P-OE - UniversitätsVerlagWebler
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P-<strong>OE</strong><br />
Personal- und Organisationsentwicklung • Gespräch mit Martin Mehrtens<br />
nen Professorinnen und Professoren mit dem Ruf an die<br />
Universität oder Hochschule häufig erstmalig verantwortlich<br />
für die Leitung von Teams und Forschungsgruppen und<br />
die aktive Koordination kompletter Forschungs- und Studienprogramme<br />
rsp. Studiengänge werden. Letztlich nehmen<br />
diese Anforderungen insbesondere zur Zeit angesichts<br />
der umfassenden Strukturreform in der Lehre mit der vollständigen<br />
Umstellung und Diversifizierung der Studienprogramme<br />
auf Bachelor- und Master-Abschlüsse einen breiten<br />
Raum ein. Ohne ein freundliches und bestimmtes Anleiten<br />
von Mitarbeiter/innen und (nicht zu vergessen) des<br />
gekonnten Moderierens von Sitzungen wie auch das Vermitteln<br />
zwischen unterschiedlichen Interessen und Wertvorstellungen<br />
können viele Professorinnen und Professoren<br />
die gestellten (Leitungs-)Aufgaben weder für die Institution<br />
„Universität/Hochschule“ angemessen noch in für sie persönlich<br />
zufrieden stellender Weise erfüllen. Die auch in der<br />
Universität Bremen zunehmend aktiv gestaltete und umgesetzte<br />
W-Besoldung für Neuberufene begründet über leistungsbezogene<br />
Berufungsvereinbarungen zusätzlich hohe<br />
Anforderungen an die persönliche Leistungsfähigkeit und<br />
an die Positionierung und Profilierung in Forschung und<br />
Lehre. Auch vor diesem Hintergrund sollten die notwendigen<br />
aber nicht immer problemlos verlaufenden Prozesse<br />
des „Einfindens“ und der Integration in die jeweilige Hochschule<br />
unterstützt und begleitet werden.<br />
P-<strong>OE</strong>: Nun gehörte die Universität Bremen zu den ersten in<br />
Deutschland, die PE in größerem Umfang einsetzt. Welche<br />
Erfahrungen mit PE haben Sie, hat die Universität Bremen<br />
gemacht?<br />
MM: Personalentwicklung ist seit Mitte der neunziger Dekade<br />
fester Bestandteil des (akademischen) Personalmanagements<br />
in der Universität Bremen. Eine systematische<br />
Führungskräfteentwicklung mit organisierter Nachwuchsförderung,<br />
die Einführung verbindlicher Mitarbeiter-Vorgesetzten-Gespräche<br />
in ausgewählten Bereichen, die Entwicklung<br />
und Umsetzung von Führungsgrundsätzen, ein auf den<br />
universitären Leitzielen fußendes Personalentwicklungskonzept,<br />
Entwicklungs- und Förderprogramme für Professorinnen<br />
und Professoren sowie für Nachwuchswissenschaftler/innen<br />
dokumentieren einen breiten Erfahrungshintergrund<br />
der Universität Bremen in der Personalentwicklung.<br />
Eine gezielte Unterstützung der Dekane auf der Grundlage<br />
der gesetzlich neu eingerichteten Dekanate in der Universität<br />
Bremen, entsprechende „Einarbeitungsprogramme“<br />
für neu gewählte Dekane inklusive Coaching und die Konstituierung<br />
eines moderierten Netzwerkes zum Austausch<br />
von Erfahrungen belegen fundierte Erfahrungen in der Unterstützung<br />
und Förderung von (wissenschaftlichen)<br />
Führungskräften. Erfahrungen im Zusammenhang mit der<br />
begleitenden Förderung der Juniorprofessorinen und -professoren<br />
in der Universität Bremen zeigen, dass im Zusammenhang<br />
mit der erstmaligen Übernahme der neuen professoralen<br />
Rolle und der damit einhergehenden Verantwortung<br />
für eine eigene Forschungsgruppe sowie für Aufgaben<br />
in der Lehre und Studienorganisation ein hoher Bedarf an<br />
Information und Unterstützung besteht, um den gestellten<br />
Aufgaben gerecht zu werden und „seinen“ Platz in der Universität<br />
zu finden. Dabei hat sich gezeigt, dass eine organisierte<br />
Begleitung zur Unterstützung der Integration in den<br />
P-<strong>OE</strong> 1+2/2008<br />
Fachbereichen und Studiengängen unabdingbar ist. Seit<br />
2002 werden die Berufungsverfahren der Universität Bremen<br />
durch Assessment-Center mit Unterstützung professioneller<br />
Personalberatungen zur Bewertung der so genannten<br />
außerfachlichen Skills und Einstellungen ergänzt.<br />
Diese Ergänzung der Berufungsverfahren in der Universität<br />
Bremen und die damit einhergehende Berücksichtigung<br />
von beruflichen Orientierungen, Arbeitsverhalten und<br />
außerfachlichen Kompetenzen, liefern wichtige Informationen<br />
über Unterstützungs- und Entwicklungsbedarfe der<br />
Neuberufenen. Erste Erfahrungen hierzu begründen u.a. die<br />
Notwendigkeit der gezielten Förderung spezifischer außerfachlicher<br />
Fähigkeiten bei Neuberufenen. Insgesamt soll<br />
mit der Begleitung und Unterstützung der Neuberufenen<br />
eine wesentliche Lücke in der gezielten Förderung akademischer<br />
Mitarbeiter/innen in der Universität Bremen geschlossen<br />
werden. Die Personalentwicklung ist nicht delegierbar<br />
in der Verantwortung der akademischen Führungskräfte<br />
der Universität. Diese Aufgabe erfordert nicht nur<br />
Gestaltungswillen und Entscheidungskompetenz sondern<br />
die Ausprägung eines klaren professoralen Rollenverständnisses<br />
als akademische Führungskraft, die Begründung<br />
einer Kultur und Kontinuität von Leitung und Führung in<br />
der Hochschule und Universität, eine klare Werteorientierung<br />
in Forschung und Lehre und letztlich auch die Identifikation<br />
mit der eigenen professoralen Rolle und der „eigenen“<br />
Hochschule. Rektoratsmitglieder und Dekane werden<br />
hierbei in der Universität durch professionelle Personalentwickler/innen<br />
unterstützt.<br />
P-<strong>OE</strong>: Wir fanden es sehr eindrucksvoll, wie strategisch die<br />
Uni Bremen mit ihren Kürzungs- und Umsetzungszwängen<br />
umgegangen ist.<br />
MM: Die Universität Bremen ist in den letzten Jahren mit<br />
dramatischen Haushaltskürzungen seitens des Landes konfrontiert<br />
worden. Der im Jahr 2002 verabschiedete Hochschulgesamtplan<br />
war bereits in 2005 nur noch zu 90 % ausfinanziert.<br />
Er bildete die planerische Grundlage für die Bewältigung<br />
des Generationenwechsels in der Universität mit<br />
dem Ausscheiden von 110 Professor/innen in nur knapp 4<br />
Jahren. Lediglich 72 Professuren von diesen 110 ausscheidenden<br />
Professor/innen sollten wiederbesetzt werden und<br />
erforderte von daher eine Neuprofilierung vieler Fächer.<br />
Diese mit größtem Aufwand und breiter Beteiligung in der<br />
Universität entwickelte und abgestimmte Planungsgrundlage<br />
mit Dekadenperspektive wurde bereits kurze Zeit später<br />
durch die sich dramatisch zuspitzende Haushaltslage Bremens<br />
in Frage gestellt und begründete für die Universität<br />
nunmehr eine vollkommen neue „Entwicklungsperspektive“<br />
mit 243 Professuren in 2010 und 230 Professuren in<br />
2015, die mit der Verabschiedung des neuen Hochschulgesamtplans<br />
Anfang 2008 Realität wurde.<br />
Das Bewältigen vollkommen neuer Rahmendaten, das Brechen<br />
und Neuaufstellen von strategischen Perspektiven<br />
und letztlich die damit einhergehende Neuprofilierung der<br />
Universität stellen eine große Herausforderung und gleichzeitig<br />
extreme Belastung für den „inneren Frieden“ der Universität<br />
dar. Die Umsteuerung unter denkbar ungünstigen<br />
Haushaltsbedingungen bei gleichzeitig aktiv angenommener<br />
Entwicklungsperspektive als forschungsstarke Universität<br />
erfordern u.a. auch neue und pro aktive Instrumente<br />
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