Die Apokryphen - Verborgene Bücher der Bibel
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182<br />
langte sie in Myra an und traf den Paulus beim Verkündigen des Wortes Gottes und trat an ihn heran. Er aber erschrak, als er sie erblickte<br />
und die vielen Leute in ihrer Begleitung; denn er fragte sich, ob nicht eine an<strong>der</strong>e Versuchung ihr nahegekommen sei. Sie aber nahm es wahr<br />
und sagte zu ihm: >Ich habe das Bad genommen, Paulus! Denn <strong>der</strong>, <strong>der</strong> dir beigestanden hat, das Evangelium zu verkündigen, <strong>der</strong> hat auch<br />
mir beigestanden, das Bad zu nehmen.< 41 Und Paulus nahm sie bei <strong>der</strong> Hand und führte sie in das Haus des Hermias, und er hörte ihren<br />
Bericht über alles an, so daß Paulus sich gewaltig verwun<strong>der</strong>n mußte und die sonstigen Zuhörer Stärkung erfuhren und für Tryphäna beteten.<br />
Und Thekla erhob sich und sagte zu Paulus: > Ich ziehe nach Ikonium.< Paulus aber sprach: > Zieh hin und lehre das Wort Gottes!<<br />
Tryphäna aber schickte ihr viel Kleidung und Gold, so daß sie dem Paulus davon zurücklassen konnte für den <strong>Die</strong>nst an den Armen. 42 Sie<br />
selbst aber zog weiter nach Ikonium. Und sie tritt in das Haus des Onesiphorus und warf sich auf den Fußboden dort, wo Paulus seinerzeit<br />
gesessen und die Worte Gottes gelehrt hatte, und unter Tränen sagte sie: »Du mein Gott und du Gott dieses Hauses, wo mir das Licht zum<br />
ersten Male geleuchtet hat, Christus Jesus, Gottes Sohn, du mein Helfer im Gefängnis, Helfer vor den Statthaltern, Helfer im Feuer, Helfer<br />
unter den wilden Tieren, du selbst bist Gott, und dir sei Ehre in alle Ewigkeit! Amen!«<br />
43 Und sie fand Thamyris bereits gestorben, ihre Mutter hingegen noch am Leben. Und sie ließ ihre Mutter rufen und sagt zu ihr: > Meine<br />
Mutter Theoklia! Vermagst du zu glauben, daß ein Herr im Himmel lebt? Denn ob du nach Reichtum begehrst - <strong>der</strong> Herr wird ihn dir durch<br />
mich schenken, o<strong>der</strong> nach deinem Kind -, siehe, ich stehe dir im Gebet vor Gott zur Seite. <<br />
Und als sie dies bezeugt hatte, zog sie fort nach Seleukia. Und nachdem sie viele durch das Wort Gottes erleuchtet hatte, entschlief sie eines<br />
sanften Todes.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Apokryphen</strong> in Kunst und Literatur<br />
In den jeweiligen Vorreden zu den einzelnen hier abgedruckten Texten werden Geschichte und Wertigkeit <strong>der</strong> apokryphen Schriften<br />
eingehen<strong>der</strong> behandelt. So kann sich <strong>der</strong> folgende Artikel ganz auf ihr Wirken in Literatur und Kunst beschränken.<br />
<strong>Die</strong> im Text genannten Kunstwerke stehen nur repräsentativ für viele an<strong>der</strong>e, und wenn man einmal die Motive kennt, wird man ihre Spuren<br />
auch in weiteren Darstellungen finden.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Apokryphen</strong> des Alten Testaments hatten für die christlich-abendländische Kunst bei weitem nicht die Breitenwirkung wie die<br />
nichtkanonischen Schriften des Neuen Testaments. Da auf diesem Gebiet noch geforscht wird, kann man über das Warum nur Vermutungen<br />
anstellen.<br />
Zum einen verbot das jüdische Gesetz Abbildungen, so daß kein Bildkanon entwickelt und in > Malschulen< weitergegeben werden konnte.<br />
Zum an<strong>der</strong>en hat das Judentum selbst etwa im 2. nachchristlichen Jahrhun<strong>der</strong>t, alle nichthebräischen <strong>Bücher</strong> als apokryph, d. h. als nicht von<br />
Gott geoffenbart, gekennzeichnet, und die frühen christlichen Kirchenväter haben diese Auswahl gelten lassen. Für die Heidenchristen, die<br />
quantitativ bald die Judenchristen übertrafen, war das Alte Testament auch nicht von vorrangigem Interesse. In <strong>der</strong> Glaubensverkündigung<br />
durch die Apostel o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en autorisierte Vertreter hatten die Worte und Taten Jesus Christus absoluten Vorrang. Und da man schon bald genötigt<br />
war, diese aufzuschreiben, wurde das Alte Testament und die mit ihm verbundenen Schriften in dieser Zeit zurückgedrängt.<br />
