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Die Anzeigepflicht von Ärzten, Jugendwohlfahrtseinrichtungen und ...

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Ärztliche <strong>Anzeigepflicht</strong><br />

Wird angenommen, dass § 54 ÄrzteG alle Angehörigen iSd § 166 StGB<br />

umfasst, somit auch andere als Ehegatten, Verwandte in gerader Line <strong>und</strong><br />

Geschwister, sofern sie mit dem Opfer in einer Hausgemeinschaft leben, kann ein<br />

Arzt zB bei Verdacht einer Kindesmisshandlung durch den Lebensgefährten der<br />

Mutter, der mit dem Kind in einer Hausgemeinschaft lebt, zu einer Ausnahme der<br />

<strong>Anzeigepflicht</strong> legitimiert sein <strong>und</strong> zumindest vorerst <strong>von</strong> einer Anzeige<br />

absehen. 482<br />

Da allein die theoretische Definition, wie eben aufgezeigt, nicht ganz<br />

eindeutig ist, liegt es auf der Hand, das sich die praktische Situation als äußerst<br />

schwierig gestaltet. Daraus kann sich eine andere Sichtweise des Wortlautes des<br />

§ 54 ÄrzteG ergeben. Es ergibt sich nämlich für den Arzt das schwer<br />

festzustellende Problem des Beweises. Es wird ihm nicht möglich <strong>und</strong> nicht<br />

zumutbar sein die genaue Angehörigeneigenschaft <strong>und</strong> die tatsächliche<br />

Wohnsituation des Opfers <strong>und</strong> des vermeintlichen Täters herauszufinden <strong>und</strong> zu<br />

überprüfen. Er ist auf die Aussagen der Beteiligten angewiesen. Aufgr<strong>und</strong> dieser<br />

Beweisproblematik wäre es nachvollziehbar, wenn mit dem Begriff des „nahen<br />

Angehörigen“ nach § 54 Abs 5 ÄrzteG doch nur Ehegatten, Verwandte in gerader<br />

Linie <strong>und</strong> Geschwister gemeint sind. 483<br />

Gegen diese Argumentation spricht jedoch, dass es nach wie vor primär um<br />

den Schutz des Kindeswohls geht. Gerät zB der Lebensgefährte, der schon seit<br />

Jahren mit Kind <strong>und</strong> Mutter im selben Haushalt lebt <strong>und</strong> vom Kind als Vater<br />

angesehen wird, unter Verdacht, hätte eine Anzeige die gleichen Folgen, wie eine<br />

Anzeige gegen den Vater eines Kindes. Es kann durch die Anzeige zu der<br />

Verhängung der Untersuchungshaft kommen, was das Kindeswohl gefährden<br />

könnte, unabhängig, ob der Verdächtigte der leibliche Vater oder eben „nur“ der<br />

Lebensgefährte der Mutter ist. Somit kann mE richtigerweise festgehalten werden,<br />

dass unter den Begriff der „nahen Angehörigen“ iSd § 54 Abs 5 Ärzte einerseits die<br />

explizit in § 166 StGB aufgezählten Angehörigen, nämlich Ehegatten, Verwandte in<br />

gerader Linie <strong>und</strong> Geschwister <strong>und</strong> andererseits alle anderen Angehörigen – vor<br />

482 Kletecka-Pulker, RdM 2001, 176.<br />

483 Kletecka-Pulker, RdM 2001, 176 f.<br />

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