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Zürcher Mittelschulen feiern - Bildungsdirektion - Kanton Zürich

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Fokus<br />

Schwierige Gratwanderung zwischen<br />

Motivation und Druck<br />

Jugendliche haben oft anderes zu tun, als Hausaufgaben zu<br />

erledigen. Für die Lehrpersonen der Sekundarstufe II sind<br />

das Erteilen und die Kontrolle der Hausaufgaben darum oft<br />

ein schwieriger Balanceakt: Ohne Druck geht es nicht, zu viel<br />

Druck fördert aber höchstens das Abschreiben. Trotzdem erachten<br />

sie mehrheitlich Hausaufgaben als notwendig.<br />

Text: Jacqueline Olivier<br />

Maximal eine halbe Stunde Hausaufgaben pro Woche gibt Ueli<br />

Marti seinen Schülerinnen und Schülern auf.Und dies auch<br />

nur, wenn keine Prüfung bevorsteht. In der technischen Abteilung<br />

des Bildungszentrums <strong>Zürich</strong>see (BBZ), wo Ueli Marti<br />

Physik, Chemie, Mathematik sowie berufsspezifische Fächer<br />

wie Elektrotechnik oder Fachzeichnen unterrichtet, drücken<br />

vor allem ehemalige Sek-B- und -C-Schüler die Schulbank.<br />

Der Fachlehrer erteilt seine Hausaufgaben bewusst so, dass<br />

die Schüler sie selbstständig lösen können. Meist handelt es<br />

sich um Repetitionsaufgaben oder darum, Begonnenes zu Ende<br />

zu bringen. In der darauffolgenden Lektion werden die<br />

Aufgaben dann gemeinsam besprochen. Eine systematische<br />

Kontrolle nimmt der Berufskundelehrer hingegen selten vor.<br />

«Dafür ist die Zeit einfach zu wertvoll, zudem würde dadurch<br />

die Gefahr erhöht, dass sich die Jugendlichen vor der Stunde<br />

noch rasch gegenseitig die Resultate abschreiben.» Etwa ein<br />

Viertel der Schüler erledige die Hausaufgaben jeweils unsorgfältig,<br />

unvollständig oder gar nicht. «Meistens die, die es am<br />

nötigsten hätten.» Allerdings bringt Ueli Marti sehr viel Verständnis<br />

für seine Schülerinnen und Schüler auf: «Ein Elektromonteur-Lehrling<br />

arbeitet täglich bis zu neun Stunden.<br />

Wenn er danach noch Aufgaben erledigen soll, sind Motivation<br />

und Aufnahmefähigkeit minim, Hausaufgaben verkommen<br />

so zur ineffizienten Pflichtübung.» Überhaupt findet er, guter<br />

Unterricht sollte ohne Hausaufgaben auskommen. «Schüler<br />

aus einem guten sozialen Umfeld haben die Stütze und Kontrolle<br />

von zuHause, die andern haben das nicht. Die Schere<br />

öffnet sich so immer mehr.» Erschwerend kämen oft die<br />

räumlichen Verhältnisse hinzu: «Wenn ich beim Thema Lerntechnik<br />

die Schüler nach ihrem Arbeitsplatz daheim frage,<br />

sieht es bei den meisten düster aus.» Ueli Marti möchte die<br />

Lernenden dahingehend erziehen, selbst zu erkennen, wo sie<br />

Defizite aufweisen und Lücken schliessen müssen. «Denn<br />

wenn sie aus der Lehre kommen, sagt ihnen das auch niemand<br />

mehr.»<br />

«Hausaufgaben liegen den Menschen nicht»<br />

Für Erich Stark, Lehrer für Allgemeinbildung (ABU) an der<br />

Informatikabteilung des BBZ, ist der Sinn der Hausaufgaben<br />

klar: «Repetieren, um den Stoff zu vertiefen, Förderung der<br />

Selbstständigkeit und Vorbereitung für die Selbstständige Ver-<br />

