Phaethon - ein dramatisches Gedicht - Gerhard Grabbe
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Mag nun der Götter Bild den Menschen<br />
schwinden:<br />
Ihr Wesen schwebt in aller Schöpfungskraft<br />
Und strebt, aus ungewisser Nacht zu binden,<br />
woraus e i n Gott das neue Leben schafft.<br />
Und weist euch dann <strong>ein</strong> Gottessohn aufs neue,<br />
dass doch in höchster Liebe diese Welt<br />
den Brand der rasenden Nationen scheue,<br />
so liebt auch den, der ihm zum Opfer fällt!<br />
geworden? Vielleicht sucht auch Klymene ihren<br />
Sohn?<br />
- Ich will ihn nicht! Italien ist für k<strong>ein</strong>e Heimat.<br />
Soll er also zurückkehren! – Nun, Nymphe, er<br />
ist wieder zu Hause. Aber s<strong>ein</strong> Gesicht zeig´ ich<br />
dir lieber nicht. Hm! Sollte ich ihn hier am<br />
besten gleich begraben? Aber n<strong>ein</strong>! Ich denke,<br />
s<strong>ein</strong>e Schwestern werden noch auf ihn warten<br />
wollen. –<br />
Armer junger Mensch! Konntest du´s nicht mehr<br />
abwarten? Stürmisch wie alle Jugend und zuerst<br />
mal ohne Kompromisse!<br />
(Er schnalzt missbilligend mit der Zunge)<br />
Na, dann komm herunter – ich mache dir für´s<br />
erste <strong>ein</strong> bequemes Lager!<br />
(Eridanos breitet s<strong>ein</strong>en Mantel auf die Erde,<br />
zieht alsdann die Leiche mühsam, aber<br />
vorsichtig herunter und legt sie auf den Mantel.<br />
Sie betrachtend)<br />
Da ruhe und schlafe fort. Ich trauere um dich wie<br />
um den eigenen Sohn. Wie ist <strong>ein</strong>em denn<br />
dabei? Legt man nicht mit euch Unglücklichen<br />
<strong>ein</strong> ganzes Stück Hoffnung und Liebe mit ins<br />
Grab? Ja, <strong>Phaethon</strong>, so menschlich können wir<br />
armselig verlassenen Götter fühlen. – Schlaf´<br />
wohl – ich werde d<strong>ein</strong>e Schwestern herzurufen.<br />
Dann wirst du <strong>ein</strong> stilles Grab bekommen.<br />
(Eridanos nimmt langsam s<strong>ein</strong>en Schubkarren<br />
und verlässt die Szene)<br />
Zweiter Auftritt<br />
(Philemon irrt mit Glaukos durch den Garten)<br />
Glaukos<br />
Alles so wie gestern, sagst du? Wo?<br />
Philemon<br />
Im Garten – gestern – Klymene, Herr! Das Haus<br />
ist schön!<br />
(Er schrickt vor der Leiche zurück)<br />
Fünfter Aufzug<br />
Erster Auftritt<br />
(Morgengrauen; in Klymenes Garten.<br />
Eridanos rollt auf <strong>ein</strong>em flachen Schubkarren<br />
<strong>Phaethon</strong>s verdeckten Leichnam her<strong>ein</strong>)<br />
Eridanos<br />
Hier muss es s<strong>ein</strong>.<br />
(Er setzt ab)<br />
Wie unversehrt dieser Garten doch geblieben ist!<br />
Rings tote Wälder, schwelendes Geäst,<br />
verkohlte Leichen von Tier und Mensch – hier<br />
alles wohlbehalten! – Ist denn k<strong>ein</strong>er hier?<br />
Klymene, alte Freundin, sag´, wo find´ ich dich?<br />
– Nichts – Totenstille! Ob ich im Hause suche?<br />
Ach was! Vielleicht ist ihr dies alles öd´<br />
Glaukos<br />
Was ist?<br />
Philemon<br />
Da liegt was – da ist wer – tot!<br />
Glaukos<br />
Schnell weg, sonst verprügeln sie uns!<br />
Philemon<br />
N<strong>ein</strong> – ist all<strong>ein</strong> – k<strong>ein</strong> Mensch sonst!<br />
Glaukos<br />
Wie sieht der Tote aus?<br />
Philemon<br />
Verbrannt – glaub´ ich – zugedeckt!<br />
Glaukos<br />
Ah, vermutlich gut geröstet – die Haut <strong>ein</strong>e<br />
schwarze Schwarte, was?