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Werktags - ORF

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die Schulter und geleitete mich zur Schiebetüre. „Es wird gleich besser. Ein Crewmitglied wird<br />

Sie in Kürze hier abholen. Ich muss hier weitermachen, bitte warten Sie so lange vor der Türe.<br />

Ich kann Sie doch alleine lassen? Das Ganze braucht Ihnen nicht peinlich zu sein“, redete er leise<br />

auf mich ein und drückte einen Knopf. Die Türe öffnete sich.<br />

„Mir war nur etwas schlecht. Es geht schon wieder besser“, flüsterte ich, nickte ihm zu und war<br />

erleichtert, endlich aus dieser verrückten Kammer verschwinden zu können und endlich nicht<br />

mehr den bohrenden Blicken im Rücken ausgeliefert zu sein. Bevor ich durch die Türe trat, drehte<br />

ich mich kurz um und sagte „Sorry.“ Das letzte, was ich sah, bevor die Türe sich schloss, war<br />

der verwunderte Blick der dicken Frau, die mir mit weit geöffnetem Mund nachsah; fast unmerklich<br />

hatte ihr Vogelnicken wieder begonnen.<br />

Der Gang war hell erleuchtet und jetzt, da keine Borg mehr herumliefen und die Lautsprecher<br />

schwiegen, gar nicht mehr effektvoll. Die Verschalung der Wand sah billig aus. Ich griff sie an;<br />

es fühlte sich an wie aus Plastik. Aus dem Raum hinter mir kamen wieder dröhnende und<br />

polternde Geräusche; ich fragte mich, ob sie das Programm nur unterbrochen hatten oder gleich<br />

wieder von vorne starteten. Dann hörte ich nahende, sehr laute Schritte; ich erschrak, als eine<br />

hünenhafte Klingonin um die Ecke kam. „Nancy, Ich hab sie“, polterte sie mit dunkler Stimme<br />

in ihr Headset. „Ich bring sie jetzt rauf.“ Der deutsche Akzent fiel mir sofort auf; er lauerte hinter<br />

jedem Wort und demaskierte ihre bemüht amerikanische Aussprache. Sie blieb vor mir stehen<br />

und sah mich von oben streng und lehrerhaft an. Ich war schon sehr, sehr lange nicht mehr so<br />

angesehen worden. Das letzte Mal vielleicht von einem Polizisten? Ich wusste es nicht mehr.<br />

„Hallo“, versuchte ich es auf Deutsch.<br />

„Na, da haben wir ja unser deutsches Sorgenkind“, sagte die Klingonin verächtlich. Sie war ca.<br />

1,90 groß, ihr Gesicht schwer erkennbar mit all den aufgeklebten Wülsten, die sich horizontal<br />

der hohen Stirn entlanglaufend zu einem fleischigen Gebirgskamm aufwölbten. Die mächtigen<br />

Augenbrauen wuchsen aus der Nasenwurzel schräg nach oben zu den Schläfen, ein dichtes,<br />

wirres Gesichtsfell, das die Frau unendlich wütend aussehen ließ. Die wilde verfilzte, braune<br />

Haarpracht ließ sie um noch 10 cm größer aussehen. Sie jagte mir Furcht ein. „Österreicherin“,<br />

protestierte ich kleinlaut.<br />

„Na, dann wollen wir den kranken Piloten mal zur Station hinauf bringen“, sagte sie höhnisch<br />

und wandte sich zum Gehen. Ich fragte mich, ob sie nun jeden Satz mit „na“ beginnen würde<br />

und ging neben ihr her, sie verstohlen beobachtend. Sie trug eine Art bodenlanges tief dekolletiertes<br />

Mantelkleid mit breiten Metallplatten wie überdimensionale Schulterpolster. Eine obszöne, lange<br />

Brustfalte ließ einen eng zusammengeschnürten Riesenbusen vermuten. „Willste mal greifen?<br />

Die sind nicht echt“, unterbrach die Klingonin mein Starren. Sie grinste mich an, eine gelbe<br />

hervorstehende barbarische Zahnreihe entblößend. „Die sind auch nicht echt“, fügte sie hinzu<br />

und klopfte mit dem Zeigefinger darauf. „Angeklebt wie ein verdammtes falsches Gebiss.“<br />

„Es ist mir so peinlich“, brach es aus mir hervor. „Das sollte es auch!“, antwortete sie, laut<br />

auflachend. Ich begann mich zu ärgern und blieb stehen. „Hätte ich alles voll kotzen sollen? Wäre<br />

das mutiger gewesen?“ Sie legte mir ihre behandschuhte Pranke auf die Schulter und lachte<br />

wieder laut und polternd, den Kopf wild zurückwerfend. Offensichtlich hatte sie ihre Rolle zu gut<br />

eintrainiert. „Neee, so war‘s nicht gemeint. Friedensangebot. Ich lad‘ dich auf eine Cola ein. Mein<br />

Dienst hört jetzt sowieso auf. Abgemacht?“, sie blinzelte mir zu. „Wir werden sehen“, murmelte<br />

ich. „Wie heißt du überhaupt?“ „Ich bin Lursa, die ältere der beiden Duras-Schwestern vom<br />

Planeten Kronos …“, hob sie an. Ich winkte ab. „Bitte nicht den ganzen Scheiß mit Klingonen,<br />

Romulanern und so. Ich bin krank, schon vergessen?“ Sie lächelte zum ersten Mal menschlich<br />

und trotz oder gerade wegen dem ganzen animalischen Aufzug fand ich sie sympathisch, und<br />

überraschenderweise auch sehr erotisch. In ihrer Gegenwart fühlte ich mich nicht wie eine Idiotin,<br />

die ein ganzes Unterhaltungsprogramm unterbrochen hatte, nur wegen eines ungenügend<br />

Vegas, Baby<br />

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