Download - Martina Steinkühler
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Ich gehe bei meinen Überlegungen und Empfehlungen von einem im weitesten Sinn offenen<br />
Unterricht aus, den die Lehrkraft eher moderiert als „erteilt“. Ich persönlich bin in meinem<br />
Unterricht der Methode der der „nichtdirektiven Beratung“ (R.Tausch) verpflichtet. Wie aber die<br />
Entscheidung im Einzelnen auch fällt: Die Jossi-Geschichten haben das Potenzial und das Ziel,<br />
mehr zu leisten als Wissensvermittlung – gemäß dem, was Jesus selbst wollte: keine Lehrform,<br />
sondern eine Lebensform propagieren, die jedem Menschen seine Würde und sein Recht gibt und<br />
lässt.<br />
Dabei kommt es darauf an, dass die Jugendlichen im Unterricht – über den Umweg der<br />
Geschichten – zum Sprechen gebracht werden: Zuerst und vor allem über sich selbst, aber auch<br />
über die Menschen, die an ihrem Leben Anteil hatten bzw. haben.<br />
Unerlässlich sind dabei die Komponenten: emotionale Nähe und Wärme, positive Wertschätzung,<br />
ein einfühlendes Verständnis und Ernstnehmen, geduldiges Zu- und Anhören, Echtheit,<br />
Aufmerksamkeit, Empfindsamkeit und Vertrauen. Sie sind bei weitem wichtiger als die fachliche<br />
Kompetenz des/der Unterrichtenden, die natürlich nicht außer Acht zu lassen ist. Anregen und<br />
freigeben, ohne zu dirigieren, zu zensieren oder gar zu kommandieren, sind dabei erforderliche<br />
Stilmittel.<br />
Sicher bieten sich darüber hinaus, je nach Interesse, Möglichkeiten und Fähigkeiten der Klasse<br />
(Gruppe) bzw. des/der Unterrichtenden auch dann und wann andere, kognitive oder kreative,<br />
Wege an. In den Unterrichtsideen werden einige Möglichkeiten genannt und Anregungen<br />
gegeben. Sie verstehen sich als Vorschläge und sind natürlich sehr stark von den Beteiligten<br />
abhängig, aber auch von den örtlichen wie räumlichen Möglichkeiten.<br />
Vom Pisa-Schock ist bekanntlich landauf, landab die Rede, seitdem im Jahre 2001 die Ergebnisse<br />
des „Program for International Students’ Assessment“, des weltweit größten<br />
Schulleistungsvergleichs, präsentiert wurden: Die deutschen Schüler und Schülerinnen unter 32<br />
Nationen nur unter Ferner liefen! Öffentlichkeit und Medien waren aufs Höchste alarmiert,<br />
Politiker verfielen in Aktionismus, eine aufgeregte bildungspolitische Grundsatzdebatte begann,<br />
die noch längst nicht zu Ende ist.<br />
Einig ist man sich zumindest in dem einen Punkt, dass ein fächerübergreifender Unterricht<br />
notwendig ist, um den Schülern und Schülerinnen ein vernetztes Lernen zu ermöglichen. Nur das<br />
anwendungsfähige Wissen, das wirklich verstanden wird und sich mit neuen Einsichten<br />
verknüpfen lässt, bleibt haften.<br />
Dieser Aspekt ist hier mitbedacht worden.<br />
Einig ist man sich im Grundsätzlichen auch darin, dass ein besseres Lehrer-Schüler-Verhältnis<br />
erforderlich ist. Leider wird dieser Punkt jedoch nur unter dem Spar-Aspekt diskutiert. In diesem<br />
Zusammenhang fällt auf, dass von Pädagogen (aus dem griech. pais = Kind; agogos = Führer,<br />
Begleiter, zu agein = führen, leiten) so gut wie nicht mehr die Rede ist. Die vorliegenden<br />
Arbeitshilfen geben dem/der Unterrichtenden die Möglichkeit, zumindest in einer Schulstunde<br />
als Pädagoge zu wirken, indem er/sie einmal nicht das Wissen vermittelt bzw. vermehrt, sondern,<br />
sondern gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern danach sucht und fragt: Was behindert<br />
die Entfaltung einer eigenen Persönlichkeit? Unter welchen persönlichen Ängsten und<br />
Bedrohungen leiden Kinder? Worin bin ich austauschbar und worin einmalig? Wie kann man für<br />
sich selbst so weit gerade stehen, wie man sehen kann – für heute und für morgen? Das wäre<br />
schon viel. Letztlich geht es darum, junge Menschen nicht nur zum Sprechen zu bringen, sondern<br />
zum Fragen und zum Suchen.<br />
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