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Die Apokryphen - Verborgene Bücher der Bibel

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Erlebte Unsere Liebe Frau am Ende ihres irdischen Daseins jene Art von Tod, die wir, sterbliche Sün<strong>der</strong>, erleiden müssen? Und wie stand es<br />

um das Jesuskind; hatte es schon in seiner frühen Jugend durch seine Weisheiten und seine Wun<strong>der</strong>taten <strong>der</strong> Welt seine Gottheit enthüllt;<br />

wurden abgesehen von dem, was uns die Evangelisten aufgezeichnet haben, noch an<strong>der</strong>e Worte des Meisters gesammelt, noch irgendeine<br />

an<strong>der</strong>e geheime Offenbarung aufbewahrt? Was geschah mit dem lebendigen Erlöser nach seinem menschlichen Tod? Wie war seine<br />

Auferstehung vor sich gegangen? Wo hatten die Apostel gepredigt? Welcher Tod war ihnen am Ende ihrer missionarischen Tätigkeit beschieden?<br />

Wie lebten die Auserwählten und die Verdammten im Jenseits?<br />

Man könnte nun einwenden, daß einige dieser Fragen von einer etwas eitlen Neugier zeugen. Viele von ihnen entspringen in <strong>der</strong> Tat <strong>der</strong><br />

blühenden Phantasie jenes einfachen Volks, aus dem das Christentum seine ersten Anhänger gewann. Aber betrachten wir doch einmal<br />

eingehen<strong>der</strong> den glühenden Glauben dieser ersten Christen. Ihre Gemeinden fanden Freude daran, über die weltbewegenden Ereignisse <strong>der</strong><br />

Geburt des Messias, seiner Erlösertätigkeit und <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> von ihm gegründeten Kirche nachzudenken. Von Mund zu Mund wurden<br />

die kostbaren Erinnerungen <strong>der</strong> Augenzeugen des Lebens Christi, <strong>der</strong> Jünger <strong>der</strong> ersten Stunde, weitergegeben. Waren es doch immer die<br />

Worte des Meisters, die in <strong>der</strong> Kette jener Stimmen wi<strong>der</strong>hallten.<br />

Während man also leidenschaftlich jene Auswahl von Worten und Taten des Erlösers, die Evangelien, las, bestanden bei <strong>der</strong> großen Menge<br />

mündliche Überlieferungen mit fort, <strong>der</strong>en Ursprung nur zum Teil feststellbar war. <strong>Die</strong>se Überlieferungen schlugen sich bald in Schriften<br />

nie<strong>der</strong>; die eine Menge von Fragen bebeantworteten<br />

Kanonisch o<strong>der</strong> nicht<br />

Zunächst wollen wir uns <strong>der</strong> Frage zuwenden, welche Gründe ausschlaggebend waren, daß die einen Schriften des Neuen Testamentes als<br />

kanonische, die an<strong>der</strong>en aber als apokryphe eingestuft wurden? Ganz ohne Zweifel wurde als wahr das angesehen, was direkt auf Jesus<br />

Christus zurückging. Anfangs wurden wohl hauptsächlich die Herrenworte gepredigt und sicherlich auch schriftlich fixiert (Spruchquelle).<br />

<strong>Die</strong> christlichen Gemeinden verbreiteten sich rasch, so daß unmittelbare Augenzeugen nicht mehr allein in <strong>der</strong> Lage waren, die Botschaft des<br />

Lebens und <strong>der</strong> Auferstehung Jesu zu verkünden. Für eine authentische Verkündigung wurde eine schriftliche Fixierung unabdingbar. Als<br />

Ersatz für die mündlichen Berichte entstanden somit im 7. und 8. Jahrzehnt die Evangelienbücher, die bald als heilige Schriften anerkannt<br />

wurden.<br />

Als Autorität für die Christenheit wurden alle Apostelberichte angesehen. Wie weit sie sich selber als authentische Interpreten <strong>der</strong> Botschaft<br />

Christi verstanden haben, läßt sich nicht sagen. In nachapostolischer Zeit (zwischen 70 und 140) fanden sie jedenfalls höchste Anerkennung.<br />

