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Download - Martina Steinkühler

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T8 Der Zusammenhang zwischen Altem und Neuem Testament 8<br />

Jesus war Jude und seine Heiligen Schriften waren die Heiligen Schriften der<br />

Juden. Sein Gott ist der Gott Abrahams und Jakobs, Moses, Davids und Elias.<br />

In der Bergpredigt* des Matthäusevangeliums sagt Jesus seinen Zuhörern: „Meint nicht, dass ich<br />

gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen. Ich bin nicht gekommen aufzulösen,<br />

sondern zu erfüllen.“ (Mt 5,17) Mit dem Gesetz ist das Gesetz Mose gemeint, das in der Thora (=<br />

den fünf Büchern Mose), dem Herzstück der jüdischen Bibel, niedergelegt ist. Im<br />

Lukasevangelium heißt es gar: „Es ist aber leichter, dass der Himmel und die Erde vergehen, als<br />

dass ein Strichlein des Gesetzes dahinfalle.“ (Lk 16,17) Dies Bekenntnis zum jüdischen Gesetz, zur<br />

Thora, hindert Jesus freilich, wie wir gesehen haben, nicht daran, die Gesetzesauslegung, etwa die<br />

des Sabbatgebots durch die Pharisäer*, dort zu kritisieren, wo sie sich gegen den Menschen<br />

wendet.<br />

Als Jesus nach Darstellung des Matthäus seine zwölf Jünger aussendet, gibt er ihnen folgende<br />

Anweisung mit auf den Weg: „Gehet nicht auf eine Straße der Heiden und gehet nicht in eine<br />

Stadt der Samariter, sondern gehet vielmehr zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel!“ (Mt<br />

10,5f) Jesu exklusiv auf das jüdische Volk bezogenes Sendungsbewusstsein bekommt auch eine<br />

kanaanäische Frau zu spüren, die Jesus um eine Dämonenaustreibung bei ihrer Tochter bittet.<br />

Doch der weist sie mit den Worten ab: „Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel<br />

gesandt.“ Als die Frau dennoch nicht locker lässt, bekommt sie den bitterbösen Satz zu hören: „Es<br />

ist nicht recht, den Kindern das Brot zu nehmen und es den Hunden hinzuwerfen.“ (Mt 15,24<br />

u.26). Nur zur Klarstellung: mit den Kindern sind die Angehörigen des Volkes Israel gemeint, mit<br />

den Hunden die Heiden. Zu Jesu Ehrenrettung sei vermerkt, dass er der Frau aufgrund ihres<br />

beharrlichen Glaubens am Ende doch noch hilft.<br />

Nun mag es kein Zufall sein, dass die beiden gleichlautenden Bekenntnisse zur alleinigen<br />

Zuständigkeit für „die verlorenen Schafe des Hauses Israel“ sich nur bei Matthäus finden.<br />

Angesicht der judenchristlichen Adressaten seines Evangeliums ist der Verdacht nicht von der<br />

Hand zu weisen, dass sie von Matthäus hinzugefügt worden sind. Gleichwohl dürften sie<br />

grundsätzlich das Selbstverständnis Jesu zutreffend wiedergeben, zumal Matthäus den zynischen<br />

Vergleich der Heiden mit Hunden von Markus übernommen hat (Mk 7,27), ihm dieser also nicht<br />

untergeschoben werden kann. Wenn sich Jesus so eng an sein Volk gebunden fühlt, wird man<br />

seine Botschaft nur auf dem Hintergrund ihrer religiösen Tradition verstehen können. Die enge<br />

Verbundenheit Jesu mit der jüdischen Tradition wird übrigens auch dadurch bestätigt, dass Jesus<br />

heute in weiten Teilen des Judentums als Prophet verstanden und damit auch für die jüdische<br />

Religion in Anspruch genommen wird.<br />

Die frühen Christen unterschieden sich von den vielen jüdischen Glaubensrichtungen jener Zeit<br />

vor allem dadurch, dass sie in Jesus den verheißenen Messias sahen und verehrten. Der konnte<br />

nach allgemeinjüdischer Vorstellung nur aus dem Stamme Davids kommen. Diese Ansicht teilten<br />

auch die Christen. Das ist der Grund dafür, warum Lukas die Geburt Jesu nach Bethlehem<br />

verlegt, in die Vaterstadt Davids, und Matthäus seinem Evangelium einen Stammbaum<br />

voranstellt, der Jesus als Nachkomme Davids ausweist. Die Ankündigung der Geburt sowohl von<br />

Johannes dem Täufer als auch von Jesus folgt dem gleichen Schema, nach dem im Alten<br />

8 Auszug aus H. Spittler, Bibel, Jesus, Gott und Kirche, Göttingen 2007, 44 bis 46.<br />

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