nancy gemeinschaft 1
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Für Bataille war die Gemeinschaft vor allem und letztendlich die Gemeinschaft<br />
der Liebenden 29 . Die Freude ist die Freude der Liebenden.<br />
Dieses Ergebnis ist, wenn es überhaupt eines ist, zweischneidig.<br />
Wie schon gesagt, stellen die Liebenden von Bataille in mancherlei<br />
Hinsicht, sobald sie der Gesellschaft gegenüberstehen, die Figur eines<br />
Einssein oder eines Subjektes. dar, das, auch wenn es kein Sadesches<br />
Subjekt ist, schließlich allein in seiner Ekstase versinkt. Die<br />
Verehrung der Liebenden oder das, was man die Leidenschaft Batailles<br />
für die Liebenden nennen könnte, offenbart so gerade, wie unerreichbar<br />
sowohl ihre eigene Gemeinschaft wie auch jene andere<br />
Gemeinschaft ist, an der nicht ein Paar sondern alle Paare teilhätten,<br />
und die die ganze Liebe einer Gesell-<br />
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schalt mit-teilen würde. In der einen wie der anderen Gestalt repräsentieren<br />
die Liebenden bei Bataille nicht nur sich selbst und ihre<br />
Freude, sondern darüberhinaus die vergebliche Hoffnung auf «die»<br />
Gemeinschaft und das Verzweifeln am Politischen 30 . Im Extremfall<br />
würden diese Liebenden dem Gegensatz von «privat» und «öffentlich»<br />
in die Falle gehen. — Zwar ist dieser Gegensatz im Grunde<br />
Bataille ganz fremd, er kehrt jedoch vielleicht insofern hinterrücks<br />
immer wieder in sein Denken zurück, als die Liebe letztlich die gesamte<br />
Wahrheit über die Gemeinschaft darzubieten scheint, sie diese<br />
Wahrheit aber gleichzeitig jedem anderen Beziehungsgeflecht, sei es<br />
kollektiver oder gesellschaftlicher Natur, entgegensetzt — es sei<br />
denn die Liebe wäre, was auf dasselbe hinausläuft, eigentlich sich<br />
selbst entgegengesetzt, da ihr die eigene Einswerdung unerreichbar<br />
bleibt (und zwar aufgrund einer tragischen Dialektik der Figur der<br />
Liebe, die auf dem Hintergrund der Immanenz gedacht wird, wodurch<br />
deutlich wird, wie nah sie doch dem Denken des Politischen steht,<br />
das sich vor demselben Hintergrund vollzieht). So scheint die Liebe<br />
29 Ich übergehe hier die Gemeinschaft des Künstlers, oder genauer gesagt,<br />
des «souveränen Künstlers». Gerade die Gemeinschaft der Liebenden<br />
stellt Bataille ganz explizit und besonders beharrlich der Gesellschaft und<br />
dem Staat gegenüber. Aber die in ihr repräsentierte Kommunikation bzw.<br />
Übertragung ist im Grunde die der Gemeinschaft im souveränen Aufgeben<br />
der Kunst und sogar der «souveränen Kunst» — fern jeglichen Ästhetizismus,<br />
ja sogar jeglicher Ästhetik. Davon wird später noch unter<br />
dem Begriff «Literatur» die Rede sein.<br />
30 Da es Freud unmöglich erschien, die Sozialität einzig auf die erotische<br />
oder libidinöse Beziehung, selbst in ihrer sublimierten Form, zurückzuführen,<br />
führte er jene andere «affektive» Beziehung ein, die er «die Identifizierung»<br />
nannte. Die Frage der Gemeinschaft impliziert alle Probleme<br />
der Identifikation. Vgl. Ph. Lacoue-Labarthe und J.-L. Nancy, «La panique<br />
politique» i n Confrontations, Nr. 2, 1979, wie auch «Le peuple juif ne<br />
reve pas» in La Psychoanalyse est-elle une histoire juive? Paris, Seuil ,<br />
1981.<br />
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