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Die Apokryphen - Verborgene Bücher der Bibel

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116<br />

werden. 4 Als nun schon viele gewaltsam herbeigeführt worden waren, da wurde als erster aus <strong>der</strong> Menge ein Hebräer nahe vor ihn<br />

hingestellt, mit Namen Eleazaros, seiner Abstammung nach Priester, seiner Bildung nach Gesetzesgelehrter und von vorgeschrittenem Alter,<br />

vielen in <strong>der</strong> Umgebung des Tyrannen wegen seiner Philosophie wohlbekannt.<br />

5 Als Antiochos ihn sah, sprach er: 6 Ich für mein Teil, bevor ich die Foltern an dir beginnen lasse, Alter, möchte dir den Rat geben, dich<br />

durch Kosten des Schweinefleisches zu retten; denn ich habe Achtung vor deinem Alter und deinem Graukopf, wiewohl mir jemand, <strong>der</strong> ihn<br />

schon so lange wie du trägt und sich immer noch zur Judenreligion hält, gerade nicht als Philosoph vorkommt. 7 Denn warum verabscheust<br />

du, wo doch die Natur die gnädige Spen<strong>der</strong>in ist, den Genuß des vorzüglich schmeckenden Fleisches dieses Tieres da? 8 Es ist doch<br />

wahrhaftig ein Unsinn, dieses Nichtgenießen <strong>der</strong> unschuldigsten Freuden; ja es ist ein Unrecht, die Gnadenspenden <strong>der</strong> Natur<br />

zurückzuweisen. 9 Du aber, du scheinst mir einen noch größeren Unsinn zu begehen, wenn du etwa in deiner hohlen Meinung über das<br />

Wahre 10 auch noch mich mißachtest zu deinem eigenen Schaden. Willst du nicht noch erwachen aus euerer albernen Philosophie, 11<br />

deinem Quark den Abschied geben, Vernunft annehmen, wie sie zu deinem Alter paßt und meinetwegen über die Wahrheit philosophieren,<br />

die etwas nutzt? 12 Willst du nicht Ehrfurcht haben vor meinem menschenfreundlichen Zureden und Mitleid mit deinem Greisenalter? 13<br />

Denn bedenke doch: wenn über dieser euerer Religion wirklich eine beaufsichtigende Macht waltet, dann wird sie dir doch gewiß jede dir<br />

aufgezwungene Gesetzesübertretung verzeihen. 14 Während so <strong>der</strong> Tyrann zum gesetzeswidrigen Fleischgenuß ermunterte, bat Eleazaros<br />

ums Wort 15 und begann, als er die Erlaubnis zu reden erhalten hatte, folgen<strong>der</strong>maßen mit lauten Worten: 16 Wir, Antiochos, die wir ein<br />

göttliches Gesetz gehorsam befolgen, sind <strong>der</strong> Meinung, einen stärkeren Zwang gebe es nicht als den treuen Gehorsam gegen unser Gesetz.<br />

17 Deshalb halten wir es in keinem einzigen Falle für recht, gegen das Gesetz zu handeln. 18 Ja sogar wenn unser Gesetz, wie du annimmst,<br />

in Wahrheit nicht ein göttliches wäre, wir aber <strong>der</strong> Meinung wären, es sei göttlich, selbst dann dürften wir unsere Ansicht über die<br />

Frömmigkeit nicht außer Geltung setzen. 19 Darum glaube du ja nicht, es sei das eine kleine Sünde, wenn wir Unreines essen würden. 20<br />

Denn kleine und große Gesetzesübertretungen sind gleich ernst; 21 wird doch in beiden Fällen mit gleichem Übermut gegen das Gesetz<br />

gefrevelt. 22 Du spottest über unsere Philosophie, als sei es ein Mangel an vernünftiger Überlegung, daß wir in ihr leben. 23 Wahrhaftig, du<br />

hast recht; denn Besonnenheit lehrt sie uns, so daß wir über alle Lüste und Begierden herrschen; in Mannhaftigkeit übt sie uns, so daß wir<br />

jeden Schmerz freiwillig erdulden; 24 in Gerechtigkeit erzieht sie uns, so daß wir in allen wechselnden Stimmungen gleichmäßig handeln; in<br />

Frömmigkeit unterweist sie uns, so daß wir allein den Gott, <strong>der</strong> ist, mit dem ihm gebührenden Glanze verehren. 25 Deshalb essen wir nichts<br />

Unreines; denn obwohl wir glauben, daß das Gesetz eine Sache Gottes ist, so wissen wir doch, daß <strong>der</strong> Schöpfer <strong>der</strong> Welt als Gesetzgeber<br />

seiner Natur nach mit uns empfindet. 26 Was unserer Seele verwandt sein werde, das gestattete er uns zu essen; den Genuß wi<strong>der</strong>lichen<br />

