Phaethon - ein dramatisches Gedicht - Gerhard Grabbe
Phaethon - ein dramatisches Gedicht - Gerhard Grabbe
Phaethon - ein dramatisches Gedicht - Gerhard Grabbe
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
www.grabbe-contacts.conne.net 13<br />
Vierter Auftritt<br />
Klymene<br />
Kommt jetzt zu Tische, da lässt es sich bequemer<br />
sprechen!<br />
Dryade<br />
(Ihre Stimme aus <strong>ein</strong>em Baume)<br />
Wenn ich mich schüttle, werfe ich sogar etwas<br />
Laub zu euch hinab.<br />
Nereide<br />
Die Mutter rief zu Tisch, Dryade!<br />
Dryade<br />
(hinter dem Baume hervortretend)<br />
Du bist fast noch strenger als sie!<br />
Fünfter Auftritt<br />
(<strong>Phaethon</strong> kommt zurück, setzt sich mit zu<br />
Tische)<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Aller Unmut hat s<strong>ein</strong>en Ursprung in eurer<br />
Leichtigkeit des Scherzens gehabt. Vergib,<br />
Mutter, dass ich´s gewähren ließ!<br />
Klymene<br />
Du wirst es mich wissen lassen wollen?<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Ja doch, liebste Mutter! Weil ich wusste, dass die<br />
Schwestern sich um diese Zeit hier gern<br />
aufhalten, brachte ich jene Freunde hierher. Ich<br />
wollte sie prüfen, und ich musste entdecken, dass<br />
ihre Gesinnung nur allzu menschlich ist.<br />
Klymene<br />
Du kanntest sie doch: Es sind gewöhnliche<br />
Sterbliche, ruhelose Glücksuchende und der Erde<br />
verhaftet. Sie waren dir noch nie <strong>ein</strong>e gute<br />
Stütze.<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Bisher war ich vor ihrer Hilfe ziemlich sicher. –<br />
Ist es nicht überhaupt bemerkenswert, dass sich<br />
kaum Freunde halten, sobald man ihr Herz mehr<br />
prüft als ihre guten Manieren?<br />
Klymene<br />
Dir bleibt ja Philos. Er ist neu – ich hätte ihn<br />
gern kennen gelernt. Im übrigen: Du bist<br />
verwöhnt, <strong>Phaethon</strong>. Bedenke, was dir d<strong>ein</strong>e<br />
Schwestern sind. Wer soll sich je mit ihnen<br />
messen? Du musst dich unter dem menschlichen<br />
Maß an das Erreichbare halten. Richte darauf<br />
d<strong>ein</strong> Herz, so wird sich auch dir unter weniger<br />
hohen Ansprüchen die Welt öffnen, statt dich<br />
abzuschrecken. Und suchst du in aller<br />
Schwachheit des Weibes Erholung, komm und<br />
ruhe dich bei d<strong>ein</strong>en Schwestern aus. Genügt dir<br />
das nicht, m<strong>ein</strong> Sohn? N<strong>ein</strong>? Ich sehe schon, dass<br />
du um jede Stunde trauerst, die du nicht unter<br />
uns s<strong>ein</strong> kannst .... Du wirst es schwer haben,<br />
<strong>Phaethon</strong>!<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Ja, das bekümmert mich: Die Sorgen der<br />
Vornehmen kitzeln mich nicht, denn ich lebe den<br />
Unsterblichen näher als den Menschen. Das<br />
danke ich euch.<br />
Echo<br />
Liebster, du bist dem Lichte zugeboren. Das<br />
macht dich heiter und dem Leben so leicht<br />
verbunden. Immer will es hinauf, und darum<br />
dünken die Fesseln des Hiers<strong>ein</strong>s oft Qual.<br />
Wir kennen d<strong>ein</strong>en Kummer wohl. Aber es<br />
tröstet uns, dass du aufwärts strebst, den Göttern<br />
zu gefallen. Also trinke vom Licht der Gestirne,<br />
ehe sich der Tag für dich neigen mag.<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
(sie zärtlich an sich ziehend)<br />
Obgleich ich mich ängstige vor dem, was in mir<br />
zur Höhe treibt, kannst du mir Mut zusprechen.<br />
Sag´, ging es dir heute gut? Lass´ auch du dich<br />
<strong>ein</strong> wenig trösten! Von dem, was man dir vorhin<br />
angetan hat, ist morgen das meiste als<br />
unbedeutend vergessen, nicht wahr?<br />
Echo<br />
(sich an ihn schmiegend)<br />
Das danke ich dir, du vergisst mich nicht.<br />
Klymene<br />
Auch Echo scherzte vorhin, wie mir Nereide<br />
soeben lächelnd deutet. Das ist mir <strong>ein</strong> warmer<br />
Trost! So gibt es auch auf d<strong>ein</strong>er hohen Stirn<br />
Glätte, m<strong>ein</strong>e Tochter?<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
(Echos Stirn küssend, die Locken streichelnd)<br />
Die Still hat ihr Teil ohne Tränen zurück, Mutter.<br />
Wie ging das zu?<br />
Klymene<br />
Echo<br />
M<strong>ein</strong> Bruder selbst hatte uns zu dem heiteren<br />
Spiel ermutigt: Auf s<strong>ein</strong>en Mienen stand schon<br />
angekündigt, was er von uns erwartete. Was<br />
konnten wir zerstören, wenn er´s doch selbst<br />
durchschaut hatte?<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Bedeutend kam ich nicht, nur offen. Doch Echo,<br />
weit vorausschauend, gab sich der unbeschwerten<br />
Kurzweil um so eher hin, weil ich´s auch tat.<br />
So waren wir <strong>ein</strong>es Sinnes.