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Phaethon - ein dramatisches Gedicht - Gerhard Grabbe

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Anphit<br />

Willst du mich fordern?<br />

Klymene<br />

Halt! K<strong>ein</strong> blankes Schwert in m<strong>ein</strong>em Garten<br />

ohne m<strong>ein</strong>e Befugnis! Sagt, was ihr wollt, dann<br />

geht!<br />

Anphit<br />

Verzeih – der Gimpel forderte mich zum Zorn.<br />

Aber ja – was wollten wir? Wir hätten gern den<br />

teuren Sohn gesprochen!<br />

Zelot<br />

Ja, teuer ist er uns gewesen. Nun sind wir ihm zu<br />

billig, so dass er uns nicht mehr sehen will?<br />

Klymene<br />

An s<strong>ein</strong>em Charakter hat bislang niemand<br />

Zweifel erhoben. Ihr seid die ersten. Ich selbst<br />

werde <strong>Phaethon</strong> holen. Doch wehe dem, der<br />

s<strong>ein</strong>e Waffe zückt im Zorn! In m<strong>ein</strong>em Garten<br />

wird k<strong>ein</strong> Blut vergossen!<br />

Pleon<br />

Schätzt du uns <strong>ein</strong> wie Räuber oder Mörder?<br />

Klymene<br />

M<strong>ein</strong> Urteil ist euch aufgehoben, bis dies hier<br />

vorüber ist. Doch wenn ich´s fälle, seid darauf<br />

gefasst, wie es euch ereilt!<br />

Zelot<br />

Das war unmissverständlich! Nun, wir beugen<br />

uns der lichten Macht!<br />

(Gelächter der fünf)<br />

(Klymene, zweifelnd, unschlüssig ab; ihr<br />

entgegen kommt bereits <strong>Phaethon</strong>, und Mutter<br />

und Sohn wechseln leise Worte.<br />

<strong>Phaethon</strong> küsst die Fortgehende, dann kommt er<br />

heran)<br />

Sechster Auftritt<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

Grüß euch, Genossen!<br />

(Die fünf in übertriebener Ehrerbietung,<br />

zusammen)<br />

Die Genossen<br />

Gegrüßet seist du, Sohn des Helios!<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

Ach, das ist´s, was euch juckt ...? Beleidigt ihr<br />

darum die Mutter? Wo sind die angelernten<br />

vornehmen Sitten? Kneift euch der schwarze<br />

Hass die Sonnenstrahlen ab? Nun, wollt ihr mich<br />

verhöhnen, wie? – Ach, Freunde, trinkt mit uns<br />

wie altgewohnt den Becher in heiterer Runde –<br />

mehr nicht! Was wollt ihr noch?<br />

Zelot<br />

Wie – das errätst du immer noch nicht? Wir<br />

wollen dir huldigen, dir die Knie umfangen, dich<br />

bitten, uns bei den Kampfspielen den Sieg vom<br />

Throne d<strong>ein</strong>es Vaters zu erbitten! Wir ehren<br />

dich, wir wollen jetzt von dir lernen, wie man<br />

Helios verehrt, wenn man verschwitzt im<br />

Schatten dörrt und flucht!<br />

(Gelächter der fünf)<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

Das wollt ihr wissen?<br />

Zelot<br />

Ja, erhab´ner Meister! Sagst du´s uns?<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

Warum denn nicht? Ei, geht doch selbst zur<br />

Sonnenburg des Gottes Helios, erfragt bei ihm,<br />

wie man die allgefällige Demut lernt! Denn was<br />

ich euch zu sagen hatte, habt ihr mir seit jeher<br />

verübelt und als unbequem oder knechtisch<br />

verhöhnt. Nun fragt ihr mich als Sohn des<br />

Gottes, aber habe ich ihn vorher gefragt? Ich<br />

weiß es, was ich weiß, aus m<strong>ein</strong>em Herzen, und<br />

m<strong>ein</strong>e Schwestern prüfen, ob es gut gesonnen ist.<br />

Von Helios weiß ich, wie ihr, von frommen<br />

Gerüchten. Das half mir wenig, und es wird auch<br />

euch nichts nützen.<br />

Philotinos<br />

So denkst du nicht – das redet d<strong>ein</strong>e Zunge!<br />

Warum hängt sich Philos an dich wie <strong>ein</strong>e<br />

Klette? Was weiß – was ahnt er mehr als wir?<br />

Apolausis<br />

Hast du nicht bei manchem Gastmahl von<br />

unserer Tafel ohne Murren alle Genüsse<br />

bekommen? Vergisst du d<strong>ein</strong>e Freunde so<br />

schnell, dass du dich nicht <strong>ein</strong>mal scheust, sie<br />

dem Geschwätz unerzogener Weiber auszusetzen?<br />

N<strong>ein</strong>, du hast die Hand geschlagen, die<br />

dir den W<strong>ein</strong>kelch darreichte, und d<strong>ein</strong>e Ohren<br />

verstopftest du vor dem freundlichen Gesang<br />

d<strong>ein</strong>er Freunde. Du bist <strong>ein</strong> Verräter der Tafel,<br />

der Sitten und Gebräuche d<strong>ein</strong>es Volkes, und du<br />

hast sogar geduldet, dass man zwei ehrfürchtig<br />

Bittende mit dem Schwerte aus dem Hause<br />

d<strong>ein</strong>er Mutter vertrieben hat. Pfui, <strong>Phaethon</strong>,<br />

Helios´ Sohn! Zeige uns durch <strong>ein</strong>e veränderte<br />

Lebensart, dass wir Unrecht haben sollen, sonst<br />

machen wir dich zum Gespött ganz<br />

Griechenlands!<br />

<strong>Phaethon</strong><br />

(nach <strong>ein</strong>igem Besinnen)<br />

Es nützt wohl nichts, wenn ich den Sachverhalt<br />

richtig stelle und den Missverständnissen<br />

entgegentrete. Ihr wollt ja nicht verstehen,<br />

sondern ihr wollt Rache! Ihr stellt mir<br />

Forderungen? -–Gut denn: Auch ich werde<br />

<strong>ein</strong>em jeden von euch den Weg weisen, den er

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