tiefungsarbeit.» Trotzdem ist er mit dem Erteilen von Hausaufgaben<br />

eher zurückhaltend, hätten seine Schüler –Elektromonteure<br />

und Recyclisten –doch schon in der Berufskunde<br />

recht viel zu tun. «In der Allgemeinbildung ist der Stoffdruck<br />

sicher weniger gross, bei mir müssen die Schüler vielleicht<br />

mal etwas fertig stellen oder etwas nachlesen.» Vorallem das<br />

Buch, das Erich Stark mit jeder Klasse durcharbeitet, müssen<br />

die Lernenden daheim selber lesen, über die Lektüre fragt sie<br />

der Lehrer anschliessend in einem Test ab.«Mit den Hausaufgaben<br />

läuft es meist schon ein wenig harzig», meint er,«gewisse<br />

Kontrollmechanismen sind unerlässlich.» Wenn er beispielsweise<br />

zu Zeiten von politischen Wahlen oder Abstimmungen<br />

den Schülern den Auftrag erteilt, die Resultate zu<br />

sammeln und mitzubringen, sei der Erfüllungsgrad nicht gerade<br />

brillant. Dem ABU hafte eben der Hauch von Luxus an,<br />

die Schüler nähmen die Allgemeinbildung nicht gleich ernst<br />

wie die Berufskunde.<br />

«Der Umgang mit den Hausaufgaben ist im Grunde überall<br />

der gleiche», stellt Cinzia Vezzoni Kamenar fest. Die Berufsschul-<br />

und Mittelschullehrerin für Französisch und Italienisch,<br />

die auch Erwachsene unterrichtet, weiss: «Selbst<br />

dort, wo Erwachsene freiwillig Kurse besuchen, werden<br />

Hausaufgaben nicht oder nur halbbatzig gemacht. Offenbar<br />

liegen sie den Menschen einfach nicht.» Dennoch ist sie<br />

überzeugt, dass es Hausaufgaben gerade im Sprachunterricht<br />

braucht: «Im Unterricht lernen die Schüler die Theorie, üben<br />

und vertiefen muss man das Gelernte zu Hause, imeigenen<br />

Rhythmus.» Oft gibt sie den Schülern zusätzliche freiwillige<br />

Übungen mitsamt den Lösungen ab und überlässt es ihnen,<br />

wie sie damit umgehen. Wobei sie zwischen ihren Schülerinnen<br />

und Schülern an der Berufsmittelschule am BBZ und jenen<br />

an der <strong>Kanton</strong>sschule Glattal in Dübendorf unterscheidet:<br />

«An der Berufsschule sehe ich die Schüler einmal in der<br />

Woche, damuss ich strikter sein. Denn ich habe nur einmal<br />

pro Woche die Gelegenheit, ihnen Hausaufgaben zu geben<br />

und diese zu kontrollieren. Wenn die Jugendlichen die Hausaufgaben<br />

nicht erledigen, fehlt ihnen sehr viel Übung.»<br />

Sanktionen zeigen wenig Wirkung<br />

«Hausaufgaben? Ein leidiges Thema!», seufzt Christian Steiger,<br />

Mathematiklehrer am Langzeitgymnasium der <strong>Kanton</strong>sschule<br />

Freudenberg. Aber ein unumgängliches: «Der Stoffdruck<br />

ist enorm hoch; es geht gar nicht, ohne dass die Schüler<br />

gewisse Arbeiten daheim erledigen.» Doch wie man das handhabt,<br />

sei eine ewige Gratwanderung. «Ich achte darauf, nicht<br />

zu viele und nicht zu schwierige Aufgaben zu geben, weil<br />

sonst die Kontrolle zu viel Unterrichtszeit kostet.» Die Lösungen<br />

stelle er oft ins Internet, damit die Schüler ihre Arbeit<br />

selbst korrigieren könnten. Im Unterricht würden dann nur<br />

noch jene Teile der Hausaufgaben besprochen, zu denen die<br />

18 Schulblatt des <strong>Kanton</strong>s <strong>Zürich</strong> 5/2008

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