P-OE - UniversitätsVerlagWebler
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P-<strong>OE</strong><br />
I. v. Kempski • Möglichkeiten und Grenzen der Personalauswahl ...<br />
2. Ergänzende Methoden<br />
Werner Sarges als einer der Hauptvertreter dieser Richtung<br />
propagiert die multimodale Form der Beurteilung. Analog<br />
zu dem Instrument des Assessment Centers, das von der<br />
Struktur her multimodal aufgebaut ist, wendet Sarges die<br />
Multimodularität auf die Managementdiagnostik an (vgl.<br />
Sarges 2005). Er stützt sich dabei auf Schuler (2000) bezüglich<br />
der Messinstrumente zur Potentialeinschätzung.<br />
Grundsätzlich sollen über diesen eignungsdiagnostischen<br />
Weg, der drei methodische Ansätze der Berufseignungsdiagnostik<br />
miteinander verbindet, die Persönlichkeit hinsichtlich<br />
ihrer Eigenschaften, ihres Verhaltens und der erzielten<br />
Ergebnisse eingeschätzt werden. Zur Erhebung wird<br />
jeweils eine andere Methode angewandt, und zwar Tests<br />
zur Erhebung von Eigenschaften, Simulationen, um Verhalten<br />
zu prognostizieren und die Biographie zur Ermittlung<br />
von Ergebnissen.<br />
Abbildung 1: vgl. Schuler 2000<br />
Mit diesem Ansatz erhebt Sarges den Anspruch, Kompetenzen<br />
von Personen systematisch und multimethodal zu erfassen.<br />
Dabei definiert er eine Kompetenz als „multidimensionale[n]<br />
Komplex von psychologischen Attributen, der Persönlichkeitsmerkmale<br />
und Fähigkeiten/Fertigkeiten mit<br />
Verhalten verknüpft“ (Sarges 2005, S. 252). Kennzeichnend<br />
für diesen Ansatz ist, dass er aufgrund der Multimodularität<br />
ein umfassendes Bild des Probanden erlaubt und neben der<br />
Querschnittlichkeit durch die Erfassung der Biographie/Ergebnisse<br />
auch Längsschnittlichkeit gewährleistet ist, die<br />
insbesondere dadurch noch verstärkt sicher gestellt werden<br />
kann, dass eine 360-Grad-Beurteilung in die Diagnostik<br />
aufgenommen wird (vgl. Sarges 2005, S. 255 ff.).<br />
Wirft man einen Blick in die Literatur, so wird schnell deutlich,<br />
dass ein solcher multimodularer und multimethodaler<br />
Ansatz unangefochten zu denjenigen mit der höchsten Prognosefähigkeit,<br />
Validität, Reliabilität und Objektivität zählt<br />
(vgl. u.a. Kahlke/Schmidt 2004, S. 75ff.; Kanning/Holling<br />
2002, S. 543; Schuler 2007, S. 16; Wottawa 2005, S. 218).<br />
Auf die Frage, welche psychologischen Messinstrumente im<br />
Einzelfall zur Anwendung gelangen können resp. welche<br />
Untersuchungsergebnisse mit ihnen erzielt werden können,<br />
sei an dieser Stelle nicht weiter eingegangen, sondern auf<br />
die Literatur verwiesen (vgl. u.a. Kanning/Holling 2002;<br />
Hossiep et al. 2000; Hossiep/Mühlhaus 2005).<br />
Grundsätzlich müsste man nun davon ausgehen können,<br />
dass mit einem solchen breiten zur Verfügung stehenden Instrumentarium<br />
Personalbeurteilungen und die damit zumeist<br />
einhergehenden Personalentscheidungen hochgradig<br />
fundiert und deshalb risikominimiert sind. In der Praxis zeigt<br />
sich jedoch, dass trotz derart umfassender Evaluationen Fehlentscheidungen<br />
immer wieder auftreten und zu zum Teil<br />
die Organisation und/oder das Unternehmen gefährdenden<br />
Situationen führen. Es ist also offensichtlich, dass bezüglich<br />
der Frage, ob ein Proband erfolgreich ist, weitere Aspekte<br />
eine Rolle spielen müssen und diese sind, wie sich im Folgenden<br />
zeigen wird, unternehmenskulturelle Aspekte.<br />
3. Organisationskultur in der Managementdiagnostik<br />
Unter Unternehmenskultur (oder allgemeiner: Organisationskultur)<br />
wird „die Gesamtheit der sozialen Tatsachen<br />
und ihre Codes“ (Neuberger 2000, S. 162) verstanden. Sie<br />
ist „pattern of behavior“ wie auch „pattern for behavior“<br />
(vgl. Neuberger/Kompa 1987, S. 20 ff.). Aus<br />
dieser Sichtweise ergeben sich entscheidende<br />
Aspekte für die Managementdiagnostik, und zwar<br />
wenn man die Organisationskultur als Handlungsdeterminante<br />
versteht. In diesem Sinne gilt sie als Umfeld<br />
der situativen Bedingungen, durch die Handlungen<br />
(vorher)bestimmt oder sogar hervorgerufen werden.<br />
Organisationskultur ist in diesem Sinne aber<br />
auch ein Führungssubstitut und ersetzt als solches<br />
aktives Führungshandeln. Beide Aspekte machen<br />
deutlich, dass Organisationskultur den Organisationsalltag<br />
zentral bestimmt. In Bezug auf die Personalbeurteilung<br />
und damit die Managementdiagnostik<br />
stellt sich die Frage dann dergestalt, dass die<br />
„Passung“, der „Fit“ von Proband/Person und Organisation<br />
evaluiert werden muss. Denn nur unter der<br />
Vorraussetzung einer Passung kann davon ausgegangen<br />
werden, dass, wenn weitere entscheidende Persönlichkeitsmerkmale<br />
und Kompetenzen des Probanden den Anforderungen<br />
entsprechen, die Besetzung der Position erfolgreich<br />
sein wird.<br />
Dies führt unmittelbar zu der Frage, worin sich Organisationskultur<br />
manifestiert und wie Entsprechungen oder Abweichungen<br />
bei dem Individuum erfasst werden können.<br />
Ein empirischer Ansatz geht bei der Evaluation der Organisationskultur<br />
von der Ordnung und Beschreibung der Organisationswirklichkeit<br />
aus. Nach dem Grad der Plastizität<br />
werden folgende Kategorien diagnostiziert (vgl. Neuberger<br />
2000, S. 163):<br />
• Verbalisierungen (Sprachregelungen, Tabus, Geschichten,<br />
Anekdoten etc.),<br />
• Verhaltensregulierungen (Traditionen, Sitten, Bräuche,<br />
Routinen etc.),<br />
• Artefakte (Gebäude, Logos, Statussymbole etc.).<br />
Diese gilt es in Form von Erhebungen zu analysieren, was<br />
grundsätzlich aufgrund der Tatsache, dass sie erkennbar<br />
vorhanden sind, auf keine allzu großen Schwierigkeiten<br />
stößt.<br />
Durchaus schwieriger hingegen ist es nun, bei einer Person<br />
das individuell prägende Verständnis von z.B. Verhaltensre-<br />
P-<strong>OE</strong> 1+2/2008<br />
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