Die Apokryphen - Verborgene Bücher der Bibel
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115<br />
15 Aber auch, daß die Vernunft über die roheren Triebe herrscht, ist klar nämlich über die Herrschsucht, die Eitelkeit, die Prahlerei, die<br />
Hoffart und die Klatschsucht. 16 Alle diese unsittlichen Triebe verabscheut <strong>der</strong> besonnene Verstand ebensosehr wie die Erregung, über die er<br />
ja auch regiert. 17 Moses wenigstens in seiner Erregung über Dathan und Abiron unterließ es, im Zustande <strong>der</strong> Erregung etwas gegen sie zu<br />
unternehmen; er zügelte vielmehr seine Erregung durch die Vernunft. 18 Denn <strong>der</strong> besonnene Verstand ist, wie gesagt, fähig, im Kampfe<br />
wi<strong>der</strong> die Triebe den Sieg zu erringen und sie teils umzustimmen, teils zu entkräften. 19 Was wäre sonst <strong>der</strong> Grund dafür, daß unser allweiser<br />
Vater Jakob den Symeon und den Levi samt ihren Leuten <strong>der</strong> vernunftlosen Massenabschlachtung <strong>der</strong> Sikimiten mit dem Worte beschuldigt:<br />
Verflucht sei ihre Zornes-Erregung? 20 Denn wäre die Vernunft nicht im Stande, über die Erregungen zu herrschen, so hätte er nicht in<br />
dieser Weise gesprochen. 21 War es doch Gott, <strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Schöpfung des Menschen dessen Triebe und Stimmungen um ihn her pflanzte, 22<br />
<strong>der</strong> jedoch über sie alle den hehren Herrscher Verstand durch die Sinne auf den Thron setzte 23 und ihm ein Gesetz gab, dessen Verfolgung<br />
ihm eine Königsherrschaft voll Besonnenheit, Gerechtigkeit, Güte und Mannhaftigkeit verhieß.<br />
24 Wie kommt es nun, könnte da jemand einwenden, daß die Vernunft, wenn sie über die Triebe herrscht, über Vergessen und Unwissenheit<br />
nicht herrscht?<br />
1 Es ist das aber ein recht lächerliches Wort. Denn es ist klar, daß die Vernunft nicht ihre eigenen feindlichen Triebe beherrscht, son<strong>der</strong>n die<br />
<strong>der</strong> Gerechtigkeit, <strong>der</strong> Mannhaftigkeit, <strong>der</strong> Besonnenheit und <strong>der</strong> Einsicht feindlichen, und auch diese nicht so, daß sie dieselben ausrottet,<br />
son<strong>der</strong>n so, daß sie ihnen nicht nachgibt. 2 So kann zum Beispiel die Gier niemand unter Euch ausrotten, aber daß man nicht zum Sklaven<br />
<strong>der</strong> Gier wird, das kann die Vernunft gewähren. 3 Niemand kann unter Euch die Erregung aus <strong>der</strong> Seele ausrotten, aber <strong>der</strong> Erregung zu<br />
helfen, das ist möglich. 4 <strong>Die</strong> Bosheit kann niemand unter Euch ausrotten, aber daß man sich von <strong>der</strong> Bosheit nie<strong>der</strong>zwingen läßt, dagegen<br />
kann doch wohl die Vernunft mitkämpfen. 5 Denn nicht Entwurzlerin, son<strong>der</strong>n Bekämpferin <strong>der</strong> Triebe ist die Vernunft.<br />
6 Man kann sich nun diese Wahrheit an <strong>der</strong> Geschichte von dem Durste des Königs David noch etwas deutlicher machen. 7 Es hatte einmal<br />
David einen vollen Tag mit den Welschen gekämpft und mit Hilfe <strong>der</strong> Krieger seines Volks viele von ihnen getötet. 8 Als es dann Abend<br />
geworden war, ging er schweißbedeckt und sehr ermüdet zum königlichen Zelt, um welches sich das ganze Heer <strong>der</strong> - d.h. unserer -<br />
Vorfahren gelagert hatte. 9 Nun waren die an<strong>der</strong>en alle beim Essen. 10 Der König aber, obwohl heftigsten Durst leidend, und trotzdem die<br />
Quellen, die er in <strong>der</strong> Nähe hatte, gar nicht kärglich waren, vermochte es nicht über sich zu gewinnen, an ihnen den Durst zu stillen. 11<br />
