Phaethon - ein dramatisches Gedicht - Gerhard Grabbe
Phaethon - ein dramatisches Gedicht - Gerhard Grabbe
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<strong>Phaethon</strong><br />
Ihr Wesen lenkt mich auf andere,<br />
gleichbedeutende Pfade des Denkens als d<strong>ein</strong>es.<br />
Beide sind mir gleich wichtig.<br />
Klymene<br />
Eigentlich ist er untadelig und hört gern auf uns.<br />
Sich jedoch zu schützen, und dies all<strong>ein</strong> aus<br />
Notwehr, sch<strong>ein</strong>t er selten in Erwägung zu<br />
ziehen. Sorglos lässt er sich fordern, als wisse er,<br />
wie wohl ihm das Schicksal gesonnen ist.<br />
Philos<br />
(<strong>Phaethon</strong>s verwundete Hand heben):<br />
Natürlich: Von dorther rührt diese Wunde, nicht<br />
vom Übermut!<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Im Spiel doch nur!<br />
Darf ich´s sehen?<br />
Klymene<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Lass´ nur! Ich möchte den Schwestern damit<br />
noch <strong>ein</strong>en leichten Schrecken <strong>ein</strong>jagen.<br />
Quäl´ Echo nicht!<br />
Klymene<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
An sie habe ich dabei nicht gedacht. Aber du<br />
weißt ja auch, dass sie sich nicht zu entsetzen<br />
braucht.<br />
Klymene<br />
Nun gut: Entziehe dich den Schönen nur ja nicht!<br />
Lass´ dich <strong>ein</strong> bisschen bedauern – die Männer<br />
brauchen das offenbar!<br />
Dritter Auftritt<br />
(Die Nymphen treten auf, in abwartender<br />
Entfernung Philos aufmerksam betrachtend)<br />
Klymene<br />
Kommt, Töchter, dies ist Philos, von dem auch<br />
<strong>Phaethon</strong> nur Gutes versprach!<br />
Philos<br />
(ehrerbietig)<br />
Auf Anmut war ich zwar gefasst, nicht aber auf<br />
soviel Schönheit, <strong>Phaethon</strong>!<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
Sie ist der Wirkstoff m<strong>ein</strong>er selbstgenügsamen<br />
Jugend.<br />
Philos<br />
Gern glaub´ ich´s!<br />
(all<strong>ein</strong> zu <strong>Phaethon</strong> gesprochen):<br />
Ihre Augen forschen auf sonderbar <strong>ein</strong>dringliche<br />
Weise in m<strong>ein</strong>em Herzen. Von solchen Blicken<br />
werde ich zu mir selbst erhoben. – Verzeih, wenn<br />
ich mich gewöhnen muss!<br />
(Er lehnt sich, tief betroffen, an des Freundes<br />
Schulter)<br />
Was ist dir, Philos?<br />
<strong>Phaethon</strong><br />
(bewegt)<br />
Philos<br />
Ich sagte es doch: In diesen Augen sticht k<strong>ein</strong><br />
Berechnen, flackert k<strong>ein</strong> Falsch, - klar sind sie,<br />
auf unaussprechliche Weise klar! Es rüttelt an<br />
den Pforten m<strong>ein</strong>er Seele – ich erfuhr dies<br />
nirgendwo – ich fürchte, es gilt k<strong>ein</strong><br />
Entkommen!<br />
Oreade<br />
(auf ihn zuschreitend)<br />
Wer so fühlt, ist auch unser Freund. Sind wir<br />
denn nicht <strong>ein</strong>ander nahe?<br />
Philos<br />
Sch<strong>ein</strong>t es jetzt doch, dass ich aus Eigennutz<br />
eures Bruders Freund s<strong>ein</strong> könnte! S<strong>ein</strong> Wesen<br />
ist es ja, von euch umsegnet, das ihn mir<br />
unersetzlich macht!<br />
Nereide<br />
Gib uns die Hand und nimm uns als Menschen –<br />
nicht doch als Götter!<br />
(die Hand ihm reichend)<br />
Philos<br />
Dies macht es mir noch schwerer!<br />
Oreade<br />
Du bist <strong>ein</strong> Teil auch unseres Lebens, Philos!<br />
Gibst du uns Treue, geben wir dir Ruhe!<br />
Philos<br />
Noch wagte ich, <strong>Phaethon</strong> zu befragen, was ihn<br />
anders machte. Jetzt sehe ich die Kluft zwischen<br />
uns ganz deutlich.<br />
Najade<br />
Warum diese Schwermut? – Schwestern, ihr sehr<br />
ja selbst: Wir begegnen den Menschen viel zu<br />
ernst!<br />
Dryade<br />
Wir hätten ihn zuvor <strong>ein</strong> wenig necken sollen.<br />
Nereide<br />
Wo je der Mensch auf der Suche ist, den<br />
Menschen zu begreifen, sollten die Possen<br />
fehlen. Nur Gottlose wagen es, dem Ernst zu<br />
spotten.<br />
Dryade