nancy gemeinschaft 1
nancy gemeinschaft 1
nancy gemeinschaft 1
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
des Selbst durch das Selbst verkehrt wird. (Es ist allerdings nicht sicher,<br />
ob nicht in einer anderen Perspektive oder Lesart die Liebe und<br />
die Lust bei Bataille vor allem die der Frau – und damit der Frau im<br />
Manne sind. Um darüber zu sprechen, müßte man Batailles Schreiben<br />
17 untersuchen, was ich hier nicht tun kann, da ich im Augenblick<br />
nur seine «Themata» betrachte.) Die Gemeinschaft müßte dann einem<br />
analogen Modell und somit – wenn man ein kleines bißchen<br />
vereinfacht – entweder einem faschistischen oder einem kommunistischen<br />
Modell gehorchen. Bataille hat dies wohl geahnt, und diese<br />
Ahnung veranlaßte ihn in seinem Innersten, ganz im Stillen und sogar<br />
ihm selbst unbewußt den Versuch, die Gemeinschaft im eigentlichen<br />
Sinne zu denken, aufzugeben.<br />
Er gab es also auf, die Mit-Teilung der Gemeinschaft und die Souveränität<br />
in der Mit-Teilung oder die mit-<br />
/57/<br />
geteilte Souveränität und zwar die zwischen den Daseinen mit- und<br />
auf-geteilte Souveränität zu denken, wobei die Daseine singuläre<br />
Existenzen sind und keine Subjekte, und ihre Beziehung – die Mit-<br />
Teilung selbst – weder eine Einswerdung noch eine Aneignung von<br />
Objekten ist, auch keine Anerkennung des Selbst, ja nicht ein-mal<br />
eine Kommunikation unter Subjekten, wie sie gemeinhin verstanden<br />
wird. Diese singulären Seienden werden jedoch selbst durch die Mit-<br />
Teilung konstituiert; sie werden durch die Mit-Teilung, die sie zu anderen<br />
macht, verteilt und im Raum plaziert oder besser gesagt im<br />
Raum verstreut: Sie werden so füreinander jeweils andere und sind<br />
andere, unendlich andere für das Subjekt ihrer Verschmelzung, das<br />
in der Mit-Teilung, in der Ekstase der Mit-Teilung, verschwindet, und<br />
«mitteilt», daß es nicht «vereint». Diese «Orte der Kommunikation»<br />
sind keine Orte der Verschmelzung mehr, auch wenn man dort von<br />
einem zum anderen übergeht; sie werden gerade durch ihr Auseinander<br />
bestimmt und exponiert. So wäre das Kommunizieren der<br />
Mit-Teilung diese dislocatio selbst.<br />
*<br />
* *<br />
Dialektisch könnte ich hier scheinbar behaupten, Bataille habe nichts<br />
anderes gedacht, als gerade das, was er zu denken aufgegeben hatte.<br />
Dies hieße letztlich, daß er es an der Grenze – an seiner Grenze,<br />
an der Grenze seines Denkens – und nur da denkt man überhaupt –<br />
gedacht hat. Und gerade das, was er an seiner Grenze gedacht haben<br />
mag, gibt er nun uns zu denken auf.<br />
17 Vgl. die dazu Überlegungen von Bernard Sichère: in «L'écriture souveraine<br />
de Georges Bataille», Tel Quel, Nr. 93.<br />
33