessen Existenz Bataille nur in etwa erahnt hatte, da sein Blick von<br />

den Umständen des kalten Krieges begrenzt war, und er noch immer<br />

an der dunklen, sich jedoch hartnäckig haltenden Idee hing, daß die<br />

Verheißung der Gemeinschaft sich trotz allem auf die Seite des<br />

Kommunismus geschlagen habe.<br />

/53/<br />

Wir aber, die wir uns nun sogar jenseits eines «Totalitarismus» befinden,<br />

der wohl die grauenvolle Verwirklichung dieser Verheißung war,<br />

kennen nur noch Imperialismen, die auf dem Hintergrund eines ganz<br />

anderen Imperiums, oder eines ganz anderen technisch-ökonomischen<br />

Imperativs zusammenspielen, und jene Sozial-formen, die<br />

dieser Imperativ ausbildet. Von Gemeinschaft ist nicht mehr die Rede.<br />

Nicht zuletzt auch des-halb, weil das technisch-ökonomische Ins-<br />

Werk-Setzen unserer Welt die Entwürfe eines <strong>gemeinschaft</strong>lichen<br />

Ins-Werk-Setzens abgelöst, ja sogar deren Erbschaft angetreten hat.<br />

Immer geht es wesentlich um Werk, Operation oder Operativität.<br />

In diesem Sinn ist die Forderung nach der Gemeinschaft für uns und<br />

von uns noch unerhört geblieben, bleibt sie für uns zu entdecken und<br />

zu denken. Zumindest wissen wir jetzt, daß bereits die Begriffe, mit<br />

denen uns das <strong>gemeinschaft</strong>liche Werk verheißen wurde, in sich<br />

selbst den unerhörten «Sinn» der «Gemeinschaft» 14 verfehlten, und<br />

14 In der bürgerlichen Welt dagegen, deren «Konfusion» (VII, 131,135) und<br />

deren «Ratlosigkeit» (ibid.) Bataille durchschaut hatte, meldet sich seit<br />

1968 die Sorge um die Gemeinschaft auf vielerlei Weisen immer wieder<br />

zu Wort. Meist jedoch zeigt sich darin eine recht große Einfalt, ja kindliche<br />

Naivität, und dieselbe Konfusion, die die Ideologien von Einswerdung<br />

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