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antisemitismus in vorarlberg - Johann-August-Malin-Gesellschaft

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1.4. Antisemitismus als Feldzeichen im Kampf um die gesellschaftliche<br />

Vormacht<br />

Christlichsoziale Politiker und Redakteure sowie oft genug politisch<br />

engagierte katholische Priester nutzten den Antisemitismus<br />

als Zeichensystem, das ihnen geeignet schien, <strong>in</strong> breiten Bevölkerungsschichten<br />

latent vorhandene Vorurteile und Ängste zu<br />

wecken. Diese Vorurteile und Ängste wurden wohl <strong>in</strong> den<br />

Familien sowie im gesamten religiös-kulturellen Milieu überliefert<br />

und <strong>in</strong> jeder Generation wieder verstärkt, <strong>in</strong> der weltliche<br />

oder geistliche Me<strong>in</strong>ungsführer sie erneut artikulierten (71). Der<br />

Antisemitismus diente als Weltanschauung zu e<strong>in</strong>erSche<strong>in</strong>analyse<br />

der Wirklichkeit. Alles war erklärt, wenn das magische Wort<br />

gesprochen ward: Der Jud ist schuld (72). Der radikale Flügel der<br />

Konservativen g<strong>in</strong>g gar nicht davon aus, daß komplexe gesellschaftliche<br />

oder ökonomische Zusammenhänge auch rational<br />

analysiert und vermittelt werden könnten, sondern ihnen genügte,<br />

das der Welt immanente Böse zu benennen: Der Jud.<br />

So nimmt es gar nicht wunder, daß der Antisemitismus auch<br />

zum Feldzeichen im erbitterten Kampf um die politische, ökonomische<br />

und kulturelle Vorherrschaft wurde, zum Feldzeichen<br />

der Fußtruppen des politischen Katholizismus <strong>in</strong> ihrem Kampf<br />

gegen die geistige Welt der Aufklärung, gegen Toleranz und die<br />

Freiheit des selbstbestimmten, mündigen Individuums sowie im<br />

Kampf gegen die Ideen der französischen Revolution (73). Unter<br />

diesem Zeichen konnten sowohl die kapitalistische Wirtschaftsordnung<br />

als auch die Ansätze zu liberaler Staats- und <strong>Gesellschaft</strong>sordnung<br />

bekämpft werden. Es diente e<strong>in</strong>erseits dazu,<br />

heterogene gesellschaftliche Gruppen zum Kampfe zu vere<strong>in</strong>en,<br />

also nach <strong>in</strong>nen <strong>in</strong>tegrierend zu wirken, und andererseits den<br />

jeweiligen politischen Gegner zu diffamieren. Dabei hatte es den<br />

Vorteil, losgelöst von aller Realität <strong>in</strong> der Welt der schieren<br />

Projektion zu verbleiben -denn damit war es jeglichem rationalen<br />

Diskurs entzogen.<br />

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