Unsichtbare Bildungsprogramme? Zur ... - Nordrhein-Westfalen direkt
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andere Bereiche. Auch hier sind zunächst kaufmännische<br />
Kenntnisse gefragt; zusätzlich werden jedoch<br />
gastronomie-bezogene Kenntnisse benötigt, da die<br />
meisten Skatehallen über eine Bar oder einen Imbiss<br />
verfügen. In erster Linie aber müssen Skatehallen-<br />
Betreiber sich mit ‚Obstacles’ und ‚Halfpipes’ auskennen,<br />
d.h. sie müssen wissen, wie einzelne Hindernisse<br />
und Rampen aussehen, aus welchem Material sie<br />
bestehen, wie hoch und wie breit sie sein müssen, und<br />
vor allem, wie der ‚Parcours’ gestaltet werden muss,<br />
d.h. in welchen Abständen und in welcher Reihenfolge<br />
die einzelnen Elemente angeordnet sein müssen, damit<br />
sie mit Skateboards gut befahren werden können. Sind<br />
die Rampen nicht exakt auf die Bedürfnisse der<br />
Skateboarder abgestimmt, d.h. sind die Hindernisse<br />
nur schwer befahrbar 162 oder, szenesprachlich ausgedrückt,<br />
'unskateable' oder bieten sie nicht den<br />
erwünschten Spaß- bzw. Erlebnischarakter 163 , werden<br />
sie schlicht nicht genutzt und die Halle kann somit<br />
nicht weiter existieren. Dieses Wissen ist kaum durch<br />
theoretische Prozesse erlernbar. Einzig Skateboarder<br />
verfügen über ein gutes Gespür für eine optimal 'skatebare'<br />
Rampenlandschaft.<br />
(4) Für die Organisation von Events ist zunächst einmal<br />
eine gute Kenntnis verschiedener möglicher<br />
Veranstaltungsorte unerlässlich. In Frage kommen<br />
sowohl Skatehallen als auch Skateparks. Ein Contest-<br />
Veranstalter muss somit über die ‚Skateboard-<br />
Infrastruktur’ in Deutschland und über die Ausstattung<br />
der potentiellen ‚Locations’ sehr genau informiert<br />
sein, um einen geeigneten Ort zur Durchführung des<br />
von ihm geplanten Skate-Wettbewerbs zu finden.<br />
Lässt sich kein adäquater Veranstaltungsort ausfindig<br />
machen, besteht die Möglichkeit, eigens für den<br />
Contest eine Rampenlandschaft zu 'erschaffen' bzw.<br />
erschaffen zu lassen. 164 Um hierbei wiederum den<br />
Ansprüchen und Erwartungen von Skatern entsprechen<br />
zu können, sind die bereits beschriebenen spezifischen<br />
‚Rampenkenntnisse’ unerlässlich. Neben den<br />
Kenntnissen über mögliche Veranstaltungsorte muss<br />
ein Veranstalter über gute Kontakte zu den Hallen- und<br />
Park-Betreibern verfügen, um Termine und<br />
Konditionen für das Event zu verhandeln, denn<br />
gegenüber fremden bzw. szenefernen Personen zeigen<br />
sich die Geschäftsführer von ‚Skate-Locations’ häufig<br />
ausgesprochen misstrauisch und verhandlungsunwillig.<br />
Außerdem muss er über Kontakte zu guten Fahrern<br />
verfügen, deren aktive Teilnahme an der Veranstaltung<br />
diese für viele andere Fahrer und Zuschauer erst<br />
attraktiv macht. Um die Leistung der am Contest teilnehmenden<br />
Skater bewerten zu können, werden außerdem<br />
so genannte ‚Judges’ 165 benötigt, die aus der<br />
Szene rekrutiert werden müssen. Für die Organisation<br />
von Events sind also komplexe Kompetenzen im Zusammenspiel<br />
mit Szenewissen und guten Szenekontakten<br />
notwendig. Über diese vielschichtigen<br />
Kompetenzen verfügen in der Regel nur langjährige<br />
Szenegänger. Szenefremden Personen hingegen ist es<br />
nahezu unmöglich, einen Skate-Wettkampf zu veranstalten,<br />
der von Szenegängern akzeptiert wird.<br />
5.2.3 Allgemein alltagspraktisch<br />
relevante Kompetenzen<br />
Im Zuge ihrer sportlichen Aktivitäten bilden Skateboarder<br />
vor allem ein starkes Durchhaltevermögen aus,<br />
da viel Übung notwendig ist, und Stagnationsphasen,<br />
in denen keine sichtbaren Fortschritte in Bezug auf das<br />
sportliche Leistungsvermögen erkennbar werden, auszuhalten<br />
sind. Das hier erworbene Durchhaltevermögen<br />
kann naheliegenderweise auch in allen möglichen<br />
(außerszenischen) Alltagssituationen von erheblichem<br />
Nutzen sein.<br />
Eine weitere Kompetenz, die sich beim Skateboarden<br />
herausbildet, ist Selbstüberwindung. Skater sind bei<br />
der Ausübung ihres Sports immer wieder mit<br />
Situationen konfrontiert, in denen sie mit persönlichen<br />
Ängsten umgehen müssen, beispielsweise, wenn sie<br />
das erste Mal die senkrechte Wand einer Halfpipe hinunter<br />
fahren oder eine steile Treppe mit einem Trick<br />
bewältigen. Die Überwindung der eigenen Furcht fördert<br />
die Bereitschaft, sich auch im Alltag beängstigenden<br />
Situationen zu stellen, um diese zu meistern.<br />
Darüber hinaus wird dergestalt die Fähigkeit zur angemessenen<br />
Selbsteinschätzung gefördert, denn ein<br />
Skater muss einzuschätzen lernen, ob seine sportlichen<br />
Fähigkeiten ausreichen, um einen bestimmten schwierigen<br />
Trick zu meistern. Überschätzt der Skater sich,<br />
162 Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn Anlaufwege zu kurz bemessen sind, so dass aufwendige Tricks nicht mehr möglich werden, oder wenn sie einen<br />
schlechten Belag haben, beispielsweise zu glatt sind, so dass die Rollen der Skateboards nicht richtig greifen können.<br />
163 Das Fehlen des Spaß- bzw. Erlebnisfaktors kann eintreten, wenn die Rampen z.B. zu flach sind oder der der ‚Parcours’ nicht genügend Abwechslung bietet.<br />
164 Diese Alternative wird jedoch eher selten praktiziert.<br />
165 ‚Judges’ werden die Kampfrichter bei einem Skate-Contest genannt.