eb - Elektrische Bahnen Axel Schuppe, Verband der Bahnindustrie (Vorschau)
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Standpunkt<br />
An<strong>der</strong>thalb Jahre „Handbuch Eisenbahnfahrzeuge“<br />
– Quo Vadis?<br />
D<br />
ie wichtigsten Regeln des „Handbuches<br />
Eisenbahnfahrzeuge“ zur Neureglung<br />
<strong>der</strong> Zulassungsprozesse für<br />
Bahntechnik in Deutschland haben am<br />
23. November 2012 als Verordnung die<br />
Zustimmung des Deutschen Bundesrates erhalten.<br />
Sie bekommen nun Gesetzeskraft. Damit ist ein<br />
erster Schritt getan, um das Tor zu einer neuen<br />
Zulassungspraxis für Bahntechnik in Deutschland<br />
aufzustoßen. Verlässliche Zulassungsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
bei technischen Nachweisen sowie Serien- und<br />
Plattformzulassung von Schienenfahrzeugen sollen<br />
nun endlich für Planungssicherheit sorgen. Es ist zu<br />
hoffen, dass diese Verfahren zu erh<strong>eb</strong>lichen Vereinfachungen<br />
führen. Das ist auch wichtiger denn je.<br />
Denn <strong>der</strong> behördlich organisierte Zulassungsprozess<br />
hält mit dem sich dynamisch entwickelnden<br />
Markt für Bahntechnik längst nicht mehr Schritt. Ein<br />
Flaschenhals ist entstanden, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Wettbewerbsfähigkeit<br />
des Eisenbahnsystems schadet.<br />
Mit dem Dialog zum „Handbuch Eisenbahnfahrzeuge“<br />
hat <strong>der</strong> Eisenbahnsektor in Deutschland<br />
einen vorsichtigen Kulturwandel begonnen, <strong>der</strong> sich<br />
jetzt auch dringend in <strong>der</strong> täglichen Praxis durchsetzen<br />
muss. Die Umsetzung des „Handbuches<br />
Eisenbahnfahrzeuge“ kann aus Sicht des Eisenbahnsektors<br />
jedoch nur ein erster Schritt in die richtige<br />
Richtung sein. Weitere müssen folgen. Die Leitlinien<br />
dafür gibt Europa schon seit 2008 mit <strong>der</strong> sogenannten<br />
Interoperabilitätsrichtlinie 2008/57/EG vor.<br />
Deren Ausgestaltung in Deutschland bietet einmalige<br />
Chancen für eine effektive und angemessene<br />
Reform unseres Zulassungswesens.<br />
Das Niveau <strong>der</strong> Sicherheit des Eisenbahnverkehrs<br />
und <strong>der</strong> eingesetzten Technik in Deutschland ist anerkannt<br />
sehr hoch. Daran hat die <strong>Bahnindustrie</strong> auch<br />
für die Zukunft ein ureigenes Interesse. Doch brauchen<br />
wir mo<strong>der</strong>ne Wege, auf denen die Sicherheit<br />
des Schienenverkehrs künftig erreicht werden kann.<br />
So muss die Verantwortung für sichere Bahntechnik<br />
durch die Weiterentwicklung <strong>der</strong> Rollen von Betreibern,<br />
Herstellern, Behörden und Prüfeinrichtungen<br />
auf eine breitere Basis gestellt werden.<br />
Die Europäische Kommission hat diese<br />
Neuordnung bereits in ihrer Richtlinie<br />
vorausschauend angelegt. Sie bietet<br />
auch die Chance, die Zulassungsprozesse<br />
durch den Einsatz von privatrechtlich<br />
organisierten Prüforganisationen<br />
zu beschleunigen und gleichzeitig die<br />
Aufgaben des Eisenbahn-Bundesamtes<br />
auf Prozessüberwachung und eisenbahnrechtliche<br />
Aufsicht zu konzentrieren. Der<br />
Luftfahrtsektor gilt hier als Vorbild, in dem<br />
Prüforganisationen und Flugzeughersteller<br />
deutlich stärker in den Prüfprozess einbezogen<br />
sind.<br />
Zur Umsetzung <strong>der</strong> Richtlinie sind<br />
nicht nur weitere Anpassungen auf dem<br />
Verordnungsweg notwendig, son<strong>der</strong>n auch eine<br />
Än<strong>der</strong>ung des Eisenbahngesetzes. Damit käme die<br />
Bundesrepublik Deutschland auch ihrer Verpflichtung<br />
zur Umsetzung <strong>der</strong> europäischen Richtlinie<br />
nach. Um frühzeitig Rechtssicherheit für alle Beteiligten<br />
im Sektor herzustellen, benötigen wir so schnell<br />
wie möglich einen konsensfähigen Gesetzentwurf.<br />
In einer Übergangszeit könnten wichtige Reformimpulse<br />
bereits von einer Vorwegnahme wichtiger<br />
Regelungen des künftigen Modells ausgehen. Es<br />
setzt das Zusammenwirken aller Beteiligten für ein<br />
schienenverkehrsfreundliches Leitbild voraus: Sicherheit<br />
auf bewährtem Niveau und Wirtschaftlichkeit<br />
durch deutliche Beschleunigung des Zulassungsverfahrens.<br />
Dafür wünschen wir uns eine klare<br />
Weichen stellung durch den Bundesverkehrsminister.<br />
Ihr<br />
<strong>Axel</strong> <strong>Schuppe</strong><br />
Geschäftsführer<br />
<strong>Verband</strong> <strong>der</strong> <strong>Bahnindustrie</strong> in Deutschland (VDB) e.V.<br />
111 (2013) Heft 1<br />
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