Fleisches aber verbot er. 27 Tyrannisch dagegen ist es von dir, uns zu zwingen, nicht nur gegen das Gesetz zu handeln, son<strong>der</strong>n auch noch<br />

außerdem deshalb zu essen, damit du über die uns tief verhaßte Esserei dieses Unreinen lachen kannst. 28 Über mich freilich sollst du dieses<br />

Lachen nicht lachen, 29 noch will ich wahrlich die hehren Eidesgelübde <strong>der</strong> Vorfahren, das Gesetz zu halten, brechen, 30 selbst dann nicht,<br />

wenn du mir die Augen ausreißen und die Eingeweide schmelzen wirst. 31 So greisenhaft unmännlich bin ich denn doch nicht, daß sich<br />

meine Vernunft, wo es sich um die Frömmigkeit handelt, nicht verjüngen könnte. 32 Gegen diese Mächte magst du die Folterrä<strong>der</strong> rüsten,<br />

magst du das Feuer noch heftiger anfachen! 33 So stark wird mein Mitleid mit meinem Greisenalter denn doch nicht sein, daß ich aus eigner<br />

Machtvollkommenheit das väterliche Gesetz zu nichte machen könnte. 34 Nicht belügen will ich dich, Erzieher Gesetz, nicht als Flüchtling<br />

dich verlassen, Freundin Selbstbeherrschung, 35 nicht dich schänden, weisheitliebende Vernunft, nicht dich verleugnen, hochwürdiges<br />

Priesteramt und Gesetzesverständnis! 36 Und nicht beflecken sollst du, Mund, durch das Essen des Unreinen mein ehrwürdiges Alter und die<br />

Neige eines gesetzestreuen Lebens! 37 Fehllos sollen mich die Väter im Himmel zu sich aufnehmen, und ohne daß ich gebebt hätte vor<br />

deinen Todesmartern. 38 Gottlose sind es, über die du Tyrann sein magst; über meine Gedanken von <strong>der</strong> Frömmigkeit wirst du we<strong>der</strong> mit<br />

Worten regieren noch mit Taten!<br />

1 Als Eleazaros <strong>der</strong>art den zuredenden Worten des Tyrannen Gegenrede getan hatte, schleppten ihn die dabeistehenden Speerträger voll<br />

Roheit zu den Foltergeräten. 2 Zunächst zogen sie den Greis vollständig aus; reich geschmückt freilich blieb er durch jenen Adel, <strong>der</strong> die<br />

Frömmigkeit umwaltet. 3 Dann banden sie ihm von beiden Seiten die Hände auf den Rücken und peinigten ihn mit Geißelhieben, 4 während<br />

von einer an<strong>der</strong>en Seite ein Herold ihm zubrüllte: Gehorche den Geboten des Königs! 5 Er aber, <strong>der</strong> Hochgemute und Edelgeborene, im wahren<br />

Sinne des Namens ein Eleazaros, kehrte sich nicht im Mindesten daran, gerade als träume er nur von den Foltern; 6 vielmehr die Augen<br />

hoch zum Himmel richtend, ließ sich <strong>der</strong> Greis das Fleisch in Stücken vom Leibe geißeln, ließ sich von Blut überströmen und die Seiten mit<br />

Wunden bedecken. 7 Und als er am Zusammenbrechen war, weil sein Körper die Schmerzen nicht mehr ertrug, da hielt er doch aufrecht und<br />

ungebeugt die Vernunft. 8 Einer <strong>der</strong> rohen Speerträger sprang ihm in die Weichen und gab ihm einen Fußtritt, damit er, <strong>der</strong> Zusammenbrechende,<br />

sich wie<strong>der</strong> aufrecht stelle. 9 Er aber hielt die Schmerzen aus, verachtete den Zwang und ertrug die Mißhandlungen, 10 und<br />

wie ein braver Athlet sich schlagend überwand <strong>der</strong> Greis seine Peiniger. 11 Selbst von diesen wurde er, schweißbedeckten Antlitzes und<br />

schwer keuchend, wegen seinen wackeren Mutes angestaunt.<br />

12 Teils aus Mitleid mit seinem Greisenalter, 13 teils aus Teilnahme für ihren Bekannten, teils aus Bewun<strong>der</strong>ung seiner Standhaftigkeit<br />

traten da einige vom Hofe des Königs zu ihm und sprachen: 14 Warum willst du dich wegen dieser erbärmlichen Geschichten unvernünftig<br />

zu Grunde richten, Eleazar? 15 Wir wollen dir von <strong>der</strong> gekochten reinen Speise zu essen geben; du aber tue, als kostetest du von dem<br />

