Phaethon - ein dramatisches Gedicht - Gerhard Grabbe
Phaethon - ein dramatisches Gedicht - Gerhard Grabbe
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<strong>Phaethon</strong><br />
Lass´ mich, erhab´ner Vater, <strong>ein</strong>mal d<strong>ein</strong>en<br />
berühmten Sonnenwagen westwärts lenken!<br />
Nichts sonst?<br />
Helios<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Was bleibt danach?<br />
Helios<br />
Verderben – Tod!<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Mir ist das Schattenreich gewiss – noch heute!<br />
Nur darum sorge nicht, m<strong>ein</strong> liebster Vater.<br />
Eos<br />
(aufschreiend)<br />
Oh <strong>Phaethon</strong>, <strong>Phaethon</strong>! Was hast du getan?<br />
Nun, Vater?<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Helios<br />
So nenne mir den <strong>ein</strong>en Grund,<br />
womit ich Welt und Leben brennend strafte!<br />
Eos<br />
O Helios! O <strong>Phaethon</strong>! Oh, ihr Götter!<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Ist dies nicht schon <strong>ein</strong> Grund, dass uns ihr<br />
Götter<br />
durch Listen und Verstellung lieben macht,<br />
vielleicht sogar mit etwas Treue lohnt,<br />
bis Charons Nachen flutennippend ächzt?<br />
Und hier <strong>ein</strong> zweiter, den ich dir schon nannte:<br />
Vermaß man sich, zu hintergeh´n mit Schweigen<br />
Klymenes Sohn, so hat der Trug s<strong>ein</strong> Ende,<br />
indem die Wahrheit fackelnd niederfährt!<br />
Helios<br />
Du bist nicht stark genug!<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Zum Wagenlenken?<br />
Sprech´ ich denn von Hephaistos´<br />
Kostbarkeiten?<br />
Helios<br />
So suchst du d<strong>ein</strong>en Tod in Raserei,<br />
indessen unter dir der Erdkreis brenne?<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Die Menschheit muss es danken, dass ich sie<br />
dies <strong>ein</strong>e Mal vom Himmel her erleuchte,<br />
damit sie lerne, nimmermehr die Wahrheit –<br />
um k<strong>ein</strong>en Preis – dem Edlen zu verdunkeln!<br />
Eos<br />
So hör´ doch auf! Du spottest, forderst Rache!<br />
Was wirst du ändern? Ja, du selbst verbirgst<br />
das Licht der Wahrheit, das du suchen kommst!<br />
Es ist schon wahr, dass ich in Liebe wallte<br />
und ständig auf der Suche war zu lindern.<br />
Dann sah ich dich! In allem, was ich sprach,<br />
gestand ich dir <strong>ein</strong> neues Wertgefühl!<br />
Ach, gliche ich doch dir! – Das war m<strong>ein</strong><br />
Sehnen,<br />
denn nur ihr Menschen wisst den Augenblick<br />
für alle Ewigkeit im voraus ganz<br />
in Demut, fromm und innig auszukosten.<br />
Ich, Eos, liebte dich in scheuer Ehrfurcht<br />
Und tu´s erst jetzt mit allen Göttersinnen!<br />
Auch, wenn ich göttlich bin, so hind´re nichts<br />
dich teuren Menschen, mir d<strong>ein</strong> Herz zu<br />
schenken!<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Nimm´s hin – am Abend fressen´s doch die<br />
Hunde!<br />
Eos<br />
(mit den Tränen kämpfend)<br />
Ich sehe wohl: Du darfst nichts mehr gewinnen!<br />
Doch warum schleuderst du das Letzte fort?<br />
Erfreut dich Armen, in Verzweiflung<br />
schäumend,<br />
die Wohltat nicht, dass ich hier bei dir stehe<br />
und betend w<strong>ein</strong>e, weil du von uns gehst?<br />
M<strong>ein</strong> Säumen riss dich fort zu raschem Handeln,<br />
doch warte hier, ich will zu Zeus, zu bitten!<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
(erschüttert)<br />
Das willst du tun? – Oh, Eos, süße Braut,<br />
begreifst du mich denn nicht? – dass m<strong>ein</strong><br />
Beginnen<br />
sich lebenslänglich nutzlos fortbemüht?<br />
Was soll <strong>ein</strong> Leben, das sich wirkungslos<br />
verzehrt, den Göttern aus der Hand gestohlen?<br />
Ich darf nur leben, wenn ich handelnd liebe,<br />
denn nur im Licht der Liebe kann das Leben<br />
gedeihen, kann es Wohltat bringen -: Licht!<br />
Eos<br />
Doch endlich: Wofür willst du dich jetzt opfern?<br />
Was lohnt, der Menschheit dauernd´ Los zu<br />
heben,<br />
den altgelegten Grund der gleichen Fehler<br />
dem <strong>ein</strong>en Menschenalter zu erklären,<br />
wenn schon das nächste sie erneut begeht?<br />
Du änderst nicht das irdische Geschlecht<br />
der Söhne, die der Väter Willkür höhnen<br />
und doch der gleichen Torheit unterliegen.<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
(zögernd, wie abwesend)<br />
Vier Elemente sind´s; den Lebewesen<br />
vertraute Zeus nur drei. Prometheus ließ<br />
der Götter Vater zornig an den Felsen<br />
zu bitt´rer Qual mit kalten Ketten schmieden.