Vielmehr dörrte ihn eine unvernünftige Gier nach dem Wasser bei den Feinden aus, die sich immer mehr steigerte und ihn mit ihrer<br />
erschlaffenden Glut verzehrte. 12 Da legten, als die Schildträger über die Gier des Königs zu murren anfingen, zwei Jünglinge, starke<br />
Krieger, in ehrfurchtsvoller Rücksichtnahme auf die ungestillte, peinigende Gier des Königs ihre ganze Rüstung an, nahmen ein Gefäß und<br />
stiegen über die Palissaden <strong>der</strong> Feinde. 13 Von den Torwächtern nicht bemerkt, schlichen sie findig im ganzen Lager <strong>der</strong> Feinde umher, 14<br />
machten so voll Mut die Quelle ausfindig und füllten aus ihr in das Gefäß den Trunk für den König. 15 Der aber, obwohl vom Durste<br />
verbrannt, überlegte, ein als gleichwertig mit kostbarem Menschen-Blute <strong>der</strong>einst beim Gerichte vor Gott angerechneter Trunk sei eine ganz<br />
furchtbare Gefahr für die Seele. 16 Daher stellte er <strong>der</strong> Gier die Vernunft gegenüber und spendete den Trank durch Ausgießen Gott. 17 Denn<br />
<strong>der</strong> besonnene Verstand ist fähig, den Drang <strong>der</strong> Triebe zu überwinden und die Flammen <strong>der</strong> Brunst zu löschen, 18 die Schmerzen des<br />
Körpers, mögen sie auch über die Maßen stark sein, nie<strong>der</strong>zukämpfen und durch die Tugend <strong>der</strong> Vernunft allen Herrschaftsgelüsten <strong>der</strong><br />
Triebe mit Verachtung zu begegnen.<br />
Zweiter Hauptteil. Erweis des Lehrsatzes aus <strong>der</strong> Geschichte.<br />
19 Doch die gegenwärtige festliche Zeit mahnt uns jetzt zur Erzählung <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> besonnenen Vernunft.<br />
20 Tiefen Frieden hatten vor Zeiten unsere Väter infolge ihrer guten Gesetze und lebten in Wohlstand so, daß selbst <strong>der</strong> König von Asien<br />
Seleukos Nikanor ihnen sogar Geldmittel zum Besten des heiligen Tempel-<strong>Die</strong>nstes aussetzte und ihre Verfassung anerkannte. 21 Da störten<br />
einige Neuerer die allgemeine Eintracht, wofür sie freilich mancherlei Unheil zu kosten bekamen.<br />
1 So zum Beispiel ein gewisser Simon. Er war mit Onias, dem damaligen Inhaber <strong>der</strong> Hohenpriesterwürde auf Lebenszeit, einem<br />
tugendhaften Manne, politisch verfeindet. Da er ihm nun trotz aller erdenklichen Verleumdungen um des dem Onias anhängenden Volkes<br />
willen nicht zu schaden vermochte, ging er flüchtig, um sein Vaterland zu verraten. 2 So kam er zu Apollonios, dem Strategen von Syrien,<br />
Phönikien und Kilikien, und sprach: 3 Ich bin ein königstreuer Mann und komme deshalb mit <strong>der</strong> Anzeige, daß in den Schatzhäusern zu<br />
Jerusalem viele Millionen privater Gel<strong>der</strong> angesammelt liegen, die mit dem Tempel-Vermögen nichts zu schaffen haben, son<strong>der</strong>n dem<br />
Könige Seleukos zukommen. 4 Als dann Apollonios alles Nähere hierüber ermittelt hatte, belobte er Simon wegen seines Interesses für den<br />
König, eilte zu Seleukos hinauf und zeigte ihm den Geldschatz an. 5 Da erhielt er in dieser Sache Vollmacht, rückte eilig mit dem<br />
verfluchten Simon und einem sehr starken Heer in unser Vaterland 6 und verkündigte nach seiner Ankunft, er komme auf königlichen<br />
Befehl, um die privaten Gel<strong>der</strong> des Schatzhauses zu holen. 7 Das Volk wi<strong>der</strong>sprach murrend diesem Vorhaben; man hielt es für etwas ganz<br />
Furchtbares, wenn diejenigen, die dem hehren Schatz ihre Spareinlagen anvertraut hätten, beraubt würden, und so suchte man ihn, solange es<br />
ging, zu hin<strong>der</strong>n. 8 Jedoch Apollonios rückte unter einer Drohung in den Tempel. 9 Da flehten die Priester mit Weibern und Kin<strong>der</strong>n im<br />
