nancy gemeinschaft 1
nancy gemeinschaft 1
nancy gemeinschaft 1
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Gleichwohl blieb Bataille selbst zwischen den beiden Polen von Ekstase<br />
und Gemeinschaft sozusagen in der Schwebe. Die wechselseitige<br />
Bedingtheit dieser beiden Pole besteht darin, daß sie sich —<br />
während sie einander jeweils Raum eröffnen, sich arealisieren —<br />
zugleich gegenseitig begrenzen — was eine andere «Arealisierung»<br />
entstehen läßt, nämlich eine Aufhebung der Immanenz, auf die sie<br />
doch ihre Verknüpfung gerade verpflichtet. Diese doppelte Arealisierung<br />
begründet den Widerstand gegen die Verschmelzung, gegen<br />
das Todeswerk; und dieser Widerstand ist die Tatsache des Gemeinsam-Seins<br />
an<br />
/48/<br />
sich: Ohne diesen Widerstand würde unser Gemeinsam-Sein nie<br />
lange währen, wir wären sehr schnell in einem einzigen und totalen<br />
Wesen «realisiert»_ — Solange Bataille die Ekstase in Begriffen wie<br />
Gruppe und Politik zu fassen versuchte, blieb dieser Pol für ihn jedoch<br />
mit dem faschistischen Orgiasmus, oder zumindest mit dem<br />
Fest, verbunden, das nach ihm, im Jahre 1969, eine zweideutige nostalgische<br />
Renaissance erfuhr.<br />
Der Pol der Gemeinschaft war für ihn aufs engste mit der Idee des<br />
Kommunismus verknüpft. Diese war trotz allem vom Gedanken der<br />
Gerechtigkeit und Gleichheit getragen, ohne die, wie auch immer<br />
man sie jeweils umsetzen mag, der Versuch, eine Gemeinschaft zu<br />
bilden, nur eine Farce sein kann. Zumindest in diesem Sinne blieb .<br />
der Kommunismus eine Forderung, über die man nicht hinausgehen<br />
konnte, oder wie Bataille schrieb: «Heutzutage steht die moralische<br />
Wirkung des Kommunismus im Vordergrund.» [VlI, 367]. Während er<br />
zwar die Negation der Souveränität durch den Kommunismus analysierte,<br />
betonte er doch auch immer wieder folgendes: «Es ist zweifellos<br />
wünschenswert, daß die Unter-schiede verschwinden; es ist wünschenswert,<br />
daß eine wirkliche Gleichheit, eine wirkliche Ununterscheidbarkeit<br />
entsteht,» fügte aber hinzu: «Wenn es jedoch möglich<br />
ist, daß die Menschen sich in Zukunft immer weniger für das, was sie<br />
von den anderen unterscheidet, interessieren werden, so heißt dies<br />
noch lange nicht, daß sie sich nicht mehr für das Souveräne interessieren.»<br />
[VIII, 323].<br />
Anders als in einer solchen Forderung vermochte er nun aber die<br />
Formen der Souveränität — bzw. die Ekstase — mit der egalitären<br />
Gemeinschaft oder sogar der Gemeinschaft überhaupt nicht zu verknüpfen.<br />
Diese Formen — insbesondere die Souveränität der Liebenden<br />
und die des<br />
/49/<br />
Künstlers, die beide, jede für sich und eine in der anderen, dem faschistischen<br />
Orgiasmus ebenso wie dem kommunistischen Gleich-<br />
Raumverteilung zum Beispiel — neu gestellt werden.<br />
27