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Volksschule «Die Experten müssen aus den eigenen Reihen kommen» Spezialisierung wird in den Schulen immer wichtiger. Durch entsprechende Zertifikatslehrgänge können sich Lehr- zuFachpersonen weiterbilden und dem Team in ihrer Schule als Experten Unterstützung leisten. Wie das funktionieren kann und was dabei zu beachten ist, erklären zwei Schulleiter und zwei Fachleute in einem Gespräch. Text und Interview: Peter Altherr und Martin Stürm, Team Umsetzung VSG Daniela Kägi, Sportexpertin, Wald: «Wichtig ist, dass der Expertin die entsprechende Kompetenz zugeschrieben wird.» Die Komplexität und die fachlichen Anforderungen an das Unterrichten haben in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Grundsätze wie «Ich und meine Klasse», «Alle können alles» und «Alle machen den gleichen Job» verlieren immer mehr an Bedeutung.Teamteaching, Unterstützung von Fachlehrpersonen und der Einsatz von Spezialistinnen und Spezialisten nehmen im gleichen Masse an Bedeutung zu –die Klassenzimmer öffnen sich. Die Umsetzung des neuen Volksschulgesetzes hat diese Entwicklungen beschleunigt. Neue Aufgaben und ein sich stetig veränderndes Umfeld erfordern in jeder Schule den Aufbau spezifischer Kompetenzen. Insbesondere im Rahmen der pädagogischen Schwerpunktsetzung, zum Beispiel in den Be- reichen Sprachförderung und Qualitätsentwicklung, besteht ein hoher Bedarf an Expertenwissen. Ziel sollte es sein, solches Expertenwissen an der eigenen Schule aufzubauen und für alle Beteiligten nutzbar zu machen. Doch wie funktioniert das im Schulalltag? Im nachfolgenden Interview berichten zwei Schulleiter und zwei Fachleute über ihre Erfahrungen: An der Primarschule Binzholz in Wald hat Schulleiter Ernst Eichmüller zusammen mit den Lehrpersonen den Einsatz von Expertinnen und Experten im Schulprogramm verankert. Hier coacht Expertin Daniela Kägi die Lehrpersonen im Bereich Schulsport. In der Sekundarschule Freiestrasse in Uster werden der Schulleiter Daniel Artmann und die Lehrpersonen von Marcel Eichenberger als Experte für Schul- und Unterrichtsentwicklung im Projekt 9. Schuljahr unterstützt. Wie sind die Expertenprojekte an Ihren Schulen entstanden? Ernst Eichmüller (Wald): Ich habe mir schon seit geraumer Zeit Gedanken über Weiterbildungen gemacht, die für die Schule wirksam sein könnten. Letztes Schuljahr standen wir vor der Situation, dass ausgerechnet für Sportlehrerin Daniela Kägi, die am besten ausgebildete Fachfrau, weniger Stunden zur Verfügung standen. Daniela Kägi (Wald): Es schien uns beiden unsinnig, dass mein Wissen im Bereich Sportunterricht brach liegen sollte. Deshalb haben wir gemeinsam das Projekt «Sportkompetenz Plus» entwickelt und es der Schulkonferenz vorgelegt. Marcel Eichenberger, Projektleiter 9. Schuljahr, Uster: «Ich kann nur dort meine Rolle übernehmen, wo ich wirklich Experte bin.» Daniel Artmann (Uster): Unsere Schule beteiligt sich am Pilotprojekt 9. Schuljahr. Imersten Jahr setzte ich mich mit grossem Engagement für dieses Projekt ein, musste dann aber feststellen, dass ich für andere Schulleitungsaufgaben nicht mehr genügend Zeit hatte. Marcel Eichenberger (Uster): Da ich mich zu jener Zeit im Masterstudium Bildungsinnovation der Pädagogischen Hochschule Zürich intensiv mit Fragen der Schul- und Unterrichtsentwicklung beschäftigte, schien es sinnvoll, dass ich als Projektleiter für das 9. Schuljahr die Schulleitung entlastete. Herr Eichmüller und Herr Artmann, worin sehen Sie als Schulleiter den Vorteil von Expertenprojekten? Ernst Eichmüller: Bei Weiterbildungen im Team habe ich oft festgestellt, dass 24 Schulblatt des Kantons Zürich 5/2008
Fokus Volksschule Mittelschule Berufsbildung Weiterbildung Agenda Amtliches Stellen Podium Porträt Volksschule die Nachhaltigkeit nicht gewährleistet war. Die praktische Umsetzung der gelernten Theorie hat nicht immer stattgefunden. In der engen Teamarbeit mit der Expertin wird nun direkt auf der praktischen Ebene «on the job» gelernt, was sich als sehr nachhaltig erweist. Daniel Artmann: Wenn es gelingt, ein Projekt sozusagen zum «Kind» einer Fachperson zu machen, garantiert dies Ernst Eichmüller, Schulleiter, Wald: «Ideal wäre es, wenn alle Lehrpersonen in einem Bereich Experten wären.» Verbindlichkeit und Konstanz in der Bearbeitung –für mich wichtige Bedingungen, damit ein Projekt wie das 9. Schuljahr erfolgreich durchgeführt werden kann. Frau Kägi und Herr Eichenberger, wie sieht die von Ihnen geleistete fachliche Unterstützung konkret aus? Daniela Kägi: Im ersten Halbjahr habe ich für jede Lehrperson drei Sportlektionen übernommen. Anhand eines Fragebogens konnte mir jede Lehrperson ihre spezifischen Bedürfnisse mitteilen. In den Lektionen konnten viele Unsicherheiten und Fragen, zum Beispiel betreffend Hilfestellungen durch die Lehrperson, Bewegungsabläufe oder stufengerechte Gruppenspiele, geklärt werden. Die Lehrpersonen konnten zuschauen und sich Notizen machen. In einem zweiten Durchgang unterstütze ich die Lehrperson nochmals für drei Lektionen, entweder analog zum ersten Durchgang oder bei der Lektionenplanung und anschliessend in der Stunde als Beobachterin mit einem entsprechenden Feedback. Marcel Eichenberger: Im Rahmen des Projekts 9. Schuljahr bin ich für die Projektkoordination im Team verantwortlich. Die fachliche Unterstützung der einzelnen Lehrpersonen in der Umsetzung und die Organisation von Netzwerkveranstaltungen und Weiterbildungen zu Themen wie Stellwerk oder Elterngespräche sind weitere wichtige Aufgaben. Für diese Unterstützung mussten aber zusätzliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Ernst Eichmüller: Im letzten Schuljahr konnte ich zwei Wochenlektionen aus dem kommunalen Pool für Stütz- und Fördermassnahmen verwenden. Dieses Jahr stehen dafür die Ressourcen aus dem kantonalen Gestaltungspool zur Verfügung. Die Schulpflege hat jeder Schule entsprechend der Schülerzahl Gestaltungspoolstunden zur Verfügung gestellt. In Absprache mit dem Schulpräsidenten kann ich die Poolstunden für solche Projekte frei verwenden. Daniel Artmann: Wir konnten das Unterrichtspensum von Marcel Eichenberger leicht reduzieren und aus zwei verschiedenen kommunalen Pools auch finanzielle Mittel verwenden. In der Arbeitszeiterfassung von Marcel Eichenberger zeigt sich allerdings, dass diese Mittel im Vergleich zum Aufwand sehr bescheiden sind. Vielleicht bringt der Gestaltungspool künftig eine Verbesserung, allerdings muss man sorgfältig darauf achten, dass man diesen Pool nicht schon mehrfach verteilt hat, bevor erzur Verfügung steht. Haben die Lehrpersonen Sie, Frau Kägi, als Expertin im eigenen Unterricht problemlos akzeptiert? Daniela Kägi: In der Evaluation hatte ich bisher nur positive Rückmeldungen. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass der Expertin die entsprechende Kompetenz zugeschrieben wird. Wie erleben Sie, Herr Eichenberger, Ihre Rolle gegenüber den Sekundarlehrpersonen? Marcel Eichenberger: In meiner Rolle als Experte stehe ich gewissermassen zwischen Team und Schulleitung. Ich stehe einem kritischen Team gegenüber. Ich Daniel Artmann, Schulleiter, Uster: «Vielleicht wäre esinAnbetracht der knappen Ressourcen sinnvoll, Experten zwischen Schulen auszutauschen.» kann also nur dort meine Rolle übernehmen, wo ich wirklich Experte bin. Für die Akzeptanz im Team ist zudem wichtig, dass ich das,was ich vertrete,im eigenen Unterricht auch anwende. Wie gross ist die Bereitschaft der Lehrpersonen, sich zu Experten ausbilden zu lassen oder ihr Spezialwissen zu teilen? Ernst Eichmüller: Aus meiner Sicht sind die Experten-Zertifikatslehrgänge der Pädagogischen Hochschule Zürich recht aufwendig. Da überlegt es sich eine Lehrperson sicher zweimal, ob sie einen Lehrgang besuchen will. Ideal ist es, wenn bereits vorhandenes Wissen in einer Weiterbildung fundiert gestärkt werden kann. In meinen Personalgesprächen spreche ich Lehrpersonen, die mir geeignet erscheinen, auf ihren möglichen Einsatz als Ex- 3 Schulblatt des Kantons Zürich 5/2008 25
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