Tempel zu Gott, er möge über die mißachtete Stätte seinen Schild halten. 10 Und als Apollonios mit gewappnetem Heere losging, um das<br />
Geld zu rauben, erschienen vom Himmel her auf Rossen Engel mit blitzenden Waffen und jagten ihnen gewaltige Furcht ein und Zittern. 11<br />
Da stürzte Apollonios im Allvölkerhof des Tempels halbtot nie<strong>der</strong>, streckte die Hände zum Himmel und bat die Hebräer unter Tränen, sie<br />
möchten für ihn betend das himmlische Heer besänftigen. 12 Aber noch mehr: denn er bekannte sich als Sün<strong>der</strong>, <strong>der</strong> den Tod verdient habe;<br />
da er aber mit dem Leben davongekommen sei, werde er allen Menschen von <strong>der</strong> Wun<strong>der</strong>kraft <strong>der</strong> hehren Stätte ein Lied singen. 13 Durch<br />
diese Worte bewogen, betete <strong>der</strong> Hohepriester Onias, obwohl sonst in religiösen Dingen vorsichtig, für ihn, damit <strong>der</strong> König Seleukos nicht<br />
am Ende die Meinung erhielte, Apollonios sei durch einen menschlichen Anschlag hinweggerafft worden, nicht aber durch göttliche<br />
Gerechtigkeit. 14 So zog <strong>der</strong> wi<strong>der</strong> Erwarten Gerettete davon, um dem Könige zu berichten, was ihm zugestoßen war.<br />
15 Als aber <strong>der</strong> König Seleukos gestorben war, folgte ihm in <strong>der</strong> Herrschaft sein Sohn Antiochos Epiphanes, ein übermütiger, gewalttätiger<br />
Mann.<br />
16 Der entsetze den Onias des Hohenpriestertums und machte dessen Bru<strong>der</strong> Jason zum Hohenpriester. 17 Denn dieser hatte sich ihm<br />
verpflichtet, wenn er ihm die Würde übertrüge, jährlich 3660 Talente zu zahlen, 17 und so übertrug ihm jener das Amt des Hohenpriesters<br />
und des Regenten über das Volk. 19 Der nun gewöhnte das Volk an eine an<strong>der</strong>e Lebenshaltung und an eine an<strong>der</strong>e Verfassung, kurz, an jede<br />
Gesetzwidrigkeit. 20 So errichtete er nicht nur ein Gymnasion, noch dazu auf <strong>der</strong> Burghöhe unseres Vaterlandes, son<strong>der</strong>n richtete auch den<br />
Tempeldienst zu Grunde. 21 Ergrimmt darob, führte die göttliche Gerechtigkeit freilich gerade den Antiochos zum Krieg herbei. 22 Als<br />
dieser nämlich in Ägypten mit Ptolemaios Krieg führte, hörte er, daß auf ein Gerücht hin, er sei gestorben, sich die Jerusalemiten ganz über<br />
die Maßen gefreut hätten, da war er rasch entschlossen gegen diese aufgebrochen. 23 Und nachdem er sie überwältigt hatte, gab er den Erlaß:<br />
wer von ihnen nachweisbar das väterliche Gesetz befolge, <strong>der</strong> solle sterben. 24 Da er nun auf keine Weise die Gesetzestreue des Volks durch<br />
die Erlasse unwirksam zu machen vermochte, vielmehr alle seine Drohungen und Strafen unwirksam sah, 25 also daß sogar Frauen, weil sie<br />
ihre Knäblein beschnitten hatten, sich mitsamt den Säuglingen freiwillig in die Tiefe stürzten - wußten sie doch im voraus, daß sie dies<br />
ohnehin erleiden würden, - 26 da also seine Erlasse von <strong>der</strong> Nation mißachtet wurden, suchte er persönlich einen jeden einzelnen des Volks<br />
durch Folterqualen zu zwingen, unreine Speisen zu kosten und dadurch das Judentum abzuschwören.<br />
Das Martyrium des Eleasar.<br />
1 So hielt denn <strong>der</strong> Tyrann Antiochos mit seinen Beisitzern auf einer hochgelegenen Stätte öffentlich Gericht, rings umgeben von seinen<br />
unter den Waffen stehenden Truppen, 2 und er befahl den Speerträgern, jeden einzelnen <strong>der</strong> Hebräer heranzuschleppen und ihn zu zwingen,<br />
Schweine- und Götzenopferfleisch zu kosten; 3 die sich aber etwa weigerten, Unreines zu essen, die sollten durch Rä<strong>der</strong>n umgebracht