Eine Ausnahme bilden hier die judenchristlichen Gemeinden, die in ihrem neuen Glauben die Erfüllung <strong>der</strong> alten Schriften sahen. Sie<br />
bewahrten mit ihnen auch die <strong>Apokryphen</strong> auf, und gaben sie an diejenigen weiter, mit denen sie in Berührung kamen.<br />
Ein Beispiel dafür ist <strong>der</strong> in das Neue Testament aufgenommene Judasbrief. Der Verfasser erwähnt dort im 9. Vers die apokryphe<br />
Himmelfahrt Moses und verweist mit Vers 14 f. auf das 1. Buch Henoch. Darüber hinaus werden in diesem Brief noch weitere apokryphe<br />
Schriften angesprochen.<br />
<strong>Die</strong> Kirchenväter zitierten zwar aus den alttestamentlichen <strong>Apokryphen</strong>, und einige <strong>der</strong> Schriften wurden auch in den Anhang <strong>der</strong> Vulgata<br />
aufgenommen, aber stets im Hinblick auf ihren Wert für den christlichen Glauben.<br />
Adam und Eva<br />
Ein im Mittelalter weitverbreitetes und vielgelesenes Buch war »Das Leben Adams und Evas«.<br />
Von seiner Beliebtheit zeugen die vielen noch vorhandenen Handschriften. <strong>Die</strong> Mailän<strong>der</strong> Handschrift entstand im 11. Ih., die Wiener, hier<br />
ist die Datierung schwierig, zwischen dem 12. und 14. Jh. und das venetianische Manuskript im 13. Jh. Aber auch im 15. Jh. erschienen noch<br />
Ausgaben.<br />
Zum Teil gehen sie auf die fälschlich sogenannte Apokalypse des Moses zurück o<strong>der</strong> basieren auf <strong>der</strong> fast textidentischen Schrift: Das Leben<br />
Adams und Evas. Beide apokryphen Texte haben auch auf die bildende Kunst eingewirkt.<br />
Der Engel, <strong>der</strong> dem vertriebenen Menschenpaar die Arbeitswerkzeuge bringt, ist ein Beispiel dafür. Auf <strong>der</strong> Erztür von Montreale und im<br />
Homilienbuch des hl. Gregor von Nazianz aus dem 9. Jh. ist dieser Vorgang abgebildet.<br />
Eine an<strong>der</strong>e apokryphe Stelle sagt, daß ein Engel Adam und Eva die Bodenbearbeitung gezeigt habe. Dargestellt ist diese Szene an <strong>der</strong><br />
Bronzetür des hl. Bernwards (um 1015) am Dom zu Hildesheim.<br />
Und vielleicht hat auch eines <strong>der</strong> Schlagworte des Bauernkriegs von 1525: >Als Adam grub und Eva spann, wo war da <strong>der</strong> Edelmann .. . «,<br />
seinen Ursprung im Buch über das Leben Adams und Evas.<br />
Ein Afrikaforscher rettet ein Buch<br />
Ältere Kirchenlehrer schätzten das Buch Henoch wegen seiner moralischen Geisteshaltung, aber im Laufe <strong>der</strong> Zeit ließ das Interesse daran<br />
nach und übrigblieb allein das Wissen, daß Henoch wie Elias, in den Himmel aufgenommen worden war und die Kenntnis <strong>der</strong><br />
entsprechenden Stelle in den <strong>Apokryphen</strong>.<br />
Das gesamte Henochbuch wäre wohl verschollen, hätte nicht die äthiopische Kirche den Text in ihren alttestamentlichen Kanon<br />
aufgenommen.<br />
Bereits im 17. Jh. gab es Gerüchte, daß die Äthiopier ein Buch Henoch besäßen. Aber erst <strong>der</strong> Afrikaforscher J. Bruce befriedigte die<br />
Neugier <strong>der</strong> Gelehrten. Er brachte 1773 von seiner Reise nach Äthiopien drei Exemplare mit. Danach wurde es übersetzt, und 1833 erschien<br />
<strong>der</strong> erste Teil und 1838 <strong>der</strong> zweite in deutscher Sprache. Das Wissen um die Aufnahme Henochs in den Himmel war, wie gesagt, noch<br />
immer präsent und wurde durch den Beatus-Kommentar aus dem 9. Jh. weithin bekannt. So fand diese Szene samt ihrer Interpretation<br />
Aufnahme im wohl populärsten Buch des Mittelalters, die Legenda aurea des Jacobus de Voragine. >>Wer seid ihr, die ihr noch nicht<br />
gestorben seid, und nicht in <strong>der</strong> Hölle wohntet, son<strong>der</strong>n im Paradiese?< Antwortete <strong>der</strong> eine und sprach: >Ich bin Enoch (Henoch), <strong>der</strong><br />
hierher ward versetzet, und dieser ist Elias, <strong>der</strong> im feurigen Wagen gen Himmel fuhr; wir haben den Tod noch nicht gekostet und sind aufbehalten<br />
bis auf die Zeit des Antichrist: wi<strong>der</strong> den sollen wir fechten und von ihm erschlagen werden, und nach drei Tagen und einem halben<br />
werden wir auffahren in den Wolken.