Schweinefleisch, und rette dich dadurch!<br />

16 Doch Eleazaros, als sei er durch diesen Rat noch roher gepeinigt worden, schrie auf: 17 Nein! Von so schlechter Gesinnung wollen wir<br />

nicht sein, wir Söhne Abrahams, daß wir mit weichlicher Seele eine unser unwürdige Komödie spielen. 18 Ja, das wäre unvernünftig, wenn<br />

wir, die wir unser Leben lang bis zum<br />

Greisenalter im Verkehr mit <strong>der</strong> Wahrheit gelebt und unsere Ansicht hierüber mit gesetzestreuem Ernste vertreten haben, - wenn wir jetzt<br />

umschlagen würden 19 und wenn wir in eigner Person <strong>der</strong> Jugend ein Urbild <strong>der</strong> Gottlosigkeit würden, um als Beispiel dafür zu dienen, daß<br />

man Unreines genießen darf. 20 Ja eine Schande wäre es, wenn wir während des vielleicht nur kurzen Restes unseres Lebens von allen<br />

wegen unserer Feigheit ausgelacht 21 und von dem Tyrannen als unmännlich verachtet würden, unser göttliches Gesetz aber nicht bis in<br />

den Tod beschirmt hätten. 22 Solchen Zumutungen gegenüber geht ihr, ihr Söhne Abrahams, voll adeliger Gesinnung im <strong>Die</strong>nste <strong>der</strong><br />

Frömmigkeit in den Tod! 23 Ihr aber, ihr Speerträger des Tyrannen, was zau<strong>der</strong>t ihr?<br />

24 Als sie ihn den Zwangsmitteln gegenüber so hochgemut und selbst ihrem Mitleide gegenüber so unbeugsam sahen, schleppten sie ihn auf<br />

das Feuer, 25 legten neues Brennholz unter, brannten ihn mit grausam ersonnenen Werkzeugen und gossen ihm stinkende Brühe in die<br />

Nasenlöcher. 26 Er aber, schon bis auf die Knochen verbrannt und nahe daran, das Leben auszuhauchen, hob seine Augen auf zu Gott und<br />

sprach: 27 Du, o Gott, weißt es: ich hätte mich retten können, aber unter des Feuers Qualen sterbe ich um des Gesetzes willen. 28 Sei gnädig<br />

deinem Volke, laß dir genügen die Strafe, die wir um sie erdulden! 29 Zu einer Läuterung laß ihnen mein Blut dienen und als Ersatz für ihre<br />

Seele nimm meine Seele! 30 Nach diesen Worten starb <strong>der</strong> hehre Mann voll adeliger Gesinnung in den Martern: bis zu den Todesmartern<br />

konnte er durch die Vernunft Wi<strong>der</strong>stand leisten um des Gesetzes willen.<br />

31 So ist es denn sonnenklar, daß Herrin <strong>der</strong> Triebe die fromme Vernunft ist. 32 Denn wenn in dem Martyrium des Eleazar die Triebe über<br />

die Vernunft geherrscht hätten, dann hätte ich ihnen wohl das Zeugnis gegeben, daß sie die Übermacht haben. 33 Nun aber hat die Vernunft<br />

über die Triebe gesiegt, folglich gestehen wir ihr mit Fug und Recht den Anspruch auf die Oberleitung zu. 34 Und es ist in <strong>der</strong> Ordnung, daß<br />

wir bekennen, die Macht gebühre <strong>der</strong> Vernunft, da sie ja selbst die äußeren Schmerzen beherrscht als lächerliche Dinge. 35 Zudem zeige<br />

ich ja, daß die Vernunft nicht nur über die Schmerzen geherrscht hat, son<strong>der</strong>n auch, daß sie über die Lüste herrscht, ohne ihnen zu weichen.<br />

1 Lenkte doch wie ein trefflicher Steuermann die Vernunft unseres Vaters Eleazaros mit dem Steuer in <strong>der</strong> Hand das Schiff <strong>der</strong> Frömmigkeit<br />

im Meer <strong>der</strong> Triebe, 2 und umstürmt von den Drohungen des Tyrannen und überflutet von den Wogenmassen <strong>der</strong> Martern, 3 wandte sie die<br />

Steuerru<strong>der</strong> <strong>der</strong> Frömmigkeit nicht um Haaresbreite vom Ziele weg, bis sie eingelaufen war in den Hafen des unsterblichen Siegs. 4 Noch

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