Wenn es um Fragen ging, die für die Kirche wichtig waren, berief man sich auf die Apostel.<br />

Eine entscheidende Epoche in <strong>der</strong> Kanonbildung ist die Zeit von 140 bis 200. Justin kann man als Zeugen für den Stand <strong>der</strong> Dinge um 150 in<br />

Rom ansehen. Für ihn haben die Evangelien kanonische Geltung. Es ist aber zweifelhaft, ob er das Johannes-Evangelium schon dazugezählt<br />

hat. Jedenfalls belegt er, daß sich zuerst die vom Herrn erzählenden Schriften, also die Evangelienbücher, durchgesetzt haben. Probleme<br />

ergeben sich in <strong>der</strong> 2.Hälfte des 2. Jahrhun<strong>der</strong>ts wegen <strong>der</strong> vierfachen Überlieferung. Tatian versuchte das Problem durch eine<br />

Evangelienharmonie, das heißt durch eine Reduktion auf eine Version, zu lösen. In seinem >Diatesseron< wurden die vier Evangelien so<br />

zusammengestellt, daß sie ein einheitliches Werk bildeten. Um die Wende vom 2. zum 3. Jh. steht dann aber doch fest, daß die Vierzahl <strong>der</strong><br />

Evangelien beibehalten wird. <strong>Die</strong> Apostelschriften, die aus den Paulusbriefen und einigen an<strong>der</strong>en Schriften bestehen, sind zu dieser Zeit<br />

noch nicht abgesichert. Immerhin stimmen Irenäus, Tertullian und Clemens von Alexandrien, die damals bedeutendsten Kirchenväter, in<br />

dem überein, was sie als kanonisch ansehen: die vier Evangelien, dreizehn Paulusbriefe, <strong>der</strong> 1. Petrusbrief, <strong>der</strong> 1. Johannesbrief, die<br />

Apostelgeschichte des Lukas und die Johannesapokalypse.<br />

Unterschiedliche Entwicklung<br />

<strong>Die</strong> Entwicklung des Kanons ist in Ost und West verschieden verlaufen. Manche Schriften, die im Westen abgelehnt wurden, fanden im<br />

Osten bis ins 4. Jh. große Wertschätzung und wurden in einzelnen Gemeinden sogar als kanonisch angesehen. Darunter zählen Schriften wie<br />

<strong>der</strong> Barnabasbrief, <strong>der</strong> Hirte von Hermas, die Petrusapokalypse und die Didache.<br />

Wie wurde nun im Osten das Problem <strong>der</strong> neutestamentlichen Kanonbildung angegangen? Origines hat ein System gefunden, nach dem er<br />

kanonische und nichtkanonische Schriften einteilt. Da gibt es erstens allgemein anerkannte Schriften, zweitens die lügnerischen, die von<br />

Heuchlern verfaßt wurden, und drittens Schriften, <strong>der</strong>en Echtheit und Apostolizität bezweifelt wird (z. B. <strong>der</strong> 2. Petrusbrief und die<br />

katholischen Briefe, von Hermas). <strong>Die</strong>se Einteilung zeigt, daß die Entwicklung noch in vollem Gange war, da es noch eine Gruppe gab, die<br />

die einen annahm, die an<strong>der</strong>en aber ablehnte.<br />

In <strong>der</strong> griechischen Kirche des 3. Ih. stand nicht eindeutig fest, ob das Neue Testament 21 (d. h. ohne Johannes-Apokalypse und die<br />

Mehrzahl <strong>der</strong> katholischen Briefe) o<strong>der</strong> 26 (alle Schriften, die auch heute gelten, aber ohne Johannes-Apokalypse) umfaßte. Aber schon 367<br />

nimmt Athanasius von Alexandrien in seinem berühmten Osterfestbrief 27 <strong>Bücher</strong> in den Kanon auf. Vom 4. Jh. an wird die Dreiteilung des<br />

Origines in zunehmendem Maße aufgegeben. Wenn man nur zwischen kanonischen und häretischen Schriften unterscheidet, so bedeutet<br />

dies, daß <strong>der</strong> Kanon schon ziemlich gefestigt war. Trotzdem haben sich die 7 katholischen Briefe erst im 5. und 6. Jh. durchgesetzt, die<br />

