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Phaethon - ein dramatisches Gedicht - Gerhard Grabbe

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Helios<br />

So sinnestrunken – oder war´s der W<strong>ein</strong>?<br />

Selene<br />

Die Zeit zu spotten, liebster Bruder, ist<br />

verjährt! Denn was sich anzubahnen sch<strong>ein</strong>t,<br />

wird auch d<strong>ein</strong> weites Herz beklemmen müssen.<br />

Helios<br />

Wie das – verjährt? – Was ich noch gestern<br />

scherzte,<br />

treibt Missklang auch schon in die r<strong>ein</strong>en Worte?<br />

Was Schlimmes mag es s<strong>ein</strong>?<br />

Selene<br />

Wie, Helios –<br />

du magst hier fragen?<br />

Helios<br />

Ja!<br />

Selene<br />

Du ahnst nicht –<br />

Helios<br />

Was?<br />

Selene<br />

Du zeugtest ihn, und sie, Klymene, schwieg<br />

zu ihrem hohen Mutterglück die Jahre,<br />

verheimlichte dem Jüngling noch s<strong>ein</strong> Erbe,<br />

bis Pan sich diesen kühnen Scherz erlaubte<br />

und <strong>ein</strong>em Bettler anvertraute, was<br />

er lüstern <strong>ein</strong>st erlauscht abseits dem Brautbett.<br />

Helios<br />

Ich dacht´, der Schelm spielt sonst die Flöte<br />

besser?!<br />

Selene<br />

Was selbst die Schwestern <strong>Phaethon</strong><br />

vorenthielten,<br />

verriet ihm jetzt boshaft die Kreatur,<br />

um durch die Mutter Wohlstand zu erpressen.<br />

Doch dieser Greuel und der Frevel s<strong>ein</strong>er<br />

voll Dreistigkeit hinzugesetzten Lügen,<br />

sehr schnell entlarvt durch <strong>Phaethon</strong>s treue<br />

Schwestern,<br />

vereitelten das schändliche Beginnen.<br />

Doch blieb der Stachel, <strong>ein</strong>es Gottes Sohn<br />

zu s<strong>ein</strong>, und dieser und <strong>ein</strong> schlimm´rer Umstand<br />

bewirkten jäh <strong>ein</strong> forschend-jammernd´ Klagen;<br />

Verzweiflung setzte schließlich <strong>ein</strong>en Plan,<br />

von Echo ihm zudem ins Herz geraten,<br />

und darum steht er hier vor dir zu bitten.<br />

Helios<br />

S<strong>ein</strong> Maß ist ihm gesetzt, ganz gleich, durch wen<br />

-<br />

s<strong>ein</strong> kindlich r<strong>ein</strong>es Herz soll nicht noch länger<br />

um m<strong>ein</strong>etwillen leiden. Lasst ihn kommen!<br />

Hemera<br />

Bedenke, Helios: Er ist nur sterblich!<br />

Helios<br />

(legt den Strahlenkranz ab)<br />

Des Wahnsinns Los erspar´ ich ihm bei Zeiten,<br />

d´rum lasst ihn vor mich treten, wes Verstand´s<br />

er immer sei – ich will ihn m<strong>ein</strong>er würdig<br />

erhalten, denn er ist ja m<strong>ein</strong> geblieben!<br />

(zu Hemera, der gehen will)<br />

Noch Halt! Es bleibe nichts verhüllt, versäumt:<br />

Posaunen lasst für ihn Willkommen blasen,<br />

denn <strong>Phaethon</strong> ist ja auch Klymenes Sohn.<br />

Dreizehnter Auftritt<br />

(Posaunen wie im Vorspiel;<br />

<strong>Phaethon</strong> tritt <strong>ein</strong>, von Hemera geleitet)<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

Obgleich die Sterblichen das Heiligste der Götter<br />

zunächst verehren und hernach verachten,<br />

steh´ ich, Klymenes Sohn, voll Ehrfurcht hier<br />

und beuge demutsvoll das Knie vor dir,<br />

m<strong>ein</strong> Vater!<br />

(Er schweigt, sieht aber offenen Auges zu s<strong>ein</strong>em<br />

Vater auf.<br />

Dieser hält zunächst das Schweigen)<br />

Helios<br />

Was Griechenland nicht haben mag,<br />

soll nun gar ich als Opfergabe <strong>ein</strong>er<br />

womöglich stolzen Mutter wiederhaben?<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

Ich fragte weder Griechen noch die Mutter.<br />

Zu dir empfahl mich Echo, m<strong>ein</strong>e Schwester.<br />

Helios<br />

Weiß sie soviel von mir, dass sie dies durfte?<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

M<strong>ein</strong> Herz befahl mir, ihrem Rat zu folgen,<br />

um nicht zu endigen, was noch zu retten!<br />

Und? Hoffst du?<br />

Helios<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

Ja! Auf Erden ist <strong>ein</strong> Tag<br />

mir nur noch zugemessen, doch die Götter<br />

vermögen, wenn sie wollen, den Verlust<br />

durch <strong>ein</strong>e List mit eig´nen Mitteln zu<br />

ersetzen.<br />

Helios<br />

Kühn bist du, des Rates würdig!<br />

Was hast du aufzuweisen, dass du so<br />

absonderliche Wünsche mir, statt erst den<br />

Parzen,

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