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Unsichtbare Bildungsprogramme? Zur ... - Nordrhein-Westfalen direkt

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führen. Ob diesbezügliche Lernprozesse vorwiegend<br />

über eigene Erfahrungen oder über eine Einweisung<br />

durch ‚routinierte‘ Szenegänger in Gang gebracht werden,<br />

ist nicht zweifelsfrei feststellbar.<br />

4.2.4 Nicht-zertifizierte berufspraktisch<br />

relevante Kompetenzen<br />

Über nicht-zertifizierte berufspraktisch relevante<br />

Kompetenzen verfügen Hardcoreler vor allem in den<br />

Bereichen ‚Eventorganisation‘ (4.2.4.1.) und ‚Distribution‘<br />

(4.2.4.2.). Konzertveranstalter (Lokale Promoter)<br />

und ihre Teams (Crews), Tourmanager (TMs)<br />

und Booker, aber auch Betreiber von Shops und Mailorderservices<br />

erwerben neben dem für ihr Tätigkeitsfeld<br />

unabdingbaren fachlichen, organisatorischen und<br />

technischen ‚Know How‘ vor allem vielfältige soziale<br />

Kompetenzen, die nicht nur sogenannte ‚Soft Skills‘<br />

im Umgang mit Kooperationspartnern einschließen,<br />

wobei es auch darum geht, die eigenen Interessen wahren<br />

bzw. durchsetzen zu können, sondern die insbesondere<br />

ein ‚Know Who‘ zur Herstellung und Stabilisierung<br />

von Informations- und/oder Unterstützungsnetzwerken<br />

beinhalten.<br />

4.2.4.1 Eventorganisation<br />

Eventorganisatoren, ihre Teams und HC-Bands arbeiten<br />

in der HC-Szene nicht nur so eng zusammen, dass<br />

ihre jeweiligen Tätigkeits- und Zuständigkeitsbereiche<br />

für die ‚Mitschaffenden‘ transparent (und somit auch<br />

nachvollziehbar und erlernbar) sind – als szenetypisch<br />

kann vielmehr die Ausprägung multipler Kompetenzen<br />

gelten, die hauptsächlich darauf zurückzuführen<br />

ist, dass insbesondere in regionalen Szenezusammenhängen<br />

Aufgabenbereiche von Event zu Event<br />

wechseln können, denn wer auf dem einen Konzert mit<br />

seiner Band auftritt, ist möglicherweise Organisator<br />

des nächsten und gehört zum Cateringpersonal bei<br />

einem weiteren (vgl. nochmals Kapitel 4.2.2).<br />

Während eine Verfestigung der Zuständigkeiten sich<br />

für einige Hardcoreler aus eigenen Professionalisierungsbestrebungen<br />

heraus ergibt, stellt sich mit zunehmender<br />

Routine die Aufgaben(ver-)teilung in den<br />

Teams üblicherweise ‚automatisch’ ein, sobald sich<br />

abzeichnet, wer welche regelmäßig anfallenden Aufgaben<br />

besonders gut erledigen kann bzw. bevorzugt<br />

übernehmen will. Sofern der Lokale Promoter die<br />

Hauptverantwortlichkeit übernimmt und sich daher an<br />

der Aufgabenverteilung beteiligt, sollte er in der Lage<br />

sein, delegierende Anweisungen wie kooperative<br />

‚Automatismen‘ erscheinen zu lassen, da Helfer zumeist<br />

aus einer auf ‚Freundschaft‘ basierenden Motivation<br />

heraus an der Eventorganisation und -durchführung<br />

mitarbeiten. 85<br />

Die enge Zusammenarbeit des Lokalen Promoters und<br />

seines Teams zeigt nicht nur Auswirkungen auf die<br />

Arbeitsteilung, sondern betrifft häufiger auch eine<br />

gemeinsame Entscheidungsfindung bzw. eine geteilte<br />

Übernahme der Verantwortung für eine Veranstaltung.<br />

So kann beispielsweise das finanzielle Risiko von<br />

einem Lokalen Promoter allein oder aber von einer<br />

Konzertgruppe gemeinsam getragen werden. Zu den<br />

üblichen Formen des Planens und Wirtschaftens in der<br />

Vorbereitung eines HC-Events gehört der Informationsaustausch<br />

im Team sowie mit anderen Lokalen<br />

Promotern, beispielsweise darüber, welche Bands bei<br />

ihrer letzten Tour besonders viel Begeisterung ausgelöst<br />

haben oder umgekehrt, welche Bands sich (aus<br />

welchen Gründen auch immer) in der Szene unbeliebt<br />

gemacht haben 86 , denn derartiges Wissen ist nicht oder<br />

zumindest nur eingeschränkt über die Lektüre der<br />

‚Musikpresse‘ zugänglich. Auch stellt ein mangelnder<br />

Bekanntheitsgrad einer Band noch keine Entscheidungsgrundlage<br />

gegen ihren Support dar. Lokale Promoter<br />

arbeiten vielfach mit der Bildung von Rücklagen<br />

aus ‚erfolgreicheren‘ Veranstaltungen, die sie<br />

(z.B.) verwenden, um Shows mit unbekannteren Bands<br />

zu ermöglichen, an denen (nur) im lokalen Szeneumfeld<br />

ein besonderes Interesse besteht. Um Rücklagen<br />

bilden zu können, gehen einige Promoter (inzwischen)<br />

dazu über, auch Konzerte potentiell einnahmeträchtiger<br />

Bands zu organisieren, die Publika anderer<br />

Musikszenen 87 ansprechen. Dort, wo die ‚Ressourcen‘<br />

der Veranstalter nicht ausreichen, wird die argumentative<br />

Überzeugung Außenstehender notwendig. ‚Überzeugungsarbeit‘<br />

88 dient in erster Linie dazu, dauerhaft<br />

85 Der zeitliche Gesamtumfang der Organisation von Events vor Ort beträgt in der Regel 11-12 (unbezahlte) Arbeitsstunden. Die Arbeit eines Teams beginnt im<br />

Normalfall etwa 5 Stunden vor Veranstaltungsbeginn und endet 2 Stunden nach Veranstaltungsende.<br />

86 Zu den notwendigen Voraussetzungen, um mit derartigen Auskünften angemessen planen zu kön-nen, gehört das Wissen über regionale Besonderheiten bzw.<br />

Vorlieben bestimmter lokaler Teilszenen – insbesondere für nordrheinwestfälische Eventorganisatoren: So bildet beispielsweise die Aussage, eine Band habe in<br />

Köln etwa 400 Leute ‚gezogen‘, (allein genommen) keine ausreichende Planungsgrundlage für einen Veranstalter im Ruhrgebiet, da in diesen Regionen durchaus<br />

unterschiedliche Stilpräferenzen vorliegen.<br />

87 Dabei handelt es sich zumeist um Bands aus der Punk-, Ska- oder Metal-Szene.<br />

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