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antisemitismus in vorarlberg - Johann-August-Malin-Gesellschaft

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1946 kamen <strong>in</strong> Dornbirn Gerüchte auf, die von zwei angeblichen<br />

"Ritualmorden" wissen wollten. Die "Vorarlberger Tageszeitung",<br />

<strong>in</strong> der Nachkriegszeit von der Kommunistischen Partei<br />

Österreichs herausgegeben, g<strong>in</strong>g darauf e<strong>in</strong> und stellte klar, daß<br />

e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d aus Dornbirn tödlich verunglückt sei, das zweite aus<br />

dem Bregenzerwald jedoch wohlbehalten aufgefunden werden<br />

konnte:<br />

"Die beiden 'K<strong>in</strong>desentführungen' s<strong>in</strong>d also e<strong>in</strong>wandfrei<br />

geklärt. Ungeklärt dagegen ist, wie vernünftige Menschen e<strong>in</strong><br />

nach nationalsozialistischem Ideengut st<strong>in</strong>kendes Gerücht<br />

weitertragen können. Erzählt man doch <strong>in</strong> Dornbirn, daß<br />

diese zwei Christenk<strong>in</strong>der von Juden ermordet wurden, weil<br />

die. Juden für ihr kommendes Osterfest das Blut junger<br />

Christenmenschen für Ritualzwecke brauchten. Erstens s<strong>in</strong>d<br />

... die K<strong>in</strong>der nicht ermordet worden ... , zweitens gibt es<br />

jüdische Ritualmorde nur im umnebelten Gehirn e<strong>in</strong>es Antisemiten<br />

vom Schlag e<strong>in</strong>es "Stürmer" -Schreibers. Wenn wir<br />

uns er<strong>in</strong>nern wollen, daß gerade Dornbirn die Hochburg des<br />

Nazismus <strong>in</strong> Vorarlberg war, so brauchen wir nicht lange<br />

nach den Urhebern dieses rassenpolitischen Phrasengewäsches<br />

zu suchen. Diese nazis tischen Gerüchtemacher vergessen<br />

wohl, daß, wenn jemand K<strong>in</strong>der mordete, sie es waren ...<br />

Vergessen diese Herrschaften, daß sie es waren, die Mutter<br />

und K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> die Konzentrationslager schleppten, vergasten<br />

und ermordeten?" (234)<br />

Antisemitismus wurde damals als re<strong>in</strong> nationalsozialistisches<br />

Phänomen wahrgenommen, die breite volkskulturelle Strömung<br />

aus den Jahrhunderten zuvor blieb verdeckt und damit im Untergrund<br />

wirksam. Auch dürften vor dem H<strong>in</strong>tergrund e<strong>in</strong>er alten<br />

antisemitischen Unkultur die volkserzieherischen Maßnahmen<br />

der nationalsozialistischen Ära durchaus geeignet gewesen se<strong>in</strong>,<br />

latent vorhandene Vorurteile gewaltig zu verstärken, sodaß bis <strong>in</strong><br />

unsere Tage h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> diese Vorurteile unter der Oberfläche weiterwirken.<br />

Bei entsprechenden Anlässen - wie etwa zuletzt im<br />

Gefolge des Bundespräsidenten-Wahlkampfes - treten sie wieder<br />

an die Oberfläche. Nicht nur erhalten sie <strong>in</strong> den Leserbriefspalten<br />

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