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Die Apokryphen - Verborgene Bücher der Bibel

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wusch es damit. Gleich darauf war das Mädchen vom Aussatz gereinigt. <strong>Die</strong> Bewohner jener Stadt aber sagten: »Es besteht kein Zweifel:<br />

Joseph und Maria und dieser Knabe sind Götter, keine Menschen.« Als sie sich anschickten, sich von ihnen zu entfernen, da trat jenes Mädchen,<br />

das an Aussatz gelitten hatte, zu ihnen und bat sie, es als Begleiterin mitzunehmen.<br />

Von da zogen Joseph und die erhabene Maria weiter und kamen in eine einsame Gegend, und da sie hörten, sie werde von räuberischen<br />

Überfällen heimgesucht, beschlossen sie, dieses Gebiet bei Nacht zu durchziehen. Doch siehe, unterwegs erblickten sie zwei Räuber, die an<br />

<strong>der</strong> Straße lagen, und mit ihnen eine Menge von Räubern, die zu ihnen gehörten und ebenfalls schliefen. Jene zwei Räuber, in <strong>der</strong>en Hände<br />

sie gefallen waren, waren Titus und Dumachus. Da sagte Titus zu Dumachus: > Ich bitte dich, laß diese in Freiheit weiterziehen, und so, daß<br />

unsere Genossen sie nicht bemerken.< Dumachus aber weigerte sich. Da sprach Titus wie<strong>der</strong>um: > Nimm von mir vierzig Drachmen und<br />

behalte sie als Pfand.< Gleichzeitig reichte er ihm den Gürtel, den er um sich hatte, damit er den Mund hielte und nicht redete. Als die<br />

erhabene Herrin Maria sah, daß dieser Räuber ihnen die Wohltat gewährt hatte, sprach sie zu ihm: >Gott, <strong>der</strong> Herr, wird dich mit seiner<br />

Rechten stützen und dir Sündenvergebung schenken.< Da antwortete <strong>der</strong> Herr Jesus und sprach zu seiner Mutter: »In dreißig Jahren, Mutter,<br />

werden mich die Juden in Jerusalem kreuzigen, und jene zwei Räuber werden mit mir ans Kreuz geschlagen werden, Titus zu meiner<br />

Rechten, Dumachus zu meiner Linken, und nach jenem Tag wird Titus mir ins Paradies vorangehen.< Da sprach jene: »Davor bewahre dich<br />

Gott, mein Sohn.« Von dort gingen sie weiter zur Stadt <strong>der</strong> Götzen; als sie sich ihr näherten, wurden sie in Sandhügel verwandelt. Von da<br />

begaben sie sich zu jener Sykomore, die heute Matarea heißt, und <strong>der</strong> Herr Jesus ließ in Matarea eine Quelle sprudeln, in <strong>der</strong> die erhabene<br />

Maria sein Hemd wusch. Aus dem Schweiß des Herrn Jesus, den sie dort auswrang, ist in jener Gegend Balsam entstanden.<br />

<strong>Die</strong> in Geißlein verwandelten Kin<strong>der</strong><br />

Eines Tages ging <strong>der</strong> Herr Jesus hinaus auf die Straße und sah Kin<strong>der</strong>, die sich zum Spielen versammelt hatten. Er folgte ihnen nach; die<br />

Kin<strong>der</strong> aber versteckten sich vor ihm. Als <strong>der</strong> Herr Jesus nun zur Türe eines Hauses kam und Frauen dort herumstehen sah, fragte er sie, wo<br />

jene Kin<strong>der</strong> hingegangen seien. Sie antworteten, niemand sei dort; da sprach <strong>der</strong> Herr Jesus: > <strong>Die</strong>, welche ihr im Ofen seht, wer sind sie?<<br />

>Das sind dreijährige Geißlein< antworteten jene. Da sprach <strong>der</strong> Herr Jesus: »Kommt heraus, ihr Geißlein, zu eurem Hirten.« Da liefen die<br />

