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P-<strong>OE</strong><br />

O. Reis & S. Ruschin • Zur Vereinbarkeit von Prüfungssystem und Kompetenzorientierung<br />

methoden scheint gegenwärtig (noch) wenig plausibel.<br />

Dies liegt vor allem auch daran, dass bisher entsprechende<br />

Messtheorien fehlen, die auf dem oben beschriebenen<br />

Konstrukt basieren. Wie ein solches Konstrukt aussehen<br />

könnte, zeigen Schneider/Wildt (2007) für den Lernbericht<br />

in einem Theorie-Praxis-Modul aus der Lehrerbildung. Sie<br />

beschreiben einen angemessenen Kompetenzerwerb und<br />

entwerfen ein empirisch getestetes Kompetenzmodell, das<br />

sich standardisieren und dann in eine Prüfungstaxonomie<br />

(vgl. Abb. 2) übertragen ließe. Auf dieser Basis könnten die<br />

Lernberichte sowohl einen Lernprozess sinnvoll abschließen,<br />

als auch als Prüfungsleistung verobjektiviert und<br />

entsprechend linearisiert werden.<br />

Die beschriebene Komplexität der Voraussetzungen macht<br />

deutlich, warum die Hochschulen bei der Implementierung<br />

von wenigen, aber wohl gesetzten kompetenzorientierte<br />

Prüfungen behutsam vorgehen sollen, um ein Zeichen für<br />

ein verändertes Lehren und Lernen zu setzen, ohne das System<br />

zu überfordern.<br />

2.5 Synergien und Friktionen<br />

Kompetenzorientierte Prüfungen sind möglich, wenn der<br />

Abschluss des Kompetenzerwerbs und die linearisierende<br />

Prüfung punktuell zusammenfallen. Es könnte eine Prüfungskultur<br />

entstehen, die die Kontinuität des Lernens betont:<br />

Studierende könnten aus einer Prüfung systematisch<br />

das Gefühl mitnehmen, etwas Bedeutsames erworben und<br />

das auch gezeigt zu haben. Lehrende könnten die Prüfung<br />

auch als Lehrevaluation verstehen, die Rückschlüsse auf die<br />

nächste Lehre erlaubt. Die Kriterien der Bewertung wären<br />

klar und die Leistung würde prognostische Aussagen erlauben,<br />

die für die Allokation von Bedeutung sind. Die Prüfungsnoten<br />

könnten zu Recht persönlich genommen werden,<br />

da auf Ressourcenorientierung und Expertise des zu<br />

Prüfenden abgestellt wird. Dieses Prüfungsformat erzeugt<br />

Anreize für das Lernen und könnte die Nachfrage nach<br />

komplexen Lernstrategien steigern, deren Fehlen das deutsche<br />

Bildungssystem anhängt.<br />

Kompetenzorientierte Prüfungen können aber auch scheitern,<br />

nämlich dann wenn die doppelte Codierung der Prüfungssituation<br />

von einem der Akteure aufgehoben wird.<br />

Möglicherweise könnte gerade die personnahe Arbeit in<br />

der Prüfung den Abgrenzungsdruck noch erhöhen und z.B.<br />

dazu führen, die Messtheorie als nicht-objektiv abzulehnen.<br />

Es wird darauf ankommen, ob sich die Beteiligten auf<br />

neue komplexe Rollenskripte einlassen. Im zweiten Teil in<br />

diesem Heft befassen wir uns deshalb mit den Rollen der<br />

verschiedenen Akteure in einem kompetenzorientierten<br />

Prüfungsgeschehen.<br />

Der zweite Teil folgt auf Seite 45 in diesem Heft.<br />

Literaturverzeichnis<br />

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Besser Lehren. Praxisorientierte Anregungen und Hilfen für Lehrende in<br />

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Kompetenzmessung. Erkennen, verstehen und bewerten von<br />

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Schriften Band 6. St. Gallen.<br />

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Studie zur Rolle der Lern- und Prüfungskonstellation, Paderborn.<br />

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Reis, O./Ruschin, S. (2008): Kompetenzorientiert Prüfen – Baustein eines gelungenen<br />

Paradigmenwechsels. In: S. Dany/B. Szczyrba/J. Wildt (Hg.):<br />

Prüfungen auf die Agenda! Hochschuldidaktische Perspektiven auf Reformen<br />

im Prüfungswesen. Bielefeld. S. 45-57 (=Blickpunkt Hochschuldidaktik,<br />

Bd. 118).<br />

Schneider, R./Wildt, J. (2007): Forschendes Lernen in Praxisstudien – Ein<br />

hochschuldidaktisches Konzept zur Förderung professioneller Kompetenzen<br />

in der Lehrerbildung. In: Journal Hochschuldidaktik 18. Jg. Nr. 2,<br />

S. 11-18.<br />

Seipp, B. (2004): Kompetenzen und Standards in der Lehrerbildung. In:<br />

Seipp. B.; Ruschin, S.: Neuordnung der Lehrerbildung an den Hochschulen<br />

Nordrhein-Westfalens. Kompetenzen und Standards, Modularisierung,<br />

Kreditierung und Evaluation. Bochum/Freiburg. S. 39-57.<br />

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364.<br />

Tuning-Projekt (2006): Tuning Educational Structures in Europe 12/2006.<br />

http://tuning.unideusto.org/tuningeu/images/stories/template/General<br />

_brochure_German_version.pdf<br />

Weinert, F. E. (2001): Vergleichende Leistungsmessungen in Schulen – eine<br />

umstrittene Selbstverständlichkeit. In: Weinert, F. E. (Ed.): Leistungsmessungen<br />

in Schulen. Weinheim. S. 17-31.<br />

Wehr, S. (2007): Prüfen von Kompetenzen. Fördern durch beurteilen. In<br />

Dies./H. Ertel (Hg.): Aufbruch in der Hochschullehre. Kompetenzen von<br />

Lernenden im Zentrum. Beiträge aus der hochschuldidaktischen Praxis.<br />

Bern, Stuttgart, Wien. S. 185-197.<br />

Welbers, U./Gaus, O. (2005) (Hg.): The Shift from Teaching to Learning.<br />

Konstruktionsbedingungen eines Ideals. Bielefeld.<br />

Wex, P. (2002): Prüfungsrecht an Hochschulen. Ein Überblick. In: Neues<br />

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Wild, K.P. (2000): Lernstrategien im Studium. Struktur und Bedingungen.<br />

Münster.<br />

Wildt, J. (2006): Formate und Verfahren in der Hochschuldidaktik. In: Ders.,<br />

Szczyrba, B./Wildt, B. (Hg.): Consulting, Coaching, Supervision. Eine<br />

Einführung in Formate und Verfahren hochschuldidaktischer Beratung.<br />

Bielefeld. S. 12-39.<br />

• Dr. Oliver Reis, Wiss. Assistent am Institut für<br />

Katholische Theologie, Technische Universität<br />

Dortmund, E-Mail: reis@fb14.uni-dortmund.de<br />

• Dr. Sylvia Ruschin, Referentin für Studienreformen,<br />

Dezernat für Hochschulplanung und Controlling,<br />

Technische Universität Dortmund,<br />

E-Mail: sylvia.ruschin@uni-dortmund.de<br />

P-<strong>OE</strong> 1+2/2008<br />

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