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Phaethon - ein dramatisches Gedicht - Gerhard Grabbe

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Vierter Auftritt<br />

Klymene<br />

Kommt jetzt zu Tische, da lässt es sich bequemer<br />

sprechen!<br />

Dryade<br />

(Ihre Stimme aus <strong>ein</strong>em Baume)<br />

Wenn ich mich schüttle, werfe ich sogar etwas<br />

Laub zu euch hinab.<br />

Nereide<br />

Die Mutter rief zu Tisch, Dryade!<br />

Dryade<br />

(hinter dem Baume hervortretend)<br />

Du bist fast noch strenger als sie!<br />

Fünfter Auftritt<br />

(<strong>Phaethon</strong> kommt zurück, setzt sich mit zu<br />

Tische)<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

Aller Unmut hat s<strong>ein</strong>en Ursprung in eurer<br />

Leichtigkeit des Scherzens gehabt. Vergib,<br />

Mutter, dass ich´s gewähren ließ!<br />

Klymene<br />

Du wirst es mich wissen lassen wollen?<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

Ja doch, liebste Mutter! Weil ich wusste, dass die<br />

Schwestern sich um diese Zeit hier gern<br />

aufhalten, brachte ich jene Freunde hierher. Ich<br />

wollte sie prüfen, und ich musste entdecken, dass<br />

ihre Gesinnung nur allzu menschlich ist.<br />

Klymene<br />

Du kanntest sie doch: Es sind gewöhnliche<br />

Sterbliche, ruhelose Glücksuchende und der Erde<br />

verhaftet. Sie waren dir noch nie <strong>ein</strong>e gute<br />

Stütze.<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

Bisher war ich vor ihrer Hilfe ziemlich sicher. –<br />

Ist es nicht überhaupt bemerkenswert, dass sich<br />

kaum Freunde halten, sobald man ihr Herz mehr<br />

prüft als ihre guten Manieren?<br />

Klymene<br />

Dir bleibt ja Philos. Er ist neu – ich hätte ihn<br />

gern kennen gelernt. Im übrigen: Du bist<br />

verwöhnt, <strong>Phaethon</strong>. Bedenke, was dir d<strong>ein</strong>e<br />

Schwestern sind. Wer soll sich je mit ihnen<br />

messen? Du musst dich unter dem menschlichen<br />

Maß an das Erreichbare halten. Richte darauf<br />

d<strong>ein</strong> Herz, so wird sich auch dir unter weniger<br />

hohen Ansprüchen die Welt öffnen, statt dich<br />

abzuschrecken. Und suchst du in aller<br />

Schwachheit des Weibes Erholung, komm und<br />

ruhe dich bei d<strong>ein</strong>en Schwestern aus. Genügt dir<br />

das nicht, m<strong>ein</strong> Sohn? N<strong>ein</strong>? Ich sehe schon, dass<br />

du um jede Stunde trauerst, die du nicht unter<br />

uns s<strong>ein</strong> kannst .... Du wirst es schwer haben,<br />

<strong>Phaethon</strong>!<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

Ja, das bekümmert mich: Die Sorgen der<br />

Vornehmen kitzeln mich nicht, denn ich lebe den<br />

Unsterblichen näher als den Menschen. Das<br />

danke ich euch.<br />

Echo<br />

Liebster, du bist dem Lichte zugeboren. Das<br />

macht dich heiter und dem Leben so leicht<br />

verbunden. Immer will es hinauf, und darum<br />

dünken die Fesseln des Hiers<strong>ein</strong>s oft Qual.<br />

Wir kennen d<strong>ein</strong>en Kummer wohl. Aber es<br />

tröstet uns, dass du aufwärts strebst, den Göttern<br />

zu gefallen. Also trinke vom Licht der Gestirne,<br />

ehe sich der Tag für dich neigen mag.<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

(sie zärtlich an sich ziehend)<br />

Obgleich ich mich ängstige vor dem, was in mir<br />

zur Höhe treibt, kannst du mir Mut zusprechen.<br />

Sag´, ging es dir heute gut? Lass´ auch du dich<br />

<strong>ein</strong> wenig trösten! Von dem, was man dir vorhin<br />

angetan hat, ist morgen das meiste als<br />

unbedeutend vergessen, nicht wahr?<br />

Echo<br />

(sich an ihn schmiegend)<br />

Das danke ich dir, du vergisst mich nicht.<br />

Klymene<br />

Auch Echo scherzte vorhin, wie mir Nereide<br />

soeben lächelnd deutet. Das ist mir <strong>ein</strong> warmer<br />

Trost! So gibt es auch auf d<strong>ein</strong>er hohen Stirn<br />

Glätte, m<strong>ein</strong>e Tochter?<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

(Echos Stirn küssend, die Locken streichelnd)<br />

Die Still hat ihr Teil ohne Tränen zurück, Mutter.<br />

Wie ging das zu?<br />

Klymene<br />

Echo<br />

M<strong>ein</strong> Bruder selbst hatte uns zu dem heiteren<br />

Spiel ermutigt: Auf s<strong>ein</strong>en Mienen stand schon<br />

angekündigt, was er von uns erwartete. Was<br />

konnten wir zerstören, wenn er´s doch selbst<br />

durchschaut hatte?<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

Bedeutend kam ich nicht, nur offen. Doch Echo,<br />

weit vorausschauend, gab sich der unbeschwerten<br />

Kurzweil um so eher hin, weil ich´s auch tat.<br />

So waren wir <strong>ein</strong>es Sinnes.

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