Offenbarung des Johannes scheint gar im 9. Jh. noch in einzelnen Gemeinden als nichtkanonisch angesehen worden zu sein.<br />

<strong>Die</strong> Kanonbildung im Westen<br />

Etwas schneller erfolgte die Kanonisierung im Westen. Nach dem Zeugnis des Hieronymus und des Augustinus war das NT mit 27 <strong>Bücher</strong>n,<br />

(<strong>der</strong> heutige Stand) um 400 offiziell anerkannt. Aber auch hier bestanden vereinzelt Zweifel, allerdings weniger über die Kanonizität <strong>der</strong><br />

<strong>Bücher</strong> als vielmehr über ihre Echtheit. Beispielsweise wurde die paulinische Herkunft des Hebräerbriefes geleugnet.<br />

<strong>Die</strong> röm.-kath. Kirche hat den Kanon <strong>der</strong> <strong>Bibel</strong> im Jahre 1546 auf dem Konzil von Trient (Tridentinum) endgültig festgelegt. Man entschied<br />

im Sinne des 4. Jh. und auch ohne das Echtheitsproblem <strong>der</strong> einzelnen Schriften zu lösen.<br />

Dokumente <strong>der</strong> Kanonbildung<br />

An dieser Stelle seien drei frühe Dokumente <strong>der</strong> Kanonbildung zitiert. Origines (185-254) bezeugt die Kanonisierung <strong>der</strong> vier Evangelien.<br />

>Durch Überlieferung habe ich über die vier Evangelien, die allein in Gottes unter dem Himmel ausgebreiteter Kirche keinen Wi<strong>der</strong>spruch<br />

finden, folgendes erfahren: Zuerst wurde das Evangelium nach dem früheren Zöllner und späteren Apostel Matthäus, <strong>der</strong> es für die<br />

Gläubigen aus dem Judentum herausgebracht hat, in hebräischer Schrift verfaßt; als zweites das Evangelium nach Markus, <strong>der</strong> sich nach den<br />

Anweisungen des Petrus gerichtet hat; als drittes dasjenige nach Lukas, <strong>der</strong> das von Paulus gepriesene Evangelium für die Gläubigen aus den<br />

Heiden verfaßt hat; nach allen das Evangelium nach Johannes.< Ein umfassendes Verzeichnis <strong>der</strong> heiligen Schriften (NT) bietet <strong>der</strong> Canon<br />

Muratori, <strong>der</strong> vermutlich um 200 in Rom entstanden ist: »Das dritte Evangelienbuch nach Lukas. <strong>Die</strong>ser Arzt Lukas hat es, da ihn Paulus als<br />

des Weges (<strong>der</strong> Lehre) Kundigen herangezogen hatte, unter seinem Namen nach dessen Meinung verfaßt. Das vierte <strong>der</strong> Evangelien, des<br />

Johannes, (eines) von den Jüngern ... <strong>Die</strong> Briefe aber des Paulus, welche von Paulus selbst sind, von welchen Orten und aus welchem Anlaß<br />

sie geschrieben sind, erklären das denen, die es wissen wollen, selbst. «<br />

Im Osterbrief spricht Athanasius von Alexandrien von 27 <strong>Bücher</strong>n des NT,- in diesem Umfang stellt das NT sich auch heute dar. Nachdem<br />

Athanasius die alttestamentlichen Schriften aufgezählt hat, fährt er fort:<br />

»Ohne Bedenken sind die Schriften des Neuen Testamentes zu nennen: <strong>Die</strong> vier Evangelien nach Matthäus, Markus, Lukas und Johannes,<br />

ebenso danach die Apostelgeschichte und die sieben sogenannten katholischen Briefe <strong>der</strong> Apostel, <strong>der</strong> des Jakobus, zwei des Petrus, drei des<br />

Johannes und einer des Judas. Dazu kommen vierzehn Briefe des Apostels Paulus, <strong>der</strong> erste an die Römer, zwei an die Korinther, <strong>der</strong> an die

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