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P-<strong>OE</strong><br />
Boris Schmidt • Wege zwischen Tradition und Bologna: Mitarbeitergespräch, ...<br />
Boris Schmidt<br />
Wege zwischen Tradition und Bologna:<br />
Mitarbeitergespräch, kollegiales Netzwerk<br />
und persönliche Beratung als Instrumente<br />
zur Promotionsunterstützung<br />
Teil 1: Konzeptionelle Entwicklungen<br />
Boris Schmidt<br />
Das traditionelle Modell der Nachwuchsförderung an den<br />
deutschen Hochschulen steht seit einiger Zeit in der Kritik,<br />
insbesondere die Gestaltung der Promotionsphase. Moniert<br />
werden übermäßig lange Promotionszeiten (Bornmann/Enders<br />
2002), unsichere und für das Individuum<br />
hoch riskante berufliche Perspektiven (Müller-Böling 2004)<br />
sowie eine einseitige inhaltliche Ausrichtung der Kompetenzentwicklung<br />
während der Qualifikationsphase, die wesentliche<br />
Bereiche der beruflichen Anforderungen der<br />
Nachwuchswissenschaftler/innen nicht hinreichend berücksichtigt<br />
(Webler 2004; Schmidt 2007a).<br />
Die Vorgaben des Bologna-Prozesses legen einen gänzlich<br />
anderen Zugang nahe, nämlich jenen, die Promotionsphase<br />
als curricular organisierte dritte Studienphase mit vorgegebenen<br />
Zielen, Inhalten und Methoden zur Kompetenzentwicklung<br />
zu gestalten, welche nach Bachelor und Master<br />
zum nächsten Abschluss, der Promotion, führen soll<br />
(Köhler 2005). Diese Diskussion wirft erneut die Frage auf,<br />
ob das traditionelle, stark auf Eigeninitiative und Selbstorganisation<br />
setzende „Meister-Schüler-Modell“ der Promotion<br />
(Janson/Schomburg/Teichler 2006, S. 60) überhaupt<br />
noch den Anforderungen an die Ausbildung des wissenschaftlichen<br />
Nachwuchses gerecht werden kann und, falls<br />
ja, welche begleitenden und unterstützenden Angebote<br />
und Instrumente notwendig wären, um mehr Transparenz,<br />
Strukturierung und eine ausgewogenere und stärker zielorientierte<br />
Kompetenzentwicklung des wissenschaftlichen<br />
Nachwuchses zu erreichen.<br />
Im vorliegenden Beitrag werden zunächst auf einer konzeptionellen<br />
Ebene drei Instrumente skizziert, die eine solche<br />
flankierende Unterstützung im Kontext des traditionellen<br />
Promotionsmodells leisten können: Das Mitarbeitergespräch<br />
mit dem oder der Vorgesetzten (zumeist in der<br />
gleichzeitigen Rolle der Promotionsbetreuung), das kollegiale<br />
Netzwerk mit anderen jungen Nachwuchswissenschaftlern/innen<br />
sowie das persönliche Beratungsgespräch<br />
mit einem Coach, Mentor oder im Rahmen von Supervision.<br />
Bei der Entwicklung dieser Instrumente wird auf Ansätze<br />
zurückgegriffen, die sich in anderen Bereichen mit<br />
vergleichbaren Problemstellungen (z.B. Förderung des<br />
Führungsnachwuchses in der Industrie oder im öffentlichen<br />
Dienst) bereits bewährt haben und daher mit entsprechenden<br />
Modifikationen auch auf den Hochschulkontext übertragen<br />
werden könnten.<br />
In einer an diese konzeptionelle Vorarbeit anschließenden<br />
empirischen Studie (Schmidt/Vetterlein, in Vorb.) werden<br />
die drei entwickelten Instrumente anhand von qualitativen<br />
Interviews mit N=20 jungen Nachwuchswissenschaftler/innen<br />
hinsichtlich ihrer Chancen, Risiken und Zukunftsaussichten<br />
diskutiert und miteinander verglichen. Ziel dieser<br />
formativen Konzeptevaluation ist es, bereits im Vorfeld<br />
einer etwaigen systematischen Einführung Anhaltspunkte<br />
dafür zu gewinnen, welche Voraussetzungen für eine erfolgreiche<br />
Umsetzung zu beachten und welche Wirkungspotenziale<br />
zu erwarten wären.<br />
1. Promovieren in Deutschland – Eigenarten<br />
der traditionellen Nachwuchsförderung<br />
Den traditionellen Extrempol der Nachwuchsförderung im<br />
deutschen Hochschulsystem markiert die in den meisten<br />
Fächergruppen dominierende Meister-Schüler-Promotion<br />
im Rahmen einer Qualifikationsstelle am „Arbeitsplatz<br />
Hochschule“: Einzelne Promovierende werden von einzelnen<br />
Hochschullehrenden betreut, deren Zusammenspiel in<br />
zwei ungleichen und relativ starr definierten Rollen maßgeblichen<br />
Einfluss auf Inhalt, Strukturierung und Verlauf<br />
der Qualifikationsphase nimmt. Dritten Personen (z.B. andere<br />
Hochschullehrende, andere Promovierende) kommen<br />
bestenfalls unsystematische Gelegenheiten zur Unterstützung<br />
der Promovierenden zu. Diesem Modell steht als<br />
zweiter Extrempol die an einigen Universitäten und in einigen<br />
Fächergruppen bereits erfolgreich vorgenommene, in<br />
der Breite jedoch nur punktuell und modellhaft aufzufindende<br />
Curricularisierung im Sinne von Promotions-Studiengängen<br />
gegenüber: Gruppen von Promovierenden treffen<br />
hier auf mehrere Hochschullehrende, deren gemeinsame<br />
Aufgabe die inhaltliche Ausgestaltung, Strukturierung<br />
und Steuerung der Qualifikationsphase umfasst. Die Mehrzahl<br />
der hier beteiligten Personen erzwingt flexible Rollendefinitionen<br />
aller Beteiligten, bietet zusätzliche Unterstützungsmöglichkeiten<br />
und weicht die gegenseitige Abhängigkeit<br />
des traditionellen Modells auf.<br />
Verschiedene Modelle, die sich in dem breiten konzeptionellen<br />
Spielraum zwischen den beiden Extrempolen bewegen,<br />
sind in den vergangenen Jahren entwickelt und erprobt<br />
worden. Ziel dieser Ansätze ist es, offenkundige oder<br />
vermeintliche Mängel der traditionellen Promotion abzu-<br />
P-<strong>OE</strong> 1+2/2008<br />
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