Phaethon - ein dramatisches Gedicht - Gerhard Grabbe
Phaethon - ein dramatisches Gedicht - Gerhard Grabbe
Phaethon - ein dramatisches Gedicht - Gerhard Grabbe
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
www.grabbe-contacts.conne.net 61<br />
in frommem Jugendsinne nennen möchtest?<br />
- Doch gut, ich werde später fragen, weiß<br />
ich doch, wie hoffnungsschwach du von der<br />
Mutter<br />
herauf zu mir, durch Selene geleitet,<br />
die Wallfahrt nahmest. – Was ist d<strong>ein</strong> Begehr?<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Wenn du m<strong>ein</strong> Vater bist, hast du mich doch<br />
gar wohl versorgt – trotz dieser Ferne?!<br />
Helios<br />
(finster blickend, sich erhebend)<br />
Bedenk´: Du trotzt mir <strong>ein</strong>e Geste ab –<br />
Nicht mehr!<br />
(Er geht auf <strong>Phaethon</strong> zu)<br />
Steh auf – sieh mir ins Angesicht!<br />
(<strong>Phaethon</strong> steht auf, sieht ihn an)<br />
Du zitterst – nicht – du hältst dem Blick mir<br />
stand?<br />
So kommst du nicht, um lebend zu gewinnen?<br />
Du kommst, mir m<strong>ein</strong> Geschenk<br />
zurückzugeben!<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Ja, Vater .... Hielt ich´s wohl für dich verwahrt?<br />
Helios<br />
Veracht´ ich Menschenopfer, will m<strong>ein</strong> Sohn<br />
Sich schlachten lassen? - - Wohl aus Übermut?<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Verzeih, m<strong>ein</strong> Vater: Soll ich dann hinab<br />
und selber Hand anlegen, was du schmähst?<br />
Helios<br />
Um d<strong>ein</strong>en Stolz kämpf´ nicht – ring´ um d<strong>ein</strong><br />
Leben!<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Was gibt du mir dafür?<br />
Helios<br />
(lächelnd)<br />
Die Braut des Lebens!<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Sie heißt – ich nenne Odä die Geliebte,<br />
die gestern früh ich erst entließ aus uns´rem<br />
geheimen Brautgemach im Haus der Mutter.<br />
Helios<br />
Geheim? Weshalb durft´ sie davon nichts<br />
wissen?<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Es ist nicht Odäs rechter Name, den<br />
mir Mutter sagte und den richtigen<br />
mir nicht zu sagen anfangs m<strong>ein</strong>er Braut<br />
versprechen musste. Da´s nun Mutter wusste,<br />
dass wir uns lieben, sandte sie mich fort.<br />
Helios<br />
Beschaff´ ich dir die Liebliche, gehst du<br />
Zurück – hinab zur Mutter? –<br />
(zu Hemera)<br />
Geh und forsche!<br />
Nimm gleich den Knaben hier zur Mutter mit!<br />
Nun, leb´ denn wohl, m<strong>ein</strong> Sohn, mit diesem<br />
Kusse ...,<br />
n<strong>ein</strong>, widersetz´ dich nicht – und grüß´ sie innig!<br />
(Er küsst <strong>Phaethon</strong> leicht die Stirn.<br />
Dieser schüttelt Hemeras Arm unwillig ab,<br />
bleibt stehen.<br />
Helios beachtet ihn nicht weiter)<br />
Wo bleibt denn Eos? Längst schon müsst´ es<br />
Tag s<strong>ein</strong>!<br />
Die Flügelpferde schnauben schon im Stalle ....<br />
So spann´ ich an. Sie soll die Pforten öffnen!<br />
Vierzehnter Auftritt<br />
(Eos ersch<strong>ein</strong>t,<br />
das Gesicht bis auf die Augen verborgen,<br />
das Haupt gesenkt, in tiefer Trauer)<br />
Helios<br />
(zärtlich ihre Hände fassend,<br />
sie an sich ziehend,<br />
dabei fällt die Verschleierung)<br />
Errötendste der Schwestern: Du verbirgst<br />
Für diesen heit´ren Tag die schönen Züge?<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
(sie erkennend, <strong>ein</strong>en Schrei ausstoßend,<br />
zurücktaumelnd)<br />
Odä – Eos! Göttin – ist – die Braut?<br />
(Er sinkt auf die Knie in wilder Verzweiflung)<br />
Helios<br />
Der Knabe spricht in Rätseln, denk´ ich?<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
(mit den Fäusten den Boden schlagend)<br />
Wenn sich erst Götter gar zu Menschen wandeln<br />
und mit den Nymphen drunten Söhne zeugen,<br />
die sie, wenn jene aufgewachsen, leicht<br />
zum lauen Spiel der Schwester werden lassen,<br />
dann, heil´ger Vater Helios, mach´ mich<br />
wied´rum just hier den Göttern gleichermaßen,<br />
denn war´s nicht Eos, die mir Treue schwor,<br />
die, ohne ihren Namen preiszugeben,<br />
mit dem Geheimnis heiter sich empfahl?<br />
Was sind wir Menschen bloß euch Göttern? –<br />
Luft?<br />
Helios<br />
Du hast es selbst gesagt: Nur Luft!<br />
(spöttisch)<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Wie? Was?<br />
So zeugtest du der Mutter <strong>ein</strong>fach Luft? –<br />
Ein leichthin kräuselndes Gewölk soll ihr