28.04.2014 Aufrufe

Download - Martina Steinkühler

Download - Martina Steinkühler

Download - Martina Steinkühler

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

sich Essen zuzubereiten. Als solches sehen die Pharisäer das Ährenausreißen an. Nicht das Essen,<br />

wohl aber die Zubereitung von Speisen war am Sabbat verboten. In seiner Entgegnung beruft sich<br />

Jesus zunächst auf David. Wer das konnte, durfte sich als hinreichend legitimiert betrachten. In<br />

diesem Fall jedoch ist die Berufung auf David kaum als Rechtfertigung geeignet, da dieser zwar<br />

auch gegen eine religiöse Vorschrift verstoßen hat, aber nicht gegen das Sabbatgebot. Deshalb<br />

trifft Davids Beispiel überhaupt nicht den Vorwurf der Pharisäer. Merkwürdig, dass Jesus das<br />

nicht erkannt haben soll und sich nicht überzeugender zu rechtfertigen versteht. Dann jedoch<br />

setzt er zu einer Erwiderung ganz anderer Art an, die ausdrücklich noch einmal mit einer<br />

eigentlich unnötigen Redeeinführung versehen wird (V. 27). Und diesmal sitzt die Antwort. Jesus<br />

erinnert daran, dass der Sabbat von Gott einst als Ruhetag zum Wohle des Menschen geschaffen<br />

worden ist, die unzähligen Sabbatvorschriften dies jedoch ins Gegenteil zu verkehren drohen und<br />

dass da, wo diese in Widerspruch zu dem Wohl des Menschen geraten, letzteres Vorrang hat.<br />

Was bedeutet dieser Befund für das Verständnis der Geschichte? Aufgrund der Ungereimtheiten<br />

kann sie sich nicht so abgespielt haben, wie sie hier dargestellt wird. Doch worauf es ihr allein<br />

ankommt, ist der Schlusssatz, auf dem wie bei fast allen literarischen Kurzformen das ganze<br />

Gewicht liegt. Diesen markanten Ausspruch Jesu hatte man behalten und weitergesagt, in<br />

Vergessenheit geraten war mit der Zeit dagegen der konkrete Anlass, aus dem Jesus ihn einmal<br />

gesprochen hatte. So erfindet man eine so genannte „ideale Szene“, die sich in diesem Fall<br />

allerdings aufgrund der Unstimmigkeiten als nachträgliche Kontextuierung eines ursprünglich<br />

isoliert überlieferten Ausspruchs Jesu verrät, was die nochmalige Redeeinführung erklärt. Auch<br />

bei anderen Aussprüchen Jesu wird man mit solch einer Einbettung in eine ideale Szene zu<br />

rechnen haben. Und wenn diese gut nachempfunden, d.h. in sich stimmig und plausibel ist, lässt<br />

sie sich kaum als solche entlarven. Doch letztlich spielt es keine Rolle, ob die Szene historisch<br />

oder erfunden ist, da es so oder so allein auf den jeweiligen Ausspruch Jesu am Schluss ankommt<br />

und die Geschichte allein seinetwegen überliefert wird.<br />

Gleichnisse<br />

Ein Gleichnis ist im Grunde nichts anderes als ein längerer Vergleich. Ähnlich wie Metaphern<br />

finden Vergleiche keineswegs nur in literarischen Texten Verwendung, sondern mindestens<br />

ebenso häufig in der Alltagssprache. Sie machen einen Sachverhalt anschaulich und dadurch<br />

leichter verständlich. Die uns vertraute Vorstellung, dass Gleichnisse ausgelegt werden müssen,<br />

ist eigentlich widersinnig, da sie ja gewissermaßen selbst Auslegung sind. Warum wir uns bei den<br />

biblischen Gleichnissen gleichwohl in dieser paradoxen Lage befinden, soll anhand eines<br />

Doppelgleichnisses aus dem Sondergut des Matthäusevangeliums erklärt werden.<br />

Die Gleichnisse vom Schatz im Acker und von der Perle (Mt 13,44-46)<br />

44 Das Reich der Himmel ist gleich einem im Acker verborgenen Schatz, den ein Mensch fand und [wieder]<br />

verbarg. Und in seiner Freude geht er hin und verkauft alles, was er hat, und kauft jenen Acker.<br />

45 Wiederum ist das Reich der Himmel gleich einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. 46 Als er aber<br />

eine kostbare Perle gefunden hatte, ging er hin, verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.<br />

Die Ähnlichkeit beider Gleichnisse, die Matthäus veranlasst haben dürfte, sie zusammenzustellen,<br />

lässt vermuten, dass sie dieselbe Eigenschaft des Reichs der Himmel verdeutlichen sollen. Bei<br />

genauem Hinsehen kann man jedoch Unterschiede in ihrer Anlage erkennen. Wird im ersten<br />

Gleichnis das Reich der Himmel mit einem im Acker verborgenen Schatz verglichen, so im<br />

zweiten mit einem Kaufmann, obwohl eigentlich die Perle dem Schatz entspricht und der<br />

Kaufmann dem Menschen im ersten Gleichnis. Will man trotz dieser Asymmetrie daran<br />

31

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!