Unsichtbare Bildungsprogramme? Zur ... - Nordrhein-Westfalen direkt
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symptomatischerweise auf ‚flüchtige‘ Tätigkeiten<br />
beziehen, bezeichnen wir als ‚nicht-zertifizierte<br />
berufspraktisch relevante Kompetenzen’. Gemeint<br />
sind damit Kompetenzen, die zwar auch außerhalb der<br />
Szene berufspraktisch verwertbar sind, die sich aber<br />
nicht oder nur schlecht nachweisen lassen.<br />
2.2.5 Die Kategorie ‚Quasi-zertifizierte<br />
berufspraktisch relevante<br />
Kompetenzen’<br />
Techno-Partys – und schon gar große Techno-Events –<br />
müssen organisiert werden. Dem Tätigkeitsfeld<br />
‚Organisation‘ lassen sich alle Aktivitäten zurechnen,<br />
die der Planung einer Veranstaltung, d.h. der Klärung<br />
der Frage dienen, wo, wann und unter welchen<br />
Bedingungen eine Party durchgeführt und mit welchen<br />
Mitteln (Krediten, Rücklagen, Sponsorengeldern) sie<br />
finanziert werden kann. Dazu bedarf es Kompetenzen,<br />
die Organisatoren in die Lage versetzen, die Erwartungen<br />
der potentiellen Veranstaltungsbesucher auf der<br />
Basis der (Konsum-)Gewohnheiten und Vorlieben,<br />
Verhaltensweisen und Umgangsformen dieser speziellen<br />
Klientel einschätzen zu können, mit (kommunalen)<br />
Entscheidungsträgern erfolgreich zu verhandeln,<br />
Rechtsfragen zu klären, Verträge abzuschließen usw.<br />
Erforderlich sind hierfür administrative Kompetenzen<br />
wie solche der Buchhaltung und der Buchführung, juristische<br />
Kompetenzen wie solche des Brand- und<br />
Lärmschutzes, der Hygienebedingungen usw., betriebswirtschaftliche<br />
Kompetenzen wie solche der Kalkulation,<br />
Kostenrechnung und des (Event-)Marketings.<br />
In den Zuständigkeitsbereich der Event-Organisatoren<br />
fällt überdies das Management der Veranstaltung, welches<br />
die Planung der Logistik, die Aufgabenverteilung<br />
an Personal, die Logistik und Überwachung ihrer korrekten<br />
Durchführung sowie die gesamte finanzielle<br />
und steuertechnische Abwicklung der Veranstaltung<br />
beinhaltet. In dem Maße, in dem diese die Planung,<br />
Finanzierung und das Management betreffenden organisatorischen<br />
Abläufe auf die ihnen zugrunde liegenden<br />
Prinzipien bzw. ‚Logiken‘ der Problem bewältigung<br />
hin für folgende Veranstaltungen einer Reflexion<br />
unterzogen werden, kann von der Entwicklung und<br />
Aneignung ‚methodischer’ Kompetenz gesprochen<br />
werden.<br />
In hohem Umfang braucht es überdies Kompetenzen<br />
der Selbstorganisation, d.h. des Einschätzungsvermögens<br />
der eigenen Einsatzbereitschaft und des eigenen<br />
Leistungsvemögens; es braucht Kompetenzen der Ko-<br />
operation, d.h. der Interaktion und Kommunikation<br />
mit szene-internen (z.B. DJs, Booker) und szene-externen<br />
Partnern (z.B. Vertretern des Ordungsamts und der<br />
Gewerbeaufsicht, Sponsoren), auf die hin jeweils eine<br />
– deren (unterschiedlichen) Erwartungen entsprechende<br />
– Selbstdarstellung an den Tag zu legen ist; und<br />
schließlich bedarf es Kompetenzen der Delegation,<br />
d.h. des Einschätzungsvermögens, welche Aufgaben<br />
anderen (Mit- und Zuarbeitern) übertragen werden<br />
können und welche Aufgaben ‚in Eigenregie‘ zu erledigen<br />
sind.<br />
Derlei Kompetenzen, die Event-Veranstalter sozusagen<br />
‚der ersten Stunde’ allenfalls rudimentär im<br />
Rahmen einer vorgängigen, bislang in der Regel<br />
unspezifischen Berufsausbildung oder in einem – wie<br />
auch immer gearteten – Hochschulstudium erlernt haben,<br />
die sie infolgedessen vor allem sukzessive im<br />
‚learning by doing‘-Verfahren und im Zuge von ‚trialand-error‘-Prozessen<br />
erworben haben, eröffnen solcherart<br />
spezialisierten Szenegängern auch außerhalb<br />
der Techno-Party-Szene mannigfaltige Betätigungsmöglichkeiten.<br />
Florierende Betriebe mit mehreren<br />
festen Mitarbeiterstellen, hohe Umsätze, schwarze’<br />
Zahlen’ in den Geschäftsbüchern dürften in der Regel<br />
hinlänglich den Erwerb dieser Kompetenzen dokumentieren.<br />
‚Belegen’ lassen sie sich überdies in Form<br />
von ‚Booklets’, in denen die Konzeption der Veranstaltung,<br />
Realisierungsschritte aller Art, Werbemaßnahmen,<br />
Personalaufstellungen, Besucherzahlen, Einnahmen<br />
und Ausgaben usw. im Einzelnen aufgeführt sind.<br />
Strukturell hiermit vergleichbar sind Kompetenzen<br />
von Szenegängern, die sich auf die Vermittlung von<br />
DJs für Events spezialisiert haben und die in der<br />
Techno-Party-Szene als ‚Booker’ bezeichnet werden.<br />
Beim Buchen eines Ensembles von DJs für ein<br />
Techno-Event orientiert sich der Booker (mehr oder<br />
weniger eng) an der so genannten „Booking-Pyramide“:<br />
Das „Line up“ einer ‚mittleren’ hinlänglich<br />
zugkräftigen Techno-Veranstaltung weist dementsprechend<br />
ein oder zwei Spitzen-DJs (A-Liner), mehrere<br />
DJs aus dem Mittelfeld (B-Liner) und ein breiteres<br />
Fundament an C-Linern auf. Der Kategorie „A-Liner“<br />
werden weltweit und über die Szenegrenzen hinaus<br />
bekannte und langjährig erfolgreiche DJs zugerechnet.<br />
Der Aufstieg in diese Prominenten-Liga für andere<br />
DJs gilt als immer schwieriger bzw. unwahrscheinlicher.<br />
Als „B-Liner“ gelten überregional bekannte und<br />
aktuell ‚angesagte‘ DJs, und als „C-Liner“ firmieren<br />
schließlich regional bzw. lokal bekannte DJs, z.B. die<br />
‚Residents‘ desjenigen Clubs, in dem die<br />
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