Kin<strong>der</strong> in Gestalt von Geißlein heraus und begannen, um ihn herumzuhüpfen. Als dies jene Frauen sahen, wurden sie von Staunen und<br />

Furcht ergriffen, und eilends fielen sie vor dem Herrn Jesus nie<strong>der</strong>, flehten ihn an und sprachen: > O unser Herr Jesus, Sohn <strong>der</strong> Maria, du<br />

bist wahrhaftig jener gute Hirte Israels, erbarme dich deiner Mägde, die vor dir stehen und die nie gezweifelt haben: denn zum Heilen bist du<br />

gekommen, unser Herr, nicht zum Ver<strong>der</strong>ben. < Der Herr Jesus antwortete und sprach: > <strong>Die</strong> Kin<strong>der</strong> Israels sind wie die Äthiopier unter den<br />

Völkern.< Da sagten die Frauen: > Du, Herr, weißt alles, und nichts bleibt vor dir verborgen; jetzt aber bitten wir dich und erflehen von deinem<br />

Erbarmen, daß du diese Kin<strong>der</strong>, deine Knechte, in ihren ursprünglichen Zustand zurückverwandelst.< Da sprach <strong>der</strong> Herr Jesus: ><br />

Kommt, Kin<strong>der</strong>, wir wollen fortgehen und spielen!< Und augenblicklich wurden im Beisein dieser Frauen die Geißlein in Kin<strong>der</strong> verwandelt.<br />

Das armenische Kindheitsevangelium<br />

Wenn das armenische Kindheitsevangelium auch nicht aufgenommen ist, um Wie<strong>der</strong>holungen zu vermeiden, so soll es doch kurz erwähnt<br />

werden. Es verarbeitet alles Vorausgegangene, also auch das Protevangelium Jacobi, dem aber vieles hinzugefügt wird. Aus diesem<br />

Evangelium haben wir auch die Namen <strong>der</strong> Magier: Gaspan Melquon und Balthasar. Sie sind nicht mehr wie im Neuen Testament einfache<br />

Gelehrte, son<strong>der</strong>n königliche Brü<strong>der</strong>. Melquon, dessen Name später zu Melchior abgeän<strong>der</strong>t wurde, ist <strong>der</strong> König von Persien, Balthasar <strong>der</strong><br />

König von Indien und Gaspar (später: Caspar) <strong>der</strong> König von Arabien.<br />

Pseudo-Matthäus<br />

<strong>Die</strong> Kindheitslegenden waren im Abendland viel gelesen und sehr beliebt. Von offizieller Seite war das nicht gerne gesehen. Schon<br />

Hieronymus hatte diese ganze Literatur abgelehnt. Von den Päpsten (Damasus, Innozenz I., Gelasius) wurden sie verurteilt. Da das<br />

Kirchenvolk dennoch daran festgehalten hat, sah man einen Ausweg darin, daß man ein neues Sammelwerk erstellte (8./9. Jh.). Man ließ in<br />

dem sog. Pseudo-Matthäus Wun<strong>der</strong> allzu undogmatischer Art weg. Das so entstandene Werk stellte vor allem die Jungfrau Maria in den<br />

Vor<strong>der</strong>grund und diente ihrer Verherrlichung. Es ist also kein Wun<strong>der</strong>, daß es ungeheueren Anklang fand, und auch auf Kunst und Literatur<br />

einen beinahe unübersehbaren Einfluß ausübte. Doch immer noch fand sich in ihm die erste Ehe Josephs, <strong>der</strong>en Behauptung inzwischen als<br />

Irrlehre angesehen wurde. Indem man nun auch diese Häresie herausließ und noch an<strong>der</strong>e anstößige Einzelheiten strich, blieb noch die ><br />

