Phaethon - ein dramatisches Gedicht - Gerhard Grabbe
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Glaukos<br />
(zornig)<br />
Treibt ja nicht euren Schabernack mit <strong>ein</strong>em<br />
Boten fremder Welten! Ich weiß gut, was du mir<br />
sagen möchtest, aber hüte dich, mich zu<br />
verspotten!<br />
Klymene<br />
Dryade scherzt – die Natur des Kindes ist leicht<br />
wie <strong>ein</strong> Vogel, aber beständig wie die<br />
Jahreszeiten.<br />
Glaukos<br />
Die Namen d<strong>ein</strong>er Kind sind so hübsch wie ihre<br />
Stimmen: Sie gleichen denen der Nymphen!<br />
Najade<br />
Kennst du ihre Stimmen?<br />
Glaukos<br />
Wüsstest du <strong>ein</strong>en besseren Vergleich, schönes<br />
Kind?<br />
(<strong>Phaethon</strong>, Philos und Klymene wechseln<br />
anerkennende Blicke)<br />
Philos<br />
Du bist <strong>ein</strong> Menschenkenner, Glaukos, und man<br />
soll nicht sagen, du seiest blind. Was führt dich<br />
hierher? Willst du wissen, wo du jenen Mann<br />
finden kannst? Ich fürchte, wir wissen es auch<br />
nicht.<br />
Glaukos<br />
(hörbar Obst verzehrend, den Rest achtlos um<br />
sich streuend)<br />
Mir sagte das im Traum <strong>ein</strong>e liebliche Stimme.<br />
Hierbei erfuhr ich auch den Namen des Mannes.<br />
Klymene<br />
Ist er denn für uns so wichtig?<br />
(aufmerksam)<br />
Glaukos<br />
Der Name war verschlüsselt. Aus <strong>ein</strong>igen<br />
Eigenschaften s<strong>ein</strong>es Aussehens und s<strong>ein</strong>es<br />
Charakters ist er jedoch leicht zu erraten.<br />
Klymene<br />
So frage – sag´ uns, was du weißt! Doch n<strong>ein</strong> –<br />
beschreibe uns den Menschen, denn ich ahne: Du<br />
fragst nicht umsonst zuerst bei uns an!<br />
Glaukos<br />
(listig)<br />
Du hast mich gut verstanden, auch wenn du nur<br />
zu ahnen sch<strong>ein</strong>st.<br />
Philos<br />
Mich dünkt, d<strong>ein</strong> Rätsel gibst du nur unter<br />
gewissen Bedingungen preis?<br />
Glaukos<br />
Nun, so sehr sind diese nicht für mich bindend.<br />
In jedem Haus der Stadt könnte ich zu fragen<br />
anfangen; so erführe <strong>ein</strong> jeder <strong>ein</strong> bisschen mehr<br />
über die Wahrheit, bis ich am Ende die ganze<br />
Stadt davon in Aufruhr versetzt hätte -: dass ich<br />
Helios´ Sohn suche.<br />
(Klymene springt auf, die Nymphen weichen<br />
zurück)<br />
Klymene<br />
Helios´ Sohn, sagst du – in unserer Stadt?<br />
Nereide<br />
Sag´, Glaukos, warum kommst du uns zuerst<br />
damit?<br />
Glaukos<br />
Ich denke, wir sind des Rätsels Lösung hier am<br />
nächsten?<br />
Klymene<br />
(außer sich)<br />
Genug! Was auch d<strong>ein</strong> Gesicht sagen mag,<br />
Fremder, es ist nicht nötig, es jetzt und hier zu<br />
offenbaren! Ich bitte dich, es mir heute abend<br />
zuerst und all<strong>ein</strong> anzuvertrauen. Denn ich habe<br />
Grund genug, alle unnötige Unruhe, alle<br />
widersprüchlichen Gerüchte m<strong>ein</strong>em hause<br />
fernzuhalten, bevor ich sie nicht selber geprüft<br />
habe.<br />
Nereide<br />
Recht, Mutter! Mich lockt auch nicht s<strong>ein</strong>e<br />
Neuigkeit, sondern mich fesselten vielmehr die<br />
näheren Umstände, wie du´s erfuhrest, Glaukos.<br />
Glaukos<br />
Sagte ich nicht: Unter Bäumen im<br />
Mittagsschlafe?<br />
Dryade<br />
Schien auch dort nicht die Sonne heiß durch die<br />
Blätter?<br />
Dryade!<br />
Klymene<br />
Dryade<br />
Sag´ doch selbst, Najade: Verwechselt man nicht<br />
leicht im Halbschlafe das Plätschern des<br />
Wassers, das Glucksen der munteren Quelle mit<br />
dem Raunen und Wispern sich neckender<br />
Nymphen?<br />
Najade<br />
Schon mancher Wanderer glaubte zu hören –<br />
Glaukos<br />
- vergebens, liebe Mädchen: Das hörte ich<br />
genau, was da zu mir gesprochen wurde.