BAHN EXTRA ICE: Superzug mit Schattenseiten (Vorschau)
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Einsatz<br />
allem auch die Besetzung des Wagens. Gilt in<br />
Frankreich für die TGV eine Reservierungspflicht<br />
und da<strong>mit</strong> auch eine ziemlich genau definierte<br />
„Höchstlast“ an Abluft, Feuchtigkeit<br />
(Schweiß) etc., so fahren deutsche <strong>ICE</strong> schon<br />
mal zu 200 oder 250 Prozent besetzt. Inwieweit<br />
die Klimaanlagen für solche Lasten ausgelegt<br />
sind? Das ist eine Frage, die sich von außen<br />
kaum beantworten lässt.<br />
In anderer Hinsicht hat die DB inzwischen<br />
reagiert: Der Wartung der Klimaanlagen gilt<br />
nun verstärktes Augenmerk – das war vorher<br />
nicht immer so –, außerdem gibt es klare Regelungen,<br />
wie Reisende bei Ausfall einer Kli-<br />
maanlage im Zug „zu lenken“ sind. Sprich, wie<br />
das Zugpersonal sie aus dem Wagen <strong>mit</strong> der<br />
defekten Klimaanlage in andere Wagen überleiten<br />
soll. Schlimmstenfalls könnte es passieren,<br />
dass ein Zug geräumt wird oder ausfällt.<br />
In den Sommern nach 2010 stellten sich<br />
bislang keine großen Hitzewellen ein, welche<br />
die Klimaanlagen der <strong>ICE</strong>-Züge an ihre Kapazitätsgrenzen<br />
bringen konnten. Aber wie gesagt:<br />
Der nächste Sommer steht bevor. Wenn<br />
es dann hohe Temperaturen gibt, könnten den<br />
<strong>ICE</strong>-Zügen, ihren Klimaanlagen und ihren<br />
Reisenden neue Schwierigkeiten drohen.<br />
Die Bestandteile eines Radsatzes und die möglichen kritischen Bereiche Slg. Dr. Stefan Vockrodt<br />
Die Lebensdauer einer Radsatzwelle im Überblick Slg. Dr. Stefan Vockrodt, Uwe Miethe (Bild u.)<br />
Das Problem der Radsatzwellen<br />
Daneben begleitete noch ein anderes Problem<br />
in den letzten Jahren den <strong>ICE</strong>-Betrieb: schadhafte<br />
Radsatzwellen. Hier war die DB nach<br />
den Erfahrungen <strong>mit</strong> den <strong>ICE</strong> 1 und <strong>ICE</strong> 2<br />
neue Wege gegangen. Um weiteres Gewicht zu<br />
sparen, wurden die Radsatzwellen der <strong>ICE</strong> 3<br />
aus einer anderen Stahllegierung gefertigt, die<br />
eine insgesamt dünnere und leichtere Bauart<br />
ermöglichte. Da man sich hier wiederum in<br />
technischen Grenzbereichen bewegt, wurde<br />
dies von der DB ausgiebig getestet.<br />
Im Mai 2004 fand ein Radsatzaussprachetag<br />
am Fraunhofer Institut für Betriebsfestigkeit<br />
und Systemzuverlässigkeit in Darmstadt<br />
(LBF) statt, dessen Ergebnisse die geltenden<br />
Verfahren in Zweifel zogen. Dies geschah vor<br />
dem Hintergrund einer ganzen Reihe von<br />
Radsatzwellenbrüchen, die vor allem Neigetechnikzüge<br />
betrafen, unter anderem den <strong>ICE</strong>.<br />
Am 2. Dezember 2002 entgleiste ein <strong>ICE</strong>-TD<br />
(605) infolge Radsatzwellenbruchs, kurz darauf<br />
ging die ganze Flotte aus dem Betrieb.<br />
Das Problem dehnte sich aus: Am 9. Juli<br />
2008 entgleiste ein <strong>ICE</strong> 3 (403 x10 „Wolfsburg“)<br />
bei der Ausfahrt aus dem Kölner<br />
Hauptbahnhof infolge einer gebrochenen<br />
Radsatzwelle. Die DB versuchte, dies zunächst<br />
als Einzelfall („Gewaltbruch“) abzutun. Wochenlang<br />
stritt sie <strong>mit</strong> dem EBA vor Gericht.<br />
Als Anfang Oktober 2008 dann Risse an einer<br />
<strong>ICE</strong>-3-Radsatzwelle gefunden wurden, zog<br />
das EBA die Notbremse: Die Inspektionsintervalle,<br />
nach denen die Radsätze auf Risse<br />
überprüft werden müssen, wurden <strong>mit</strong> Anweisung<br />
vom 14. Oktober 2008 drastisch verkürzt.<br />
Statt bisher alle 240.000 Kilometer wurde<br />
nun alle 60.000 Kilometer eine Inspektion<br />
fällig, wenn es sich um Wellen aus dem Werkstoff<br />
A4T handelt, und gar alle 30.000 Kilometer<br />
bei Wellen aus dem Werkstoff 34CrNi-<br />
Mo6. Das führte zu etlichen Abstellungen und<br />
Ausfällen von <strong>ICE</strong>-Zügen bei der DB sowie zu<br />
einem monatelangen, umfangreichen Verkehr<br />
<strong>mit</strong> Ersatzzügen. Die aus dem Stahl 30CrNi-<br />
MoV12 gefertigten Radsatzwellen der <strong>ICE</strong>-T<br />
(Baureihen 411 und 415) müssen seither alle<br />
100.000 Kilometer auf den Prüfstand.<br />
LINKS Zurzeit dürfen die <strong>ICE</strong>-T nur <strong>mit</strong> ausgeschalteter<br />
Neigetechnik fahren (Foto <strong>mit</strong><br />
zwei <strong>ICE</strong>-T der zweiten Serie auf der Strecke<br />
Passau – Nürnberg, August 2010). Der Radsatztausch<br />
ist vorgesehen, eine Zulassung<br />
der Ersatzteile gibt es bis jetzt aber nicht<br />
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