Studieren mit und ohne Abschluss. Studienerfolg ... - Peer Pasternack
Studieren mit und ohne Abschluss. Studienerfolg ... - Peer Pasternack
Studieren mit und ohne Abschluss. Studienerfolg ... - Peer Pasternack
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
66<br />
S. Schmid / J. Henke / P. <strong>Pasternack</strong><br />
ten hier daran ansetzen, berufliche Perspektiven aufzuzeigen, vor dem Studium ausreichend zu informieren<br />
<strong>und</strong> Beratungsleistungen u.a. bei finanziellen Problemen zu bieten.<br />
4.5 Heterogenitätsbewältigung<br />
Reduzierte Studienanfängerjahrgänge <strong>und</strong> gleichzeitig erheblicher Fachkräftebedarf erfordern es, dass<br />
auch solche jungen Menschen für ein Hochschulstudium motiviert werden, die für ihre individuelle Qualifizierung<br />
bisher eher nichtakademische Optionen präferiert hätten. Das heißt, die Heterogenität der <strong>Studieren</strong>den<br />
wird deutlich zunehmen. Diese betrifft nicht allein die differenzierten kognitiven Anfangsausstattungen<br />
der <strong>Studieren</strong>den, sondern auch unterschiedliche (berufs-)biografische Erfahrungshintergründe,<br />
kulturelle Herkünfte (sozial oder/<strong>und</strong> ethnisch), Lebensalter sowie Erwartungen <strong>und</strong> Intentionen, die<br />
sich individuell <strong>mit</strong> einem Hochschulstudium verbinden.<br />
Diese demografisch bedingt heterogener werdende <strong>Studieren</strong>denschaft sollte nicht als Träger von Begabungsmängeln,<br />
sondern gr<strong>und</strong>sätzlich als erfolgreich qualifizierungsfähige Klientel betrachtet werden.<br />
Heterogenität von <strong>Studieren</strong>denkohorten, besonders von <strong>Studieren</strong>dengruppen innerhalb einer Lehrveranstaltung,<br />
wird von den Lehrenden in der Regel als Problem wahrgenommen. Je mehr die individuellen<br />
Kompetenzen der Studienanfänger differieren, desto anspruchsvoller ist die Herstellung einer Schnittmenge<br />
<strong>mit</strong> den gr<strong>und</strong>legenden, spezifischen Anforderungen eines Studiums. 67 Im Kontrast dazu findet<br />
sich in der Didaktik konstruktivistischer Prägung die Position, dass sich aus der Heterogenität von Lerngruppen<br />
didaktische Funken schlagen lassen können. Dazu bedarf es jedoch spezifischer, nämlich heterogenitätssensibler<br />
Fertigkeiten der Lehrenden.<br />
Der Hochschullehrerberuf ist durch eine erhebliche Rollenkomplexität gekennzeichnet <strong>und</strong> erfordert die<br />
souveräne Bewältigung von Herausforderungen in Lehre, Forschung, Nachwuchsförderung, Mitteleinwerbung,<br />
Mitarbeiterführung, Teamorganisation, Zeitmanagement, Netzwerkmanagement, Medienbeherrschung<br />
sowie Kommunikation nach innen <strong>und</strong> außen. Dies ist zu berücksichtigen, wenn Lehrende für Lehre<br />
<strong>und</strong> Betreuung ertüchtigt werden sollen, die heutigen <strong>und</strong> künftigen Anforderungen gerecht werden.<br />
Entsprechende Angebote stoßen dann auf Zustimmung, wenn ihre Transaktionskosten für die Lehrenden<br />
nicht höher sind als die sich einstellenden Effekte – bzw. positiv formuliert: Die individuelle Neigung, sich<br />
didaktische <strong>und</strong> Lehrorganisationskompetenzen anzueignen, ist umso höher, je deutlicher die daraus resultierenden<br />
Lehr-Lern-Effekte den deshalb zu treibenden Aufwand überschreiten.<br />
Insoweit bedarf es einer aufwandsrealistischen Hochschuldidaktik, die in Rechnung stellt, dass die Lehrenden<br />
eine komplexe Berufsrolle auszufüllen haben <strong>und</strong> praktisch permanent <strong>mit</strong> Zeitproblemen kämpfen<br />
– m. a. W.: dass sie auch bei gutem Willen häufig nicht in der Lage sind, komplizierte <strong>und</strong> aufwändige<br />
Handlungsalgorithmen für die Bewältigung von Lehr-Lern-Situationen zunächst zu studieren <strong>und</strong> sie hernach<br />
<strong>mit</strong> entsprechendem Vor- <strong>und</strong> Nachbereitungsaufwand anzuwenden. Die Kunst der hochschuldidaktischen<br />
Angebote muss daher darin bestehen, für real gegebene – statt ideal gedachte – Bedingungen<br />
Lösungen zu offerieren, deren Anwendung die Anzahl der Probleme der Lehrenden nicht vergrößert, sondern<br />
minimiert.<br />
Als Ziele des Studiums können Wissenserwerb, Fähigkeit- <strong>und</strong> Fertigkeitsausprägung sowie kritisches<br />
Denken <strong>und</strong> Persönlichkeitsentwicklung festgehalten werden. Dies schließt an die einschlägige wissenschaftliche<br />
Kompetenzdebatte an. Jenseits berufspraktischer Verkürzungen bezeichnen Kompetenzen<br />
danach auch die Voraussetzungen, die für den Einsatz von Fähigkeiten <strong>und</strong> Fertigkeiten, Wissen <strong>und</strong> Bildung<br />
gr<strong>und</strong>legend bzw. ursächlich sind. „Kompetenzen sind kein bloßes bzw. ‚leeres’ Wissen, sondern<br />
praktizierbares <strong>und</strong> praktiziertes Wissen“. Zum einen könne auf dieses Wissen dauerhaft zurückgegriffen<br />
werden. Zum anderen passe sich dieses Wissen flexibel an wechselnde Kontexte an. Insofern verschmelze<br />
im Kompetenzbegriff das ‚Können’ <strong>und</strong> ‚Wollen’. (Sander 2010: 4f.)<br />
67 siehe oben 2.3 Zeitpunkt des Studienabbruchs – kritische Studienphasen