Geschichte von <strong>der</strong> Geburt <strong>der</strong> Maria< übrig. Jakobus de Voragine nahm sie in seine »Legenda aurea«, in die > goldene Legende< auf, so<br />

daß sie nun endgültig in <strong>der</strong> ganzen christlichen Welt verbreitet wurde. In den in diesem Buche zitierten Auszügen des Pseudo-Matthäus ist<br />

auch die erste Erwähnung von Ochs und Esel wie<strong>der</strong>gegeben. Bekanntlich ist von diesen Tieren, die in keiner Weihnachtskrippe fehlen<br />

dürfen, im NT nicht die Rede. Den <strong>Apokryphen</strong> war es vorbehalten, ihnen solche Berühmtheit zu verleihen. Wie schon erwähnt, ist in den ><br />

Legenden über das Jesuskind in Ägypten< das spätere Wirken des Herrn vorweggenommen. Christus ist gekommen, um den Frieden in die<br />

Welt zu bringen. Nach <strong>der</strong> <strong>Bibel</strong> aber ist die Friedenszeit angebrochen, wenn > die Wölfe weiden mit den Lämmern Löwe und<br />

Ochs Stroh zusammen fressen Der<br />

Ochse kennt seinen Besitzer und <strong>der</strong> Esel die Krippe seines Herrn. < So beteten sogar die Tiere, Ochs und Esel, ihn ständig an, während sie<br />

ihn zwischen sich hatten. Da erfüllte sich, was durch den Propheten Habakuk verkündet ist, <strong>der</strong> sagt: > Zwischen zwei Tieren wirst du<br />

erkannt.< Joseph blieb am gleichen Ort mit Maria drei Tage.<br />

Legenden über das Jesuskind in Ägypten<br />

Da sie zu einer Höhle kamen und in ihr rasten wollten, stieg die selige Maria von ihrem Lasttier, setzte sich nie<strong>der</strong> und hielt das Jesuskind in<br />

ihrem Schoß. Mit Joseph waren zugleich drei Knaben und mit Maria einige Mädchen auf <strong>der</strong> Reise. Und siehe, plötzlich kamen aus <strong>der</strong><br />

Höhle viele Drachen hervor. Als die Knaben dies sahen, schrieen sie in großem Entsetzen laut auf. Da stieg Jesus vom Schoße seiner Mutter<br />

herab und stellte sich vor die Drachen auf seine Füße. Darauf beteten jene Jesus an und wichen dann vor ihnen zurück. Da erfüllte sich, was<br />

durch den Propheten David verkündet ist, als er sagt: > Lobet den Herrn, ihr Drachen von <strong>der</strong> Erde, Drachen und alle Abgründe!< Das<br />

Jesuskind selbst aber ging vor den Drachen umher und gebot ihnen, sie sollten keinem Menschen Schaden zufügen. Maria und Joseph aber<br />

hatten große Angst, das Kind möchte von den Drachen verletzt werden. Da sagte Jesus zu ihnen: > Habt keine Angst und achtet nicht darauf,<br />

daß ich ein Kind bin; denn ich bin immer vollkommen gewesen und bin es auch jetzt; alle wilden Tiere müssen vor mir zahm werden.«<br />

Gleichermaßen beteten Löwen und Leoparden ihn an und begleiteten sie in <strong>der</strong> Wüste. Wohin auch Joseph und die selige Maria gingen,<br />

schritten sie ihnen voran, indem sie ihnen den Weg zeigten und ihre Köpfe senkten; mit ihren Schwänzen wedelnd taten sie ihre<br />

<strong>Die</strong>nstfertigkeit kund und verehrten ihn mit großer Ehrfurcht. Aber als Maria die Löwen und Leoparden und allerhand Arten von wilden<br />

Tieren um sie herumlaufen sah, wurde sie zuerst von heftigem Schrecken erfaßt. Da schaute ihr das Jesuskind mit fröhlicher Miene ins<br />

Gesicht und sprach: »Fürchte dich nicht, Mutter; denn sie kommen nicht, um dir ein Leid zu tun, son<strong>der</strong>n in Eile kommen sie, dir und mir zu<br />

gehorchen.« Mit diesen Worten nahm er die Furcht aus ihrem Herzen. <strong>Die</strong> Löwen aber gingen zusammen mit ihnen einher mit den Ochsen

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