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Unsichtbare Bildungsprogramme? Zur ... - Nordrhein-Westfalen direkt

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typische) ‚Wir-Gefühl’ untereinander. 174 Kennzeichnend<br />

für die sich punktuell bei diesen Veranstaltungen<br />

manifestierende Gemeinschaft ist – trotz der oftmals<br />

gewaltlastigen Spielinhalte – die durchweg friedliche<br />

Grundstimmung unter allen Teilnehmern. Reale Konflikte<br />

oder gar gewalttätige Auseinandersetzungen<br />

zwischen konkurrierenden Spielern sind überaus seltene<br />

Ausnahmen. Spätestens dann, wenn sich alle<br />

Spieler an ihren Plätzen eingefunden haben, die Computer<br />

aufgebaut und verkabelt sind, Getränke und<br />

Snacks neben den Tastaturen bereit liegen und das<br />

Licht in der Halle ausgeschaltet wird, so dass nur noch<br />

mehrere hundert Bildschirme flimmern, wissen alle,<br />

dass die Party begonnen hat. Das Ambiente gleicht nun<br />

ehestens einem multimedialen Ferienlager.<br />

Jenseits der Veranstaltungen, die Akteuren der LAN-<br />

Szene als Treffpunkte dienen, um Beziehungen zu<br />

knüpfen und zu stabilisieren, die für den Bestand und<br />

die weitere Entwicklung der Szene von existentieller<br />

Bedeutung sind und beim Einzelnen ein subjektives<br />

Zugehörigkeitsgefühl hervorrufen, ist die LAN-Szene<br />

für den Szenegänger auch im Internet allgegenwärtig.<br />

Dabei wird die Nutzung des Internets nicht allein auf<br />

den Austausch von Informationen und Meinungen<br />

beschränkt. Spieler nutzen spezielle ‚Internet-Game-<br />

Server', um online mit- bzw. gegeneinander zu spielen.<br />

Dazu melden sie sich über eine Internetverbindung am<br />

jeweiligen Server an. Vom Ablauf her funktioniert das<br />

’Online-Spielen’ dann genauso wie das Spielen<br />

während einer Veranstaltung, allerdings mit dem (gravierenden)<br />

Unterschied, dass die Übertragungsgeschwindigkeit<br />

der Daten via Internet deutlich langsamer<br />

ist als in einem lokalen Netzwerk. So ist es (mit<br />

einigen Defiziten hinsichtlich der Spielqualität) möglich,<br />

von zuhause aus mit anderen ein Spiel zu bestreiten,<br />

unabhängig davon, an welchem Ort sich die<br />

Mitspieler aufhalten. Durch diese technische<br />

Möglichkeit können gerade Clans auch ohne großen<br />

Koordinationsaufwand für (Trainings-)Spiele ‚zusammenkommen’.<br />

Spieler aus unterschiedlichen Regionen<br />

Deutschlands (vereinzelt auch aus ganz Europa), die<br />

sich online kennen gelernt haben, vereinbaren dann<br />

wiederum Treffen auf LAN-Partys, um bestehende<br />

Kontakte zu intensivieren. 175<br />

6.2 Kompetenzen in der LAN-Szene<br />

6.2.1 Basale szeneintern<br />

relevante Kompetenzen<br />

Auf den ersten Blick scheint die Teilnahme an einer<br />

LAN-Party keine spezifischen Kompetenzen zu erfordern:<br />

Junge Leute treffen sich an einem vereinbarten<br />

Ort, setzen sich an einen Computer und fangen an zu<br />

spielen. Es verwundert deshalb auch nicht, dass Szenegänger<br />

auf die Frage, was man denn können müsse,<br />

um an einer LAN-Party teilzunehmen, ‚uni sono’ mit<br />

Antworten aufwarten wie: „Nichts. Du musst nur einen<br />

netzwerkfähigen Rechner mitbringen“. Ein Newcomer<br />

oder Szenefremder steht allerdings schon kurz<br />

nach dem Entschluss zur Teilnahme vor einigen (Handlungs-)Problemen,<br />

die auf ein implizites Problemlösungswissen<br />

der Szene-Insider schließen lassen.<br />

So muss der LAN-Party-Teilnehmer zunächst einmal<br />

in Erfahrung bringen, wo eine Veranstaltung stattfindet.<br />

Diese Informationen sind (fast) ausschließlich auf<br />

in der Szene einschlägig bekannten Internetseiten zu<br />

finden. Die für die deutsche LAN-Szene zentralen<br />

Informationsseiten sind ‚www.planetlan.de’ und<br />

‚www.lanparty.de’. Dort können Angaben über die<br />

Besucherzahlen, die Veranstalter, die angebotenen<br />

Turniere sowie die eingesetzte Technik abgerufen werden.<br />

Die Nutzung dieser Informationsangebote setzt<br />

spezifische Kenntnisse über sprachlich-kommunikative<br />

Eigenheiten der Szene voraus. Denn Informationen<br />

werden hier in einem szenetypischen Jargon vermittelt,<br />

der sich aus einer Kombination von technischen<br />

Fachtermini und aus dem Englischen abgewandelten<br />

Begriffen (so genanntem ‚Denglisch’) zusammensetzt.<br />

Außerdem tauchen immer wieder ‚nick names’ von<br />

Spielern, Clans, Veranstalterteams sowie Abkürzungen<br />

von Computerspielen auf diesen Internetseiten auf, die<br />

für einen Szenefremden zum größten Teil unverständlich<br />

sind.<br />

174<br />

„Ein Event durchbricht die Routinen und Zwänge des Alltags, es verspricht ein außeralltägliches Erlebnis, auf das man mit Freude und Spannung wartet, auf<br />

das man hinlebt“ (Gebhardt 2000: 19).<br />

175 An dieser Stelle ist anzumerken, dass nicht alle Online-Spieler der LAN-Szene zuzuordnen sind. Die Zahl der Jugendlichen, die nur im Internet spielen, ist<br />

deutlich höher als die Zahl derer, die der LAN-Szene zuzurechnen sind. Erst durch Besuche auf Veranstaltungen, durch die Teilnahme an Diskursen und die<br />

(soziale) Vernetzung mit Gleichgesinnten weisen sich Spieler als Angehörige der LAN-Szene aus.<br />

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