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Unsichtbare Bildungsprogramme? Zur ... - Nordrhein-Westfalen direkt

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68<br />

6. Das Bildungsprogramm der LAN-Szene<br />

6.1 Szeneportrait 168<br />

6.1.1 Entstehung und Entwicklung<br />

Spätestens seit dem ‚Amoklauf’ eines Schülers in<br />

Erfurt im Mai 2001 ist die LAN-Szene 169 und ihre<br />

Anhängerschaft verstärkt in den Fokus öffentlicher<br />

Aufmerksamkeit geraten. Bis dahin scheint das Phänomen<br />

kaum bzw. gar kein öffentliches Interesse geweckt<br />

zu haben. Tatsächlich aber beginnt die Geschichte der<br />

LAN-Szene bereits im Jahr 1993, als Jugendliche<br />

damit begannen, erste Treffen zu arrangieren, um gemeinsam<br />

die damals neuartigen ‚Multi-Player-Games’<br />

an ihren Computern zu spielen. Diese neue Variante<br />

des Computerspielens ermöglichte es erstmals mehreren<br />

Personen gleichzeitig, ihre Spielfiguren auf einem<br />

Bildschirm zu steuern und dabei an ein- und demselben<br />

Spiel teilzunehmen. Bereits kurz nach der Markteinführung<br />

dieser Computerspiele bildeten sich erste<br />

Gruppen, die sich regelmäßig in privaten Räumlichkeiten<br />

zum vernetzten Spielen trafen. Diese Zusammenkünfte<br />

weniger jugendlicher ‚Computerfreaks’<br />

haben sich im Laufe der letzten Jahre zu großen (professionell)<br />

organisierten Veranstaltungen (LAN-<br />

Partys) entwickelt; aus vereinzelten Spielergruppierungen<br />

entstand eine seither fortwährend expandierende<br />

jugendkulturelle Gesellungsform, die sich selbst<br />

LAN- bzw. Gaming-Szene nennt.<br />

Den Statistiken über Veranstaltungs- und Teilnehmerzahlen<br />

von ‚Planetlan’, einem der beiden bedeutendsten<br />

Informationsportale der deutschen LAN-Szene,<br />

lässt sich entnehmen, dass jährlich ca. 1000 LAN-<br />

Partys (mit insgesamt ca. 140.000 Besuchern) stattfinden.<br />

Die darin dokumentierten Teilnehmerzahlen aus<br />

den Jahren 2000 bis 2003 belegen, dass in Deutschland<br />

durchschnittlich ca. 2700 Jugendliche pro Wochenende<br />

LAN-Veranstaltungen besuchen, wobei <strong>Nordrhein</strong>westfalen<br />

im nationalen Vergleich zu den Hochburgen<br />

der LAN-Szene zählt. Insbesondere im Ruhrgebiet<br />

werden jede Woche mehrere Veranstaltungen<br />

mit zwischen 50 und 500 Teilnehmern durchgeführt.<br />

168 Siehe dazu auch Tepe 2003 sowie www.jugendszenen.com.<br />

6.1.2 Soziodemographische Merkmale<br />

der Szenegänger<br />

Die große Mehrheit der Netzwerk-Spieler ist zwischen<br />

13 und 27 Jahre alt. Auf öffentlichen LAN-Partys, bei<br />

denen das Mindestalter bei 16 Jahren liegen muss,<br />

dominiert die Gruppe der 16- bis 24-Jährigen. Viele<br />

jüngere Angehörige der Szene spielen aufgrund der<br />

gesetzlich festgelegten Altersbegrenzung vorwiegend<br />

auf kleineren Partys an privaten Orten oder im<br />

Internet.<br />

Die LAN-Szene ist stark männlich dominiert, wenngleich<br />

zwischenzeitlich vermehrt auch Teilnehmerinnen<br />

bei LAN-Partys anzutreffen sind. Zwar<br />

engagieren sich Mädchen und Frauen bei LAN-Partys<br />

noch immer hauptsächlich in Randbereichen wie dem<br />

Rahmenprogramm (z.B. bei der Vergabe von Preisen),<br />

der Bewirtung oder der Besucherbetreuung, sie spielen<br />

zunehmend aber auch selber. So wurden in den letzten<br />

zwei Jahren erheblich mehr Spielerinnen als noch in<br />

den Vorjahren in der Szene registriert. Ihre spielerischen<br />

Fertigkeiten und Fähigkeiten, die sie sowohl in<br />

reinen Frauenteams als auch in gemischten Teams<br />

unter Beweis stellen, bewegen sich auf dem gleich<br />

hohen Niveau wie die ihrer männlichen Mitspieler und<br />

Kontrahenten. Auch hinsichtlich ihrer Spielpräferenzen<br />

unterscheiden sie sich nicht erkennbar von den<br />

männlichen Szenegängern. Vermutungen, dass Frauen<br />

eher gewaltfreie Spiele bevorzugen, können von uns<br />

also nicht bestätigt werden. Die Auswahl der Spiele<br />

hängt bei Spielern beiderlei Geschlechts vielmehr<br />

stark von den je aktuell auf dem Softwaremarkt angebotenen<br />

Produkten ab.<br />

Die Frage der ethnischen Zugehörigkeit scheint in der<br />

LAN-Szene keine große Rolle zu spielen, wenngleich<br />

auffällt, dass Angehörige fremder Kulturen zahlenmäßig<br />

nicht sehr stark bei LAN-Veranstaltungen vertreten<br />

sind. Dies mag nicht zuletzt darauf zurückzuführen<br />

sein, dass die Kosten für die Teilnahme an<br />

LAN-Partys relativ hoch sind, weil jeder Teilnehmer<br />

169<br />

Die Abkürzung LAN steht für ‚Local Area Network’. Diese technische Bezeichnung umschreibt lokal begrenzte Computer-Netzwerke, die – anders als das<br />

Internet – nur einem jeweils bestimmten Personenkreis zugänglich sind.

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