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Unsichtbare Bildungsprogramme? Zur ... - Nordrhein-Westfalen direkt

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über Treppengeländer, ‚grinden’ 134 Mauern entlang<br />

oder springen eine Reihe von Stufen hinunter. Dadurch<br />

wird das Skateboardfahren zu einer immer wieder<br />

neuen und spannenden Herausforderung. Dieser<br />

Erlebnischarakter des Skateboardings wird zusätzlich<br />

dadurch verstärkt, dass Skaten an vielen Orten verboten<br />

ist. Derartige Vorschriften werden von Skatern in<br />

der Regel (bewusst) ignoriert, denn das ‚Katz und<br />

Maus spielen’ mit den ‚Ordnungshütern’ – zumeist repräsentiert<br />

durch die Polizei oder private Wachdienste<br />

– verschafft ihnen einen besonderen ‚Kick’.<br />

Zum Skater-Leben gehört es außerdem, (exzessive)<br />

Party's zu feiern. So kommt es beispielsweise im<br />

Anschluss an eine ‚Skate-Session’ nicht selten zu gemeinsamen<br />

Kneipen-, Konzert-, Privatparty- oder<br />

Diskotheken-Besuchen, die bis in die frühen Morgenstunden<br />

dauern können. Auch ist es nicht unüblich,<br />

dass die Skater <strong>direkt</strong> am ‚Spot’ bleiben, um dort miteinander<br />

zu reden, zu trinken, zu ‚kiffen’ und Musik zu<br />

hören. Durch die Verbindung von gemeinsamen Sportaktivitäten<br />

und gemeinsamem Party- und Nachtleben,<br />

wozu auch der Besuch von Konzerten 135 gehört, entsteht<br />

das spezielle Zusammengehörigkeitsgefühl, das<br />

Skater in der Szene suchen und finden.<br />

Die Zugehörigkeit zur Szene bildet für Skater ein<br />

wesentliches sinn- und identitätsstiftendes Element,<br />

d.h. sie definieren sich in hohem Maße über die<br />

Szenezugehörigkeit. Dementsprechend versuchen sie,<br />

soviel Zeit wie möglich mit Skateboardfahren zu verbringen,<br />

und auch die meisten Freundschaften von<br />

Skatern bestehen innerhalb der Szene. Selbst Partner<br />

werden in der Regel in der Szene gesucht, idealerweise<br />

sollten sie also entweder selbst Skateboard fahren<br />

können oder sich auf andere Art und Weise mit der<br />

Szene verbunden fühlen. Zumindest müssen sie das<br />

Skateboardfahren des Partners und das damit verbundene<br />

hohe zeitliche Engagement nicht nur tolerieren,<br />

sondern akzeptieren. Skater inszenieren sich nicht nur<br />

beim Skateboardfahren, im Kontakt mit anderen<br />

Skatern, in Skateshops und bei Skateevents als Skater,<br />

vielmehr ist sozusagen ‚ihr ganzes Leben’ auf die<br />

Darstellung von Szene-Zugehörigkeit abgestimmt.<br />

Anders als beispielsweise in der Techno-Party-Szene,<br />

in der die Möglichkeit besteht, während der Woche für<br />

niemanden als Szenegänger erkennbar seine Zeit<br />

außerhalb der Erlebniswelt ‚Techno’ zu verbringen und<br />

zu gestalten und nur am Wochenende äußerlich sichtbar<br />

zum Raver zu ‚werden’, inszenieren sich Skater zu<br />

jedem Zeitpunkt ihres Lebens auch als solche, indem<br />

sie sich auch außerhalb des Szenekontexts der in der<br />

Szene üblichen Zeichen und Symbole, insbesondere<br />

Kleidungsstücke und Accessoires, bedienen. Die in der<br />

Skater-Szene bevorzugte Kleidung wird auch als<br />

‚Skate-Wear’ oder ‚Street-Wear’ bezeichnet. Die Kleidungsstücke<br />

werden vorwiegend im ‚XXL-Look’<br />

getragen, wodurch der Eindruck entsteht, dass sie<br />

mindestens zwei Nummern zu groß sind. Ein wichtiges<br />

Auswahlkriterium bildet hierbei die Marke des<br />

Bekleidungsherstellers – z.B. ‚Dickies’, ‚Vans’,<br />

‚Carhartt’ und ‚I-Pass’ –, wobei entscheidend ist, dass<br />

es sich um die Marke handelt, die in der jeweiligen<br />

lokalen Szene ‚angesagt’ ist. Hier kann es also durchaus<br />

von lokaler Szene zu lokaler Szene große Unterschiede<br />

geben.<br />

Auch der Konsum von Drogen gehört durchaus zum<br />

Lebensstil der Skater. Konsumiert werden vorwiegend<br />

die so genannten ‚weichen’ Drogen wie Alkohol,<br />

Nikotin und Marihuana. Auf der einen Seite wollen<br />

Skater durch den Drogenkonsum Spaß haben, indem<br />

sie die Wirkung von Alkohol und Marihuana genießen.<br />

Auf der anderen Seiten unterstreichen sie durch den<br />

öffentlichen Konsum von Marihuana, dass sie sich von<br />

anderen nichts vorschreiben lassen, denn Marihuanakonsum<br />

ist in Deutschland nach wie vor nicht legal.<br />

Somit wenden sie sich auch in diesem Punkt gegen<br />

Vorschriften und Regeln als Ausdruck eines selbstbestimmten<br />

Lebensstils.<br />

Das Szeneleben der Skateboarder findet an verschiedenen<br />

Orten statt. Die wichtigsten Treffpunkte der<br />

Skater sind die so genannten ‚Skate-Spots’. Hierbei<br />

handelt es sich um Orte, an denen Skater ihren Sport<br />

ausüben können. Bei den Spots der Street-Skater handelt<br />

es sich in der Regel um Orte im öffentlichen<br />

Raum, an denen die Gegebenheiten sich besonders gut<br />

zum Skaten eignen. D.h. Street-Skater wählen ihre<br />

Spots im Hinblick auf die Möglichkeiten aus, die<br />

ihnen der Spot zum Ausüben ihrer Aktivitäten bietet.<br />

Idealerweise befinden sich an diesen Orten z.B. einige<br />

Steinmauern in verschiedenen Höhen, Treppen mit<br />

Geländer, aus Stahlrohren bestehende Abgrenzungen<br />

134<br />

Im Gegensatz zum ‚Sliden’ rutscht der Skater beim ‚Grinden’ nicht mit einem Teil des Boards über ein ‚Curb’ oder ein ‚Rail’, sondern mit einer oder beiden<br />

Achsen des Skateboards.<br />

135 Den szenetypischen Musikvorlieben entsprechend werden hauptsächlich Punk- und Hip-Hop-Konzerte besucht.

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