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Phaethon - ein dramatisches Gedicht - Gerhard Grabbe

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Odä<br />

Es gibt k<strong>ein</strong>e mehr! Mach mir noch diese Nacht<br />

das Brautbett, m<strong>ein</strong> Liebster!<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

Du findest mich in allem eröffnet – ich bin<br />

bereit!<br />

Klymene<br />

(nahe)<br />

In der Halle brennt das Feuer; der Tisch ist<br />

gedeckt, das Nachtlager gerichtet! Kommt doch<br />

mit ins Haus!<br />

(Alle entfernen sich zum Hause)<br />

Dritter Aufzug<br />

Erster Auftritt<br />

(Im Schlafgemach der Odä; <strong>Phaethon</strong> bei ihr,<br />

beide notdürftig bedeckt. Gegen Morgen: Odä im<br />

Aufbruch)<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

Welch <strong>ein</strong> unerhörtes Vorrecht wiederum mir:<br />

Wo andere um jedes Lächeln kämpfen, um jedes<br />

Stirnrunzeln bangen, um jedes missdeutbare<br />

Wort mit dem Gedanken spielen, ihrem Jammer<br />

womöglich <strong>ein</strong> Ende zu setzen, da senkt sich<br />

d<strong>ein</strong>e Liebe wie <strong>ein</strong> Rausch über mich und<br />

ergießt sich wie <strong>ein</strong> erquickender Ragen auf<br />

Wüstenland. Was nahm ich mir, mit Billigung<br />

m<strong>ein</strong>es Schicksales, heraus, dass ich, wie<br />

betäubt, immer noch nicht fasse, was du mir<br />

schenktest, liebste Braut!<br />

Odä<br />

Was sorgst du dich im Genuss? Nimm mich –<br />

nimm alles!<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

Gerade ich durfte mich nie über mangelnde<br />

Liebe beklagen: M<strong>ein</strong>e Mutter, m<strong>ein</strong>e<br />

Schwestern – jetzt, kürzlich, der Freund<br />

überhäufte mich mit Hingabe, ließen mich zu<br />

Menschlichstem gedeihen! Wem unter der Sonne<br />

ist solche Gnade jemals vergönnt? Wer, und<br />

hätte er die edelsten Gedanken, darf sich soweit<br />

darin ergehen, sie zum Grundsatz s<strong>ein</strong>es Lebens<br />

wählen zu dürfen?<br />

N<strong>ein</strong>, Odä, über mir ruht <strong>ein</strong> ganz besonderer<br />

Segen, dessen Ausmaß mir nur unerträglich wird,<br />

weil ich hoffe, dass ich m<strong>ein</strong>es Vaters würdig<br />

s<strong>ein</strong> werde – oder untergehen will!<br />

Odä<br />

Du hast nie mit der Liebe Missbrauch getrieben.<br />

Nun durftest du sie erstmals auskosten wie <strong>ein</strong><br />

Mann! Das überwältigt dich. Aber mich hat es zu<br />

<strong>ein</strong>em neuen Wesen erhoben!<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

Hat dich denn m<strong>ein</strong>e Unerfahrenheit nicht<br />

abgeschreckt, Liebste?<br />

Odä<br />

Wie könnte ich?! Du hast die Schönheit geliebt,<br />

ohne sie zu vergewaltigen, und als Heiligtum<br />

verehrt, was dir nicht zugesprochen werden<br />

konnte. Jetzt hast du alles!<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

Dies ist nur zu wahr: Nie befiel mich Lüsternheit<br />

nach der Anmut m<strong>ein</strong>er Schwestern oder <strong>ein</strong>es<br />

Knaben.

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