Unsichtbare Bildungsprogramme? Zur ... - Nordrhein-Westfalen direkt
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über einen leistungsstarken Computer und über die<br />
Originalsoftware der Spiele verfügen können muss.<br />
Gerade in grenznahen Gebieten sind bei LAN-Events<br />
aber durchaus Teilnehmer verschiedener Nationalitäten<br />
vertreten.<br />
6.1.3 Szenedifferenzierungen<br />
Analytisch lassen sich die Aktivitäten von Mitgliedern<br />
der LAN-Szene den drei Tätigkeitsbereichen Spielen<br />
(1), Veranstalten (2) und Berichterstattung (3) zuordnen.<br />
170 Szenegänger sind häufig auf irgendeine Weise<br />
in allen drei Bereichen tätig, wenngleich sie meist<br />
einen Interessensschwerpunkt auf einem Gebiet erkennen<br />
lassen.<br />
(1) LAN-Spieler treffen sich in der Regel, um eine<br />
unterhaltsame Zeit mit Gleichgesinnten zu verbringen<br />
und sich in sportlich motivierten Wettkämpfen miteinander<br />
zu messen. Zumeist bilden Spieler feste Teams,<br />
die in der Szene ’Clans’ genannt werden, um gemeinsam<br />
an Veranstaltungen teilzunehmen. Nicht selten<br />
sind Clans hierarchisch strukturiert: es gibt einen<br />
Anführer (Leader) und um ihn herum weitere Mitglieder,<br />
die – je nach spielerischen Fähigkeiten und<br />
Vorlieben – verschiedene Aufgaben im Clan übernehmen.<br />
Einzelspieler, die nicht in Clans organisiert sind,<br />
schließen sich bei Veranstaltungen temporär zu einem<br />
Spielteam zusammen.<br />
Bei LAN-Spielen geht es (fast) immer darum, möglichst<br />
viele Punkte zu erzielen und damit am Ende,<br />
häufig nach mehreren Spielrunden, besser abzuschneiden<br />
als der Gegner. Beim Spiel ‚Counter Strike’ –<br />
einem der beliebtesten Spiele in der Szene – treten in<br />
der Regel zwei Clans mit jeweils fünf Personen gegeneinander<br />
an. Das Spielfeld ist eine labyrinthähnliche,<br />
drei-dimensionale virtuelle Umgebung (ein Straßenzug,<br />
eine Lagerhalle oder ähnliches). In dieser Umgebung<br />
steuern die Spieler jeweils eine eigene Spielfigur<br />
(einen so genannten Avatar), indem sie ihre (Computer-)Maus<br />
betätigen und eine Reihe unterschiedli-<br />
cher Tastenkombinationen betätigen. Die Spieler nehmen<br />
aus der Ich-Perspektive am Spielgeschehen teil,<br />
d.h.: jeder Spieler sieht quasi durch die Augen seiner<br />
Figur die Situation, in die sie auf dem Bildschirm<br />
gestellt ist. Beide Teams erhalten zu Beginn einer<br />
Partie bestimmte Aufträge erteilt, die sie im Spiel<br />
erfüllen müssen. Es geht beispielsweise darum, in<br />
einer begrenzten Zeit (virtuelle) Bomben an bestimmten<br />
Orten in der virtuellen Umgebung zu legen und<br />
detonieren zu lassen (bzw. für die andere Mannschaft,<br />
genau dies zu verhindern), (virtuelle) Geiseln zu<br />
befreien (bzw. deren Befreiung zu verhindern) usw. So<br />
nimmt während einer Spielrunde jeweils ein Team die<br />
Rolle der ’Guten’ und das andere die der ‚Bösen’ ein. 171<br />
Um bei ‚Counter Strike’ zu punkten, müssen die Teams<br />
ihre Mission erfüllen, die beispielsweise darin besteht,<br />
die Spielfiguren des gegnerischen Clans aufzuspüren<br />
und zu ‚eliminieren’.<br />
(2) Anders als die Jugendlichen, die hauptsächlich des<br />
Spielens wegen der Szene angehören, geht es einer<br />
zweiten Gruppe von Akteuren, denen eine signifikant<br />
hohe Affinität zu Computertechnik eignet, in erster<br />
Linie um das Veranstalten von LAN-Partys. Zusätzlich<br />
wird das Handeln dieser Organisatoren durch die<br />
Aussicht auf Ansehen innerhalb der Szene motiviert,<br />
das ihnen im Zuge der Durchführung gelingender<br />
Partys zuwächst. Die Veranstalter schließen sich, ähnlich<br />
den Spieler-Clans, zu kleinen Gruppen zusammen,<br />
innerhalb derer jedem Mitglied bestimmte<br />
Aufgabenbereiche zugewiesen werden (vgl. ausführlich<br />
dazu Kapitel 6.2.2).<br />
(3) Ein dritter Personenkreis innerhalb der LAN-Szene<br />
widmet sich vorrangig der Berichterstattung. Obwohl<br />
zahlenmäßig kleiner als die ersten beiden Personengruppen,<br />
ist die Gruppe der ‚Berichterstatter’ für die<br />
Innen- und Außenwahrnehmung der Szene von großer<br />
Bedeutung und kann als eine Art ‚Reflektionselite’<br />
begriffen werden. 172 Anders als die meisten Jugendszenen<br />
weist die LAN-Szene keine Printmedien wie<br />
Fanzines oder Magazine auf. Die Berichterstattung<br />
170 Bei LAN-Partys sind neben den Spielern, Veranstaltern und Berichterstattern in der Regel auch Personen vertreten, die selbst nicht in der Szene aktiv sind,<br />
z.B. Freunde und Eltern der Spieler und Veranstalter, ortsansässige Besucher, Servicekräfte aus den Bereichen Catering und Reinigung und nicht selten auch<br />
Hallenbetreiber.<br />
171 Zu Beginn einer Auseinandersetzung wird zwischen den Spielern festgelegt, wie viele Einzelspiele in einer Partie gespielt werden. Ähnlich wie beim Tennis<br />
kann ein ’Match’ (das unter LAN-Spielern ‚Clan-War’ heißt) aus zwei, drei oder fünf Gewinnsätzen bestehen. Nach jedem Einzelspiel werden auch beim<br />
Counter-Strike-Spielen die ‚Seiten’ gewechselt, d.h. die Teams agieren abwechselnd in der Rolle der ’Guten’ und der ’Bösen’. Auf LAN-Partys werden neben einzelnen<br />
‚Clan-Wars’ hauptsächlich Turniere gespielt, für die sich ’Clans’ (und nur für die Dauer des Turniers gebildete Spielergemeinschaften) anmelden. Immer<br />
zwei Teams bestreiten einen ‚Clan-War’, wobei die Spielpaarungen ausgelost werden. Das Gewinner-Team qualifiziert sich für die nächste Runde, bis am Ende<br />
des Turniers das beste (also das in den einzelnen Clan-Wars erfolgreichste) Team als Sieger feststeht.<br />
172 <strong>Zur</strong> Ausbildung verschiedener Typen von (Leistungs-)Eliten in Jugendszenen vgl. Hitz-ler/Pfadenhauer 2004.<br />
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