Unsichtbare Bildungsprogramme? Zur ... - Nordrhein-Westfalen direkt
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Kassenteam wiederum schlichtend eingreifen muss. 103<br />
Erlernt werden die für den Kassenjob obligatorischen<br />
Kompetenzen in der Zusammenarbeit von routinierten<br />
Kassenkräften und Neulingen.<br />
Das Cateringteam muss in der Lage sein, in einem<br />
relativ engen Zeitrahmen im Normalfall in einer<br />
schlecht bis mittelmäßig ausgestatteten Küche für<br />
etwa 18-35 Personen zu kochen. Dabei gilt es nicht nur<br />
die Vertragsanforderungen der Bands, sondern auch<br />
‚Hygieneregeln‘ einzuhalten. Vor allem sind hier gute<br />
Kenntnisse der (veganen/vegetarischen) ‚Kochkunst’<br />
notwendig, aber auch Fähigkeiten zur Aufgabenkoordination<br />
im Küchenbereich. 104 Da das Cateringteam<br />
ebenfalls dafür zuständig ist, das Essen zu servieren,<br />
werden außerdem Kompetenzen des adäquaten ‚Backstage-Behaviours‘<br />
erforderlich. Kompetenzvermittlung<br />
in diesem Bereich erfolgt eher beiläufig in der<br />
Zusammenarbeit, ohne dass sich eindeutige Rollenverteilungen<br />
der ‚Lehrenden’ hie und ‚Lernenden’ da ausmachen<br />
ließen.<br />
Wenn ein Team (zu) klein ist, müssen dessen Mitglieder<br />
bzw. manche von diesen Mitgliedern als ‚Springer’<br />
tätig werden, die nicht nur universal einsetzbar und<br />
erfahren, sondern auch im Sinne einer Botentätigkeit<br />
an der Organisation und Durchführung eines Konzerts<br />
beteiligt sind. Springer sollten (mehr noch als ohnehin<br />
alle im Team) in der Lage sein, anfallende Arbeiten<br />
schnell zu erledigen und Probleme flexibel zu lösen.<br />
Nicht übertragbar ist hingegen die Aufgabe des<br />
Tontechnikers bzw. Mischers, der über technisches<br />
Sonderwissen verfügt. Die meisten Mischer sind langjährige<br />
Szenezugehörige, die sich selber die Kompetenz<br />
angeeignet haben, mit dem Mischpult und den<br />
übrigen angeschlossenen Geräten umzugehen. In der<br />
Regel verfügen Lokale Promoter über einen Mischer,<br />
den sie wiederholt engagieren; selten bringen Bands<br />
ihren eigenen Mischer mit, noch seltener werden<br />
Tontechniker gebucht, die nicht aus der HC-Szene<br />
stammen. Konzerte ‚stehen und fallen’ mit den<br />
Kompetenzen des Mischers 105 , denn ein schlechter<br />
Mischer verärgert nicht nur Tourmanager und Bands,<br />
sondern auch die Konzertbesucher. Es ist anzunehmen,<br />
dass das technische ‚Know How‘ von Mischern<br />
musikgenre-übergreifend einsetzbar ist, sich also auch<br />
auf Anforderungssituationen und Auftragslagen in<br />
szeneexternen Kontexten übertragen ließe.<br />
Gegenüber Veranstaltungsteams bestehen Tourteams<br />
oft aus wenigen Personen. Neben der Band sollte ein<br />
Tourteam einen Busfahrer, einen Tourmanager, einen<br />
Roadie und einen Merchandiseverkäufer aufweisen.<br />
Insbesondere bei unbekannteren Bands werden all<br />
diese Aufgaben von einer einzigen, im günstigeren Fall<br />
von zwei Personen übernommen. 106<br />
Ein Tourmanager (TM, sprich: Ti Äm) reist mit der<br />
Band und ist zuständig für die Organisation ‚vor Ort‘<br />
und für die Vertretung der Bandinteressen. Er sorgt<br />
dafür, dass die Band pünktlich am Veranstaltungsort<br />
eintrifft und hält telefonischen Kontakt zu allen<br />
Lokalen Promotern. Ferner achtet der TM darauf, dass<br />
seine Band angemessen und entsprechend der vertraglichen<br />
Vereinbarung versorgt und bezahlt wird,<br />
schreibt Rechnungen und verwaltet die Einnahmen.<br />
Ein TM arbeitet darüber hinaus als ‚Gatekeeper‘<br />
gegenüber Fotografen, Pressevertretern, etc. Vor allem<br />
werden für die Tätigkeit des TMs soziale Kompetenzen<br />
notwendig: Ein TM ist zuständig für das<br />
Gleichgewicht in der Band, aber auch für das zwischen<br />
Band und Lokalem Promoter oder (falls vorhanden)<br />
Busfahrer – er muss abwägen, in welche Konflikte er<br />
sich einmischt und aus welchen er sich heraushält; er<br />
muss darauf achten, dass Bandmitglieder sich nicht in<br />
fremden Städten verlaufen und dass sie sich an (ihnen<br />
unbekannte) Gesetze halten. Männliche wie weibliche<br />
TMs bezeichnen sich daher scherzhaft und übereinstimmend<br />
als ‚Babysitter‘. (Nicht selten erzählen TMs<br />
Anekdoten, die sich auf Missgeschicke ihrer<br />
‚Klientele‘ beziehen.) Ein TM muss über Durchset-<br />
103 Securities sollten zu höflichen Formen der Ansprache und gelassenem, nicht aggressivem Auftreten fähig sein. Haben Besucher den Eindruck, dass das<br />
Securitypersonal z.B. durch wiederholtes, langandauerndes Durchsuchen von Jacken und Taschen seine Befugnisse überschreitet, können hier Streitigkeiten entstehen.<br />
104 Noch relativ selten ist die Professionalisierung der Cateringteams – derart, dass einige Teams auch von anderen Veranstaltern gebucht werden.<br />
105 Demgegenüber ist die Rolle des Beleuchters – anders als in der Techno-Szene – eher marginal. Der Zuständige für das Bühnenlicht sollte die Musik der auftretenden<br />
Bands kennen, um die Beleuchtung darauf einstellen zu können. Häufiger wird für das Licht derjenige ‚abgestellt‘, der gerade keine andere Aufgabe zu<br />
erfüllen hat. Außer einem Mindestmaß an Rhythmusgefühl werden für diese Tätigkeiten in der HC-Szene kaum weitere Kompetenzen benötigt, da auch Bands<br />
eher selten Sonderwünsche hinsichtlich einer Lightshow anmelden.<br />
106<br />
Dass diese Tourmitarbeiter nicht nur mannigfaltige Kompetenzen, sondern auch eine überdurch-schnittliche Belastbarkeit mitbringen müssen, liegt auf der<br />
Hand.<br />
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