nancy gemeinschaft 1
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heitsprinzip entgehen — mußten ihm wenn nicht als eigentlich «private»<br />
(was könnte dies überhaupt heißen?), so doch zumindest als isolierte<br />
Ekstasen erscheinen, die keinen Zugriff — jedenfalls keinen<br />
nachweisbaren, nennbaren Einfluß — auf die Gemeinschaft haben, in<br />
die sie doch eigentlich verwoben, arealisiert oder eingeschrieben sein<br />
sollten, wollten sie nicht letztlich ihren souveränen Wert selbst verlieren.<br />
Die Gemeinschaft verweigert sich also der Ekstase, die Ekstase zieht<br />
sich aus der Gemeinschaft zurück, und beide tun dies mit eben der<br />
Geste, mit der sie auch ihre je eigene Kommunikation ins Spiel bringen:<br />
diese entscheidende Schwierigkeit erklärt vermutlich, warum<br />
Bataille La Souveraineté nicht abgeschlossen und die Théorie de la<br />
Religion nicht publiziert hat. In beiden Fällen scheiterte das Unternehmen<br />
schließlich noch im Vorfeld der ekstatischen Gemeinschaft,<br />
die zu denken es sich doch zur Aufgabe gesetzt hatte. Zwar bestand,<br />
analog zur Ablehnung des Projekts, mit der jede Philosophie der Gemeinschaft<br />
unweigerlich verknüpft zu sein scheint, ein wesentlicher<br />
Anspruch der Arbeit Batailles darin, nicht zu Ende zu kommen, jedoch<br />
wußte er auch, daß es kein reines Nicht-Projekt geben kann<br />
(«Man kann nicht mit Bestimmtheit sagen: Dies ist ein Spiel, dies ist<br />
ein Projekt, sondern nur: bei einer gegebenen Tätigkeit dominiert das<br />
Spiel oder das Projekt.» [VII,220]). Und was in La Souveraineté entworfen<br />
wurde, war, auch wenn hier das Spiel zu dominieren suchte,<br />
nun mal ein Projekt, das nicht zur Ausformulierung gelangte. Der Anteil<br />
des Spiels seinerseits schied sich unaufhaltbar vom Projekt und<br />
selbst vom Denken der Gemeinschaft. Obwohl Batailles Sorge einzig<br />
der Gemeinschaft galt, was seiner eigenen Erfahrung entsprach (jener<br />
letzten Erfahrung der<br />
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Moderne, die ihre Grenze bildet, und die man folgendermaßen zusammenfassen<br />
könnte: Außerhalb der Gemeinschaft gibt es keine<br />
Erfahrung), so vermochte er schließlich dem «unermeßlichen Scheitern»<br />
der militärischen, religiösen und politischen Geschichte nur eine<br />
subjektive Souveränität der Liebenden und des Künstlers entgegenzusetzen<br />
— das heißt eben: nur die besonderen «heterogenen» Zustände<br />
von Verzückung, die der «homogenen» Ordnung der Gesellschaft<br />
lediglich abgezwungen werden und nicht mit ihr kommunizieren.<br />
Parallel dazu gelangte Bataille schließlich, ohne dies zu beabsichtigen<br />
oder zu thematisieren, zu einem gleichsam reinen Gegensatz<br />
von «wünschenswerter» Gleichheit und gebieterischer, eigenwilliger<br />
Freiheit, wie sie die Souveränität ist, mit der sie in der Tat auch<br />
zusammenfällt 13 . Von einer die wünschenswerte Gleichheit begehrenden<br />
Freiheit etwa konnte nun wirklich nicht die Rede sein. Es<br />
ging also nicht um eine Gemeinschaft, die in sich selbst und von sich<br />
13 Dieser Gegensatz erinnert auch an die von Hannah Arendt getroffene<br />
Unterscheidung von Revolutionen der Freiheit und Revolutionen der<br />
Gleichheit. Von einem bestimmten Punkt an ist auch bei Arendt diese<br />
Opposition nur begrenzt fruchtbar und deckt sich nicht vollständig mit anderen<br />
Momenten ihres Denkens.<br />
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