24.11.2013 Aufrufe

Phaethon - ein dramatisches Gedicht - Gerhard Grabbe

Phaethon - ein dramatisches Gedicht - Gerhard Grabbe

Phaethon - ein dramatisches Gedicht - Gerhard Grabbe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

www.grabbe-contacts.conne.net 59<br />

Chor I und II<br />

Oh Mensch, der du das Licht so liebst:<br />

Verehr´s, doch spalt´ es nie zum Grauen!<br />

Es bleibt dir fremd, was du besiegst –<br />

vernichtest nur, statt zu erbauen! –<br />

Wer diesem Heiligtum sich naht,<br />

den warnen wir, sterblich zu s<strong>ein</strong>:<br />

Geblendet von des Höchsten Sch<strong>ein</strong>,<br />

bereut er, was er frevelnd sah!<br />

Elfter Auftritt<br />

(Paukenwirbel, dann Posaunen:<br />

es ersch<strong>ein</strong>t Helios, auf dem Gewand<br />

<strong>ein</strong>e Sonne <strong>ein</strong>gestickt,<br />

noch ohne Strahlenkranz)<br />

Helios<br />

Sonst altvertrautes morgendliches<br />

Plaudern<br />

in lock´rer Gruppen Vielerlei -: Nun<br />

heut´ so ernst,<br />

so feierlich in wohlgemess´nem Gang?<br />

Betrübt ´was? War zu dieser Jahreszeit<br />

weitschweifig eure Nacht? – Und die<br />

Jahrtausende,<br />

die letzten, steht ihr da mit<br />

trauerkündend-,<br />

ja finster wallenden Gewändern? – Wie,<br />

gar Tränen?<br />

(zu Hemera)<br />

Ist es uns´res Gastes wegen,<br />

den Selene uns just aus tiefer nacht<br />

heraufzubringen sich mit leichtem Fuß<br />

und heit´ren Redensarten froh bemüht?<br />

Ihr Götter! Ist das alles, was euch<br />

drückt?<br />

Was können Götter fürchten wollen? Hat<br />

der Mensch sich selbst uns zwar erdacht<br />

mit Namen,<br />

kommt auch die Zeit, in der er sich<br />

„erlöst“<br />

vom unschuldsvollen Kinderglauben!<br />

Dann<br />

erlischt der Name dieses Volkes rasch.<br />

Wir aber wissen uns wie je zu wandeln,<br />

und neue Schöpfung geht aus uns hervor.<br />

Wohl ist es recht: Man muss sich trennen<br />

können,<br />

doch fällt, was wir den Menschen<br />

überließen,<br />

nach Maß der Schöpfung endlich uns,<br />

den Göttern,<br />

am Ende wohlverdientermaßen zu.<br />

Was ihr beklagen würdet, ist <strong>ein</strong><br />

Schrecken<br />

für heute nur. Viel schlimmer trifft es<br />

mich:<br />

Da ist m<strong>ein</strong> Sohn, der, lebensmatt, die<br />

Dinge<br />

zu bessern sucht, statt schlecht´re zu<br />

erfinden!<br />

Ich kann euch trösten: Seht, er wandelt<br />

nur,<br />

nichts löst er durch verzweiflungsvolles<br />

Ringen.<br />

(Vor dem Throne angekommen,<br />

setzt er sich,<br />

legt den Strahlenkranz jetzt an,<br />

auch die übrigen lassen sich auf ihren<br />

Plätzen nieder)<br />

Zwölfter Auftritt<br />

Selene<br />

M<strong>ein</strong> Bruder Helios!<br />

(Selene ersch<strong>ein</strong>t)<br />

Helios<br />

Nun, Schwester, schon<br />

zurück? Und bringst du mir m<strong>ein</strong> teures Kind?<br />

Selene<br />

Bis hierher unversehrt! Er wartet draußen.<br />

Helios<br />

(zu Hemera)<br />

Ist´s Zeit?<br />

Dieser nickt)<br />

Und doch:<br />

(zu Selene)<br />

Berichte du zuerst von ihm!<br />

Selene<br />

Er ging von Echo tränenschwer von hinnen<br />

und irrte bald, des Weg´s unkundig, hin,<br />

als ich ihm leuchtete mit ziemlich voller<br />

und klar begrenzter Scheibe. Doch ich kann<br />

wohl sicher sagen: Er erkannt´ mich nicht!

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!