Mobile Pflege und Betreuung - Arbeitsinspektion
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Wissenswertes zum Leitfaden<br />
Arbeit, denen sich ArbeitgeberInnen <strong>und</strong>/oder ArbeitnehmerInnen stellen<br />
müssen <strong>und</strong> die auch an die <strong>Arbeitsinspektion</strong> vermehrt herangetragen<br />
wurden.<br />
1.4 <strong>Mobile</strong> <strong>Pflege</strong> <strong>und</strong> <strong>Betreuung</strong> – "Frauenarbeit"?<br />
Die Trennung in vermeintlich "typische" Berufsfelder von Frauen bzw. von<br />
Männern scheint in manchen Arbeitsmarktbereichen unumkehrbar zu sein:<br />
Auch wenn inzwischen einzelne Männer im <strong>Pflege</strong>bereich tätig sind, ist die<br />
mobile <strong>Pflege</strong> <strong>und</strong> <strong>Betreuung</strong> weiterhin überwiegend frauendominiert. Allerdings<br />
sind "Frauenberufe" immer noch mit Benachteiligungen bei Berufsimage,<br />
Einkommen <strong>und</strong> Aufstiegsmöglichkeiten verb<strong>und</strong>en, die<br />
offenbar nur langfristig zum Besseren gekehrt werden können. Erst in den<br />
letzten Jahren ist das Hinterfragen von Rollenzuschreibungen, die sich<br />
auch am Arbeitsplatz <strong>und</strong> in der Bewertung von Berufen negativ auswirken,<br />
stärker in den Mittelpunkt gerückt. Das gilt auch für die bislang oft<br />
fehlende Aufmerksamkeit für Sicherheits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsrisiken, die mit<br />
Arbeiten verb<strong>und</strong>en sind, die häufiger von Frauen durchgeführt werden,<br />
wie etwa in den <strong>Pflege</strong>berufen.<br />
Bereits durch die Auseinandersetzung mit der Situation des Arbeitsschutzes<br />
bei der mobilen <strong>Pflege</strong> <strong>und</strong> <strong>Betreuung</strong> werden - zumindest implizit -<br />
auch Gender- <strong>und</strong> Diversity-Aspekte angesprochen: Mit dem "in den Blickpunkt<br />
stellen" einer Branche, in der überwiegend Frauen tätig sind, <strong>und</strong><br />
dem "genauer Hinschauen" auf die Arbeitsbedingungen aller Beschäftigten<br />
gehen meist automatisch Fragen nach Wertschätzung der Arbeit, Ressourcenverteilung,<br />
nach Handlungsspielräumen <strong>und</strong> Entwicklungsmöglichkeiten,<br />
Geschlechterverhältnissen, Rollenzuschreibungen <strong>und</strong> der<br />
Einbeziehung in Fragen des ArbeitnehmerInnenschutzes einher. Manchmal<br />
geben Prioritätensetzungen, die im Dreieck Trägerorganisation - betreute<br />
Personen - ArbeitnehmerInnen erforderlich werden auch Aufschluss<br />
darüber, welcher Stellenwert den Leistungen <strong>und</strong> Bedürfnissen der meist<br />
weiblichen Beschäftigten beigemessen wird – nach außen z.B. gegenüber<br />
K<strong>und</strong>Innen, innerbetrieblich bei Einbeziehung in arbeitsschutzrelevante<br />
Entscheidungen, "Arbeit unterwegs" im Vergleich zu "stationären" Arbeitsbedingungen<br />
am Unternehmenssitz oder in den Stützpunkten.<br />
Vielleicht arbeiten die Beschäftigten in der mobilen <strong>Pflege</strong> <strong>und</strong> <strong>Betreuung</strong><br />
nicht ganz so "unsichtbar" wie in der ebenfalls frauendominierten Reinigungsbranche<br />
– die gesellschaftliche Wahrnehmung <strong>und</strong> Anerkennung,<br />
die diese Tätigkeit verdienen würde, wird ihnen jedenfalls bisher ebenfalls<br />
nicht zu Teil. Typisch für die "Unsichtbarkeit" ist auch das Fehlen von genauen<br />
Zahlenangaben, wie viele Menschen tatsächlich in der mobilen<br />
<strong>Pflege</strong> <strong>und</strong> <strong>Betreuung</strong> wie beschäftigt sind. Das mag einerseits an Definitionsschwierigkeiten<br />
der Tätigkeit "mobile <strong>Pflege</strong> <strong>und</strong> <strong>Betreuung</strong>" liegen <strong>und</strong><br />
an der länderweise sehr unterschiedlichen Struktur der Branche – wohl<br />
aber nicht ausschließlich. Bekannt ist: Etwa 97 % der Beschäftigten sind<br />
weiblich, über 80 % arbeiten in Teilzeit. Der Anteil der männlichen Beschäftigten<br />
ist im Steigen begriffen, besonders in den besser bezahlten<br />
Bereichen der DGKS/P <strong>und</strong> der <strong>Pflege</strong>helferInnen. In diesen Bereichen ist<br />
auch die Fluktuation mit 20 % (aufwärts) am höchsten. Besonders in Ballungsräumen<br />
ist auch der Anteil von ArbeitnehmerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
sehr hoch (z.B. Wien: etwa 70 %). Auffallend sind deren<br />
überdurchschnittlichen Sprachkenntnisse <strong>und</strong> die oftmalige (meist branchenfremde)<br />
Überqualifizierung - Kompetenzen, die bei der Arbeit kaum<br />
entsprechend eingesetzt werden können oder honoriert werden.<br />
Die Branche wächst nicht nur – sie verändert sich auch laufend. Einerseits<br />
durch Hinzunahme neuer Aufgaben, höheren Qualitätsstandards (in Service<br />
<strong>und</strong> Ausbildung), andererseits auch durch den "demographischen<br />
Wandel" der eigenen Belegschaft. Diese wird zunehmend jünger: Während<br />
vor etwa 15 - 20 Jahren noch viele Arbeitnehmerinnen nach der "Kinderpause"<br />
Tätigkeiten in der mobilen <strong>Pflege</strong> <strong>und</strong> <strong>Betreuung</strong> annahmen, oft<br />
auch um Pensionsansprüche zu erlangen, so sind es nun vermehrt jüngere<br />
Arbeitnehmerinnen, häufig Alleinerziehende, die sich durch die Möglichkeit<br />
einer Teilzeitbeschäftigung bessere Vereinbarkeit von Beruf <strong>und</strong><br />
Familie erwarten. Diese Erwartung wird durch die Realität in der mobilen<br />
<strong>Pflege</strong> <strong>und</strong> <strong>Betreuung</strong> - häufige <strong>und</strong> kurzfristige Änderungen des Dienstplans<br />
gehören zum Alltag - oft nicht erfüllt <strong>und</strong> führt zu zusätzlichen Belastungen<br />
der Beschäftigten. Durch diese Änderung in der Altersstruktur der<br />
Beschäftigten treten auch vermehrt Probleme mit der Einhaltung von Mutterschutzbestimmungen<br />
auf, weil Ersatzarbeitsplätze oft nicht zur Verfügung<br />
stehen.<br />
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