eb - Elektrische Bahnen Axel Schuppe, Verband der Bahnindustrie (Vorschau)
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Forum Fokus<br />
und verlangt vom Bund, sich bei <strong>der</strong> Elektrifizierung<br />
des Bundesschienennetzes ein Ziel zu setzen,<br />
zum Beispiel mindestens 70 % bis zum Jahr 2020.<br />
Eine Energiewende sei ohne Verkehrswende nicht<br />
möglich; mit dem Ziel <strong>der</strong> Bundesregierung, bis<br />
2020 rund eine Million Elektroautos zu haben,<br />
werde eine solche Wende nicht zu erreichen sein:<br />
Trotz massiver Subventionen seien bis Ende 2011<br />
nur 4 150 Elektro-Autos in Deutschland unterwegs<br />
gewesen, während auf <strong>der</strong> Schiene bereits 90 %<br />
<strong>der</strong> Verkehrsleistung elektrisch erbracht würden.<br />
Trotz <strong>der</strong> offenkundigen Umwelt- und Attraktivitätsvorteile<br />
würden wichtige Bahnelektrifizierungsprojekte<br />
aus Geldmangel immer wie<strong>der</strong> hinaus<br />
geschoben, beispielsweise für die Strecken Hof –<br />
Regensburg, Chemnitz – Leipzig und Dresden –<br />
Görlitz.<br />
So gut und richtig alle Argumente auch sind und<br />
so sehr <strong>der</strong> Berichter auch befangen ist – man muss<br />
lei<strong>der</strong> die Realitäten sehen: Die Streckenausrüstungen<br />
für elektrischen Betri<strong>eb</strong> kosten viel Geld, und<br />
das ist <strong>der</strong>zeit und mittelfristig knapp o<strong>der</strong> einfach<br />
nicht da. Pauschal bedeuten die genannten Zahlen<br />
ja zunächst, dass in Deutschland auf 40 % des Streckennetzes<br />
nicht nur 10 %, son<strong>der</strong>n noch weniger<br />
<strong>der</strong> Betri<strong>eb</strong>sleistung erbracht werden; in manchem<br />
Produktionsbetri<strong>eb</strong> würde das die Controller elektrisieren.<br />
Zum Glück wird die Vorhaltung dieser rund<br />
13 000 km Strecken nicht mehr rein betri<strong>eb</strong>swirtschaftlich,<br />
son<strong>der</strong>n auch politisch entschieden. Und<br />
was die Pauschalwerte in <strong>der</strong> Tabelle betrifft: Einerseits<br />
die beiden Spitzenreiter und an<strong>der</strong>erseits zumindest<br />
Schweden und Spanien haben völlig an<strong>der</strong>e<br />
Siedlungs- und demnach Verkehrsstrukturen. Außerdem<br />
sagen solche Prozentzahlen nichts darüber aus,<br />
ob und wo man das N<strong>eb</strong>enstreckennetz schon heftig<br />
ausgedünnt hat.<br />
Im Übrigen ist es auch nicht so, dass in Deutschland<br />
überhaupt keine Strecken mehr elektrifiziert<br />
würden (Tabelle 2) o<strong>der</strong> dass man sich darüber keine<br />
Gedanken machen würde (Tabelle 4 in [1]).<br />
Nicht angesprochen hat die Allianz, dass von<br />
den 10 % nicht-elektrisch erbrachten Betri<strong>eb</strong>sleistungen<br />
geschätzt in <strong>der</strong> Summe ein Fünftel, vielleicht<br />
sogar ein Viertel auf elektrifizierten Strecken<br />
läuft, in Einzelfällen sogar die ganze Leistung. Was<br />
in diesen Fällen allein an Energierückgewinn-Potenzial<br />
verschenkt wird, verdeutlicht Bild 1 mit den<br />
geschätzt 700 t Gesamtmasse. Beispiele gibt es zuhauf,<br />
das in Bild 2 gezeigte und beschri<strong>eb</strong>ene ist ein<br />
Extrem-, aber kein Einzelfall: Die durchgehenden<br />
RegionalExpress <strong>der</strong> Relation Saarbrücken – Frankfurt<br />
(Main) Hbf fahren von ihrem 205 km langen<br />
Laufweg über die Nah<strong>eb</strong>ahn und Mainz 110 km<br />
gleichfalls als Dieseltri<strong>eb</strong>züge 612 unter Fahrdraht,<br />
noch dazu durch den Tiefbahnhof Frankfurt (Main)<br />
Flughafen.<br />
Vielerorts erfor<strong>der</strong>n Lückenschlüsse auch n<strong>eb</strong>en<br />
<strong>der</strong> Streckenausrüstung nur marginale Ergänzungen<br />
bei <strong>der</strong> <strong>Bahnen</strong>ergieversorgung. Ein klassisches Beispiel<br />
wie<strong>der</strong>um aus Rheinland-Pfalz: Die vorhandenen<br />
Unterwerke Bingen und Kaiserslautern können<br />
die knapp 70 km lange Alsenzbahn Bingen – Bad<br />
Kreuznach – Hochspeyer bei den <strong>der</strong>zeitigen Betri<strong>eb</strong>sleistungen<br />
locker mitversorgen. Und wenn, wie<br />
Bild 1:<br />
Diesellokomotive 233 vor schwerem Ganzzug auf elektrifizierter Frankenwald-Nordrampe,<br />
hier auf Taugwitztalbrücke in 27 ‰ Steigung, ab Steinbach<br />
am Wald gleich starkes Gefälle (Foto: Ulrich Winkler, Juni 2012).<br />
Bild 2:<br />
Dieseltri<strong>eb</strong>zug 612 als RegionalExpress auf elektrifizierter Frankenwald- und<br />
Saalbahn in <strong>der</strong> Relation Lichtenfels – Jena 200 km mit bei<strong>der</strong>seitigen Rampe<br />
bis 27 ‰ Steigung und Gefälle, hier bei Etzelbach (Foto: Jochen Schmidt,<br />
Januar 2012).<br />
Bild 3:<br />
Akkumlatordoppeltri<strong>eb</strong>wagen Bauart AT 3, Baujahre 1908 bis 1911, nach<br />
1950 Umbau bei <strong>der</strong> DB zu Baureihe ETA 180, letzte Ausmusterung 1962<br />
(Sammlung Rossberg).<br />
111 (2013) Heft 1<br />
25