Unsichtbare Bildungsprogramme? Zur ... - Nordrhein-Westfalen direkt
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(1) Sportliche Kompetenz birgt in der Skateboarder-<br />
Szene durchaus Ressourcenschöpfungspotenzial,<br />
wenn und insofern einem Fahrer eine Karriere zum<br />
‚Pro-Skater’ gelingt. Notwendige aber keineswegs hinreichende<br />
Voraussetzung dafür ist zunächst ein hohes<br />
Leistungspotenzial 160 , denn um die Aufmerksamkeit<br />
von Sponsoren erringen zu können, muss ein Skater an<br />
zahlreichen Contests teilnehmen und dort möglichst<br />
konstant hohe sportliche Leistungen zeigen. Je besser<br />
diese Leistungen sind, desto größer ist die Chance,<br />
dass Sponsoren auf ihn aufmerksam werden.<br />
(Nochmals) erhöhen lässt sich diese Chance dadurch,<br />
dass der Skater einer Skateboard-Firma ein so genanntes<br />
‚Sponsor-Me-Video’ schickt, in dem er sein<br />
Können demonstriert. Schließlich muss sich der Fahrer<br />
ein bestimmtes Image ‚zulegen’, mit dem sich die<br />
jeweilige Firma, die als Sponsor in Frage kommt, identifizieren<br />
kann, d.h. das Image des Fahrers muss zum<br />
Image passen, das die Firma transportieren will. 161<br />
Ressourcenschöpfung kann für die Fahrer zum einen<br />
in Form von Sachmitteln erfolgen, was bedeutet, dass<br />
sie von ihren Sponsoren mit Kleidung (insbesondere<br />
mit Schuhen) und mit Material (Boards, Rollen, etc.)<br />
versorgt werden. Mitunter erhalten Fahrer, wenn sie<br />
einen Contest gewinnen oder sich ‚vorne’ plazieren,<br />
aber auch ein Preisgeld, d.h. eine <strong>direkt</strong>e finanzielle<br />
Unterstützung. Bei kleinen Contests besteht der Preis<br />
häufig ‚nur’ aus Sachmitteln, während große Contests,<br />
wie beispielsweise die ‚Globe-Shoes-Worldchampionships’,<br />
die einmal jährlich in den Dortmunder <strong>Westfalen</strong>hallen<br />
ausgetragen werden, durchaus mit mehreren<br />
Tausend Euro dotiert sind. Darüber hinaus besteht<br />
auch noch die Möglichkeit der <strong>direkt</strong>en finanziellen<br />
Ressourcenschöpfung mittels Sponsoring, d.h. der<br />
Fahrer bekommt von der Firma, die ihn sponsert,<br />
regelmäßige Zahlungen. Diese Variante wird in<br />
Deutschland, im Gegensatz zu den USA, allerdings<br />
eher selten praktiziert. Infolgedessen gibt es nur wenige<br />
‚Pro-Skater’, die in Deutschland alleine durch die<br />
Ausübung ihres Sports ihren Lebensunterhalt bestreiten<br />
können, (zu nennen ist hier beispielsweise<br />
Florentin Marfaing, der allerdings mittlerweile durch<br />
amerikanische Firmen gesponsert wird).<br />
(2) Skateshops werden in der Regel von Skateboardern<br />
betrieben, denn um einen solchen Laden zu führen,<br />
benötigt man neben dem kaufmännischen ‚Know-<br />
160 Hiermit ist gemeint, dass der Skater in der Lage ist, zahlreiche (vorwiegend) schwierige Tricks zu stehen.<br />
How’ ein hohes Maß an Insiderwissen. Nicht nur sind<br />
Skateboarder im Hinblick auf Produktberatung ausgesprochen<br />
anspruchsvolle Kunden, auch das zum<br />
Verkauf angebotene Equipment in Form von Kleidung<br />
und das Material sowie die Ausstattung müssen den<br />
hohen Ansprüchen der Skateboarder gerecht werden.<br />
D.h., dass die zum Verkauf stehende Ware qualitativ<br />
hochwertig sein sollte, und vor allem, dass die<br />
‚Marken der Szene’ wie beispielsweise ‚Black Label’,<br />
‚Jama’, ‚Sleibnir’, ‚Airwalk’, usw. erhältlich sein sollten.<br />
Skateboarder legen Wert darauf, dass sie die von<br />
ihnen benötigten Artikel in einem ihres Erachtens ‚authentischen’<br />
Shop kaufen, in dem sich sozusagen der<br />
‚Lifestyle’ der Szene widerspiegelt. Dementsprechend<br />
genügt es nicht, die ‚richtigen’ Produkte anzubieten,<br />
sondern zusätzlich müssen im Laden szenerelevante<br />
Informationen erhältlich sein – z.B. in Form von<br />
Flyern und anderen Printmedien. Über dezidierte<br />
Kenntnisse in Bezug auf in der Szene angesagte<br />
Marken, angesagte Spots, Produktqualität und notwendige<br />
Informationen verfügen ausschließlich Personen,<br />
die selbst der Szene angehören, denn die Vorliebe für<br />
bestimmte Marken und Spots und die ‚Halbwertzeit’<br />
der Informationen ist in der Skater-Szene derartig<br />
schnelllebig, dass nur der kontinuierliche Szene-<br />
Aufenthalt die Aktualität und somit den Nutzen der<br />
informativen Beratung für den Kunden garantiert. Die<br />
fachliche Beratung der Kunden erfordert überdies,<br />
dass der Verkäufer selbst über Skate-Erfahrungen verfügt,<br />
denn nur die eigene Aktivität ermöglicht ihm,<br />
glaubhaft zu vermitteln, welche Rollen sich beispielsweise<br />
für welchen Belag eignen oder wie das<br />
Fahrgefühl sich mit der Wahl des Boards ändert.<br />
Dementsprechend ist es nur einem Szeneangehörigen<br />
möglich, seinen Betrieb so zu gestalten, dass er von<br />
den Szenegängern als ‚authentisch’ empfunden wird.<br />
Es gibt zahlreiche ‚unabhängige’ Skateshops, die von<br />
Personen aus der Szene betrieben werden. Die in<br />
Münster ansässige Firma Titus bietet aber auch die<br />
Möglichkeit, einen Laden nach dem Franchise-Prinzip<br />
zu betreiben, was bedeutet, dass dem Betreiber<br />
Räumlichkeiten, Ausstattung und Firmennamen gestellt<br />
werden, dieser ansonsten aber selbständig arbeitet.<br />
(3) Um eine Skatehalle zu führen, ist ein ähnlich hohes<br />
Maß an skaterbezogenem ‚Know-How’ notwendig wie<br />
beim Betreiben eines Skate-Shops, allerdings bezieht<br />
sich in diesem Fall das benötigte Szenewissen auf<br />
161 So legt die Firma ‚Black Label’ beispielsweise auf ein Punk-Rock spezifisches Image wert, während bei der Firma ‚Seek’ eher ein Hip-Hop-Image gefragt ist.<br />
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