Zürcher Mittelschulen feiern - Bildungsdirektion - Kanton Zürich
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Fokus Volksschule Mittelschule Berufsbildung Weiterbildung Agenda Amtliches Stellen Podium Porträt<br />
Fokus<br />
Schüler konkrete Fragen hätten. Gelegentlich sammle er die<br />
Resultate der Schüler auch ein, doch sei es für ihn sehr<br />
schwierig auszumachen, wer die Aufgaben wirklich selbstständig<br />
gelöst habe. Umso mehr, als er die Schüler oft dazu<br />
motiviere,gemeinsam zu lernen. Und Sanktionen zeigten wenig<br />
Wirkung.Zurzeit unterrichtet Christian Steiger eine fünfte<br />
Klasse,inder es um die Hausaufgabenmoral sehr schlecht bestellt<br />
sei. «Diese Schüler sagen mir unverfroren ins Gesicht,<br />
dass sie einfach abschreiben würden, wenn ich Strafen in Betracht<br />
zöge.» In dieser Klasse hat es sich der Mathematiklehrer<br />
zur Gewohnheit gemacht, die Hausaufgaben einzuziehen<br />
und genau diesen Stoff in der nächsten Prüfung abzufragen.<br />
«So finden nicht erledigte Hausaufgaben Niederschlag in den<br />
Noten, das ist immer noch am wirkungsvollsten.»<br />
Im Gegensatz zu ihrem Teamkollegen findet die Deutschund<br />
Englischlehrerin GabySulzberger die Hausaufgaben kein<br />
besonders schwieriges Kapitel. «Wenn man Hausaufgaben in<br />
kleinen Portionen aufgibt, klappt das recht gut.» Vonder einen<br />
auf die nächste Stunde müssen ihre Schülerinnen und Schüler<br />
nicht mehr als 15 bis 20 Minuten aufwenden. Daneben haben<br />
sie längerfristige Aufträge auszuführen, etwa grössere<br />
Texte oder Buchpassagen zu lesen und auf bestimmte Fragestellungen<br />
hin zu untersuchen. «Dies ist als Vorbereitung auf<br />
die Stunde notwendig, oft kommt dabei aber nicht das heraus,<br />
was man gerne hätte. Die Jugendlichen sind schon mehrheitlich<br />
an Aufgaben rein repetitiver Natur gewöhnt, für die sie<br />
klare Anleitungen haben.» Sie müsse sich aber auf die Schüler<br />
verlassen können. «Ich erteile Hausaufgaben ja nicht, um die<br />
Schüler in ihrer Freizeit zu beschäftigen, sondern um meinen<br />
Unterricht darauf aufzubauen. Etwa indem wir zu Beginn der<br />
Stunde das Gelesene kurz zusammenfassen und einzeln oder<br />
in Gruppen weiter bearbeiten.»<br />
«Hausaufgaben ermöglichen Selbsterfahrung»<br />
Damit Hausaufgaben erfolgreich seien, müssten die Lernziele<br />
klar und wenn möglich auch attraktiv sein, erklärt Philipp<br />
Schaufelberger,der ebenfalls an der <strong>Kanton</strong>sschule Freudenberg<br />
unterrichtet. Sein Fach Geschichte biete eine Vielzahl<br />
von Möglichkeiten für Vorbereitungs- oder Vertiefungsarbeiten,<br />
so zum Beispiel Lektüre und Recherchen, Quellenanalysen<br />
oder Beurteilungen von historischen Sachverhalten. Wobei<br />
offene Fragestellungen die Kreativität förderten. Auch die<br />
Selbstständigkeit der Schülerinnen und Schüler könne sich<br />
durch die Hausaufgaben entwickeln. «Allein dadurch, dass die<br />
Jugendlichen ihre Hausaufgaben in ihrem eigenen Rhythmus<br />
und Umfeld erledigen, wird ihnen eine Selbsterfahrung ermöglicht.»<br />
Die Jugendlichen müssten sich dabei mit Fragen<br />
nach der richtigen Zeiteinschätzung, der effizienten Organisation<br />
des eigenen Arbeitsplatzes oder der richtigen Lernstrategie<br />
auseinandersetzen. Eine wichtige Rolle für den persönlichen<br />
Lernprozess spiele zudem die gemeinsame Besprechung<br />
der Hausaufgaben im Unterricht. Die Schüler würden hier mit<br />
Beurteilungen und Erfahrungen von aussen konfrontiert und<br />
seien dadurch aufgefordert, die eigenen Lern- und Arbeitskonzepte<br />
zu überdenken und zu verbessern.<br />
Der Eigenverantwortung sei auch die nächste schulinterne<br />
Lehrerfortbildung gewidmet. Bei dieser Gelegenheit, so<br />
Philipp Schaufelberger, werde man sich sicher auch mit dem<br />
Thema Hausaufgaben auseinandersetzen.<br />
Hausaufgaben, die Brücken schlagen<br />
An der Berufsfachschule Baden (BerufsBildungBaden, BBB)<br />
werden seit Kurzem neue Wege beschritten: Lehrpersonen der<br />
Allgemeinbildung und der Berufskunde spannen zusammen<br />
und erteilen Hausaufgaben in gegenseitiger Absprache. Ein<br />
Beispiel: In der Abteilung der Coiffeusen und Coiffeure wird in<br />
der Berufskunde das Kundengespräch thematisiert. In der<br />
Allgemeinbildung ist die Rede von politischen Parteien. Gemeinsam<br />
beauftragen die Lehrpersonen die Lernenden, während<br />
eines Monats zwei Kundengespräche politischen Inhalts zusammenzufassen.<br />
Die nötigen Leitplanken zur Erledigung einer<br />
solchen Aufgabe finden die Jugendlichen im Hausaufgaben-<br />
Leitfaden, in dem die wichtigsten zu berücksichtigenden Punkte<br />
aufgeführt sind: eine übersichtliche Darstellung, korrekte Rechtschreibung<br />
oder Auflistung von in Anspruch genommener Hilfe<br />
mit entsprechender Begründung.<br />
«Dank solcher Aufgabenstellungen können die Lernenden<br />
eine Brücke zu der täglich erlebten Praxis schlagen», erklärt<br />
Daniela Plüss, Lehrerin für allgemeinbildenden Unterricht (ABU)<br />
an der BBB und Dozentin für Fachdidaktik am <strong>Zürcher</strong> Hochschulinstitut<br />
für Schulpädagogik und Fachdidaktik (ZHSF),<br />
«umgekehrt erfahren sie die schulische Ausbildung plötzlich als<br />
Einheit. Hausaufgaben erhalten dadurch einen Sinn.»<br />
Solche Aufträge erstrecken sich auch oft über mehrere Wochen,<br />
die Lernenden halten die einzelnen Schritte schriftlich fest<br />
und werden dabei von den Lehrpersonen begleitet. Hausaufgaben<br />
werden so zu kleinen Projektarbeiten, die auch überfachliche<br />
Kompetenzen fördern. «Die Rückmeldungen der Lehrpersonen<br />
sind für die Lernenden entscheidend», sagt Daniela Plüss,<br />
«ich habe festgestellt, dass die Lernenden, wenn sie von den<br />
Lehrpersonen ein Interesse an ihrer Arbeit spüren, sehr motiviert<br />
sind.» Aus der Besprechung von laufenden oder erledigten<br />
Aufträgen könnten sich zudem neue Hausaufgaben ergeben, die<br />
am bereits Erarbeiteten anknüpften, sodass sich aus dem Dialog<br />
ein für die Lernenden nachvollziehbarer Lernprozess entwickle.<br />
Schulblatt des <strong>Kanton</strong>s <strong>Zürich</strong> 5/2008 19