Download - Martina Steinkühler
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des Abendmahls. Stattdessen hat er Geschichten erzählt, in denen häufig nicht einmal<br />
ausdrücklich von Gott die Rede ist, die aber den Leuten aus der Seele sprachen.<br />
Von Jesus kann man lernen, wie wichtig einfache Geschichten sind, die davon handeln, was in<br />
anderen vorgeht. Und wie einfühlsam, wie begleitend man sein muss, um einem Menschen näher<br />
zu kommen.<br />
Jeder, der es in unseren Breiten mit jungen Menschen zu tun hat, weiß oder sollte es zumindest<br />
wissen, dass ein nicht geringer Teil unserer Schüler und Schülerinnen Problemen und Konflikte<br />
mit sich herumtragen und mit in den Unterricht bringen, das heißt: seelisch Leidende sind. Wenn<br />
das so ist, dann brauchen wir eine Art von Seelsorge, auch von Religionsunterricht, wo man<br />
aussprechen kann, am besten möglicherweise zunächst auf dem Umweg einer dritten Person, was<br />
in einem vorgeht; was einem beunruhigt und ängstigt, womit man nicht fertig geworden ist, was<br />
einem vielleicht schon seit Kindertagen schwer wie Blei auf der Seele liegt und die individuelle<br />
Entfaltung behindert.<br />
Die Jugendlichen, die mir begegnen, sind sensibel für menschliches Durcheinander, für<br />
Verletzungen, Störungen, verinnerliche Formen von Angst und für Vergewaltigungen, und zeigen<br />
in persönlichen Gesprächen ein großes Bemühen, ehrlich gegenüber sich selber zu sein. Mit<br />
Menschen, die so offen sind, möchte ich auf die Suche gehen nach Wahrheit, die vielfältiger ist als<br />
ein paar Fakten und Bibelstellen.<br />
Religion hat den Sinn, die Angst der Menschen zu beruhigen und ihnen Kraft zu geben, sich<br />
selber zu leben. Nichts anderes wollte Jesus, als jedem Menschen, unterschiedslos, mitzuteilen,<br />
dass das Ja Gottes, seine Zusage, jetzt gilt und gültig ist. Für ihn, gerade für ihn.<br />
Darum möchte ich erreichen, dass man die Bibel und ihre Geschichten so liest, wie man etwa<br />
seiner Freundin oder seinem besten Freund zuhört, wenn sie oder er einem das Herz ausschüttet.<br />
Man würde dabei auf die Sprache achten und auch auf das, was zu sagen schwer fällt. Auf die<br />
Gefühle, die sie oder ihn bewegen, laut und zornig, leise und bedrückt werden lassen, – viel mehr<br />
als auf die bloßen Fakten. Da interessiert man sich zuerst und vor allem für die Art, wie der<br />
Freund redet, ob er einen ansieht oder zu Boden schaut, wie er sich bewegt und was für ein<br />
Gesicht er dabei macht, an welcher Stelle er verstummt oder von seinem Gefühl geradezu<br />
überwältigt wird. Aus solchen Beobachtungen wird man tiefere Einsichten gewinnen als aus den<br />
Tatsachen oder Informationen, über die er – äußerlich – spricht.<br />
Wie viel besser versteht man die Geschichten der Bibel, wenn man sich ihnen auf ähnliche Weise<br />
nähert! Aus dem Reden über wird ein Sich Auseinandersetzen, Sich Einbringen – im wahrsten<br />
Sinn: Erfahrungsaustausch.<br />
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