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antisemitismus in vorarlberg - Johann-August-Malin-Gesellschaft

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Das "Volksblatt" brüstete sich auch damit, ke<strong>in</strong>e Inserate von<br />

Firmen anzunehmen, "die im jüdischen Besitz s<strong>in</strong>d" (61).<br />

In e<strong>in</strong>er Zeit, <strong>in</strong> der vom Landtag e<strong>in</strong> eigener "Sonntags­<br />

Entheiligungsausschuß" e<strong>in</strong>gesetzt wurde, kam der alte Vorwurf<br />

wieder auf, gerade die Juden entheiligten den Sonntag:<br />

"Die Hohenemser sollen diese Packjuden nur oben behalten,<br />

wir wollen Sonntag feiern."<br />

Oder:<br />

"Juden am Sonntag wenigstens nichts abkaufen wäre erlaubter<br />

Antisemitismus" (62).<br />

Diese Boykottaufrufe richteten sich jedoch nicht nur gegen<br />

anonyme "Bündljuden" (63), sondern durchaus auch gegen jüdische<br />

Geschäftsleute, die sich <strong>in</strong> Vorarlberg niederließen. So f<strong>in</strong>den<br />

sich im "Volksblatt" Stellen, die sich gegen <strong>in</strong> Bregenz eröffnete<br />

Kleidergeschäfte richten, dabei vor allem gegen e<strong>in</strong>es, welches<br />

"das ganze Land mit Reclame und Postware überflutet" (64). Es<br />

kann vermutet werden, daß sich das gegen den Kaufmann<br />

Benjam<strong>in</strong> Bernheim richtete, der <strong>in</strong> Bregenz mit modemen<br />

Methoden der Werbung e<strong>in</strong> angesehenes Geschäftshaus<br />

begründete (65).<br />

Gerade am Ende des 19. Jahrhunderts, als die Christlichsozialen<br />

immer mehr staatliche Macht übernahmen und sich<br />

zunehmend mit Industrie und Kapitalismus arrangierten, geriet<br />

der "jüdische Kapitalist" vermehrt <strong>in</strong>s Kreuzfeuer ihrer Presse.<br />

Denn so konnten sie sich weiterh<strong>in</strong> antikapitalistisch gerieren<br />

und ihre Anhänger darüber h<strong>in</strong>wegtäuschen, daß sie sich mit<br />

dem Industriekapitalismus bereits abgefunden hatten.<br />

Nun wurde gerade die Firma RosenthaI wegen angeblich<br />

besonders niederer Löhne und der K<strong>in</strong>derarbeit angegriffen:<br />

"E<strong>in</strong>e brave Frau sagte unlängst, sie wolle lieber mit ihren<br />

K<strong>in</strong>dern Hunger leiden, als dieselben <strong>in</strong> den Schwefel <strong>in</strong> die<br />

Fabrik schicken, wo sie <strong>in</strong> großer Gefahr wären, an Leib und<br />

Seele zu Grunde zu gehen" (66).<br />

Als gegen Arbeiter<strong>in</strong>nen der Firma RosenthaI wegen Diebstahls<br />

von Tuch ermittelt wurde, suchte der Berichterstatter im ''V olksblatt"<br />

zu suggerieren, daran trügen die jüdischen Besitzer Schuld<br />

(67). Die Familie RosenthaI wurde auch wegen ihres